Online-Nachricht - Mittwoch, 24.02.2016

UmwStG | Zur Berücksichtigung eines Übernahmeverlustes nach Formwechsel (BFH)

Die beschränkte Berücksichtigung des Übernahmeverlustes bei einem Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft (§ 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG) ist auch in den Fällen verfassungsgemäß, in denen der Übernahmeverlust vollständig außer Ansatz bleibt, weil keine Bezüge i.S. des § 7 UmwStG angefallen sind (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Für den Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft gelten die Vorschriften der §§ 3 bis 8 und 10 UmwStG entsprechend (§ 9 Satz 1 UmwStG). Infolge des fingierten Vermögensübergangs ergibt sich ein Übernahmegewinn oder Übernahmeverlust in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind, abzüglich der Kosten für den Vermögensübergang und dem Wert der Anteile an der übertragenden Körperschaft (§ 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG). Ergibt sich ein Übernahmeverlust, ist ein auf eine natürliche Person entfallender Übernahmeverlust in Höhe von 60 v.H., höchstens in Höhe in Höhe von 60 v.H. der Bezüge i.S. des § 7 UmwStG 2006 zu berücksichtigen; ein danach verbleibender Übernahmeverlust bleibt außer Ansatz (§ 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG). Ein Übernahmeverlust bleibt jedoch vollständig außer Ansatz, soweit die Anteile an der übertragenden Körperschaft innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag entgeltlich erworben wurden (§ 4 Abs. 6 Satz 5 Halbsatz 2 UmwStG).

Sachverhalt: Streitig war die Nichtberücksichtigung eines Übernahmeverlustes des Klägers aus dem Formwechsel einer GmbH in eine GmbH & Co. KG. Im Streitfall hatte sich der Kläger nach dem Anteilserwerb und der formwechselnden Umwandlung mit seinen Mitgesellschaftern überworfen und schied gegen eine Abfindung in Höhe des seit dem Erwerb gestundeten Kaufpreises seiner Anteile bereits nach 1 1/2 Jahren wieder aus der Gesellschaft aus.

Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Aus der Gegenüberstellung der Wirtschaftsgüter, welche nach der Ausübung des Wertansatzwahlrechts zu Buchwerten von der übertragenden GmbH auf die übernehmende GmbH & Co. KG übergingen, und den Anschaffungskosten der fiktiv eingelegten Beteiligung des Klägers an der GmbH ergab sich für den Kläger ein Übernahmeverlust i.H. von 170.000 €. Dieser bleibt hier vollständig außer Ansatz, weil keine Bezüge i.S. des § 7 UmwStG angefallen sind (§ 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG).

  • Eine einschränkende Auslegung des § 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG mit dem Ziel, den Übernahmeverlust des Klägers zu berücksichtigen, kommt nicht in Betracht. Die teleologische Reduktion der gesetzlichen Regelung widerspräche den Zielen, die der Gesetzgeber mit dieser beschränkten Berücksichtigung eines Übernahmeverlustes verfolgt. Sinn und Zweck der Regelung ist es, eine Einmalbesteuerung bei Umwandlungsvorgängen unter Geltung des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens auf Dauer zu gewährleisten.

  • Die Nichtberücksichtigung des Übernahmeverlustes verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

  • Die ursprünglichen Anschaffungskosten des Klägers für den Erwerb der Gesellschaftsanteile an der GmbH können auch bei der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile (Kommanditanteile) nicht abgezogen werden.

  • Über einen etwaigen Erlass aus Gründen der sachlichen Billigkeit hat der Senat nicht zu entscheiden, da ein solcher nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens ist.

Quelle: NWB Datenbank

Hinweis:

Die Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft oder auf das Einzelunternehmen einer natürlichen Person ist ein Lebensvorgang, der – so BFH in seinen Entscheidungsgründen – vielfältigen Gestaltungen zugänglich ist. Zu berücksichtigen sei auch der Umstand, dass dem Kläger hier die Möglichkeit eröffnet war, zwischen verschiedenen Belastungsalternativen zu wählen:

  • Berücksichtigung der latenten Steuerbelastung beim Erwerb: Der Kläger hätte zum einen die auf den stillen Reserven der Wirtschaftsgüter der GmbH lastende latente Einkommensteuer beim Erwerb der Anteile kaufpreismindernd berücksichtigen können. Alternativ hätte er im Kaufvertrag eine Ausgleichsklausel vereinbaren können, durch die Verkäufer den Kläger von den im Zuge der Umwandlung eintretenden steuerrechtlichen Nachteilen freistellt. Mit dem Verzicht auf eine solche Vereinbarung habe der Kläger insoweit das vorhandene Steuerrisiko übernommen.

  • Ansatz gemeiner Werte: Zum anderen sei die von dem Kläger gerügte Nichtberücksichtigung des Übernahmeverlustes letztlich auch Folge des gewählten Buchwertansatzes der übergehenden Wirtschaftsgüter. Der Verlust von Anschaffungskosten für die Beteiligung an der übertragenden GmbH hätte im Rahmen des Formwechsels durch den Ansatz der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter und der damit verbundenen Aufdeckung der stillen Reserven verhindert werden können. Dem Übertragungsgewinn bei der GmbH hätte dabei ein auf der Ebene der übernehmenden Personengesellschaft entsprechend höheres Abschreibungspotenzial gegenübergestanden.

  • Kapitalbeteiligung vor Formwechsel veräußern: Darüber hinaus hätte der Kläger den mit dem Formwechsel verbundenen steuerlichen Rechtsfolgen ausweichen können, indem er dem Umwandlungsbeschluss gemäß § 207 UmwG widersprochen und gegen eine angemessene Abfindung seine Kapitalbeteiligung vor dem erfolgten Formwechsel an den formwechselnden Rechtsträger, die GmbH, hätte veräußern können. In diesem Fall hätte er die in den Kapitalanteilen enthaltenen stillen Reserven unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens steuerpflichtig realisieren können. Auf diese Option hat der Kläger jedoch im Kaufvertrag verzichtet.

  • Veräußerung und Rückerwerb: Alternativ hätte er neben dem in § 207 UmwG eingeräumten Widerspruchsrecht die Möglichkeit gehabt, die Anteile an der GmbH vor deren Umwandlung "freihändig" zu veräußern und sodann die Mitunternehmeranteile an der formwechselnd errichteten Personengesellschaft zurück zu erwerben (vgl. ).

  • Beteiligung erst nach Formwechsel: Zudem hätte der Kläger die Option gehabt, sich erst nach dem Formwechsel an der Personengesellschaft zu beteiligen.

Zivilrechtlich war die Mitwirkung des Klägers an der durchgeführten Umwandlung daher vermeidbar; es bestand zudem die Möglichkeit verschiedener Ausweichgestaltungen.

Fundstelle(n):
NWB MAAAF-67284