Online-Nachricht - Donnerstag, 18.02.2016

Umsatzsteuer | Schlussanträge zur Rückwirkung von Rechnungsberichtigungen (EuGH)

Nach Auffassung des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof, Yves Bot, verstößt die deutsche Regelung bzw. Praxis, wonach der Berichtigung einer Rechnung keine Wirkung für die Vergangenheit zukommen soll, gegen Europarecht (Schlussanträge des Generalanwalts v. – Rs. C-518/14; Senatex GmbH).

Hintergrund: Die Frage, ob einer Rechnungsberichtigung Rückwirkung zukommen kann, wird im Umsatzsteuerrecht seit Jahren kontrovers diskutiert. Bedeutung hat die Frage vor allem für die Zinsen nach § 233a AO. Nachzahlungszinsen werden in den Fällen der Rechnungsberichtigung von der Finanzverwaltung als Ausgleich dafür erhoben, dass der Steuerpflichtige die Vorsteuer aus der nicht ordnungsgemäßen (Erst-)Rechnung zunächst erhalten hat. Der 5. Senat des FG Niedersachsen hat Zweifel, ob diese Praxis, den Vorsteuerabzug grds. erst im Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung zuzulassen, mit dem Unionsrecht und insbesondere mit der EuGH-Entscheidung „Pannon Gèp“ vereinbar ist (; s. hierzu ausführlich Leonard in ).

Hierzu führt der Generalanwalt u.a. aus:

  • Das Recht auf Vorsteuerabzug ist ein Grundprinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, das grds. nicht eingeschränkt werden kann und das für die gesamte Steuerbelastung der vorausgehenden Umsatzstufen sofort ausgeübt werden kann. Das Recht auf Vorsteuerabzug hat daher sofortigen und globalen Charakter.

  • Mit dem sofortigen Abzug wird u.a. bezweckt, die Neutralität des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems zu wahren und zu verhindern, dass dem Steuerpflichtigen dadurch, dass er ganz oder teilweise mit dieser Steuer belastet wird, ein finanzielles Risiko entsteht.

  • In der mündlichen Verhandlung hat die deutsche Regierung angegeben, der Umstand, dass das Recht auf Vorsteuerabzug aufgeschoben und dem säumigen Steuerpflichtigen Nachzahlungszinsen auferlegt würden, habe Sanktionscharakter. Ich bin jedoch der Ansicht, dass bei dieser Sanktion der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt wird.

Quelle: EuGH online

Hinweis: Den Text der o.g. Schlussanträge finden Sie auf den Internetseiten des EuGH.

Fundstelle(n):
IAAAF-66915