Online-Nachricht - Dienstag, 02.02.2016

Vertragsrecht | Kündigungsrecht der Bausparkasse (OLG)

Eine Bausparkasse kann einen Bausparvertrag mit einem festen Zinssatz, der seit 10 Jahren zuteilungsreif ist, vom Bausparer aber weiter bespart wird, gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kündigen und so der Verpflichtung zur Zahlung der im Bausparvertrag vereinbarten Zinsen entgehen ()

Hintergrund: Nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann ein Darlehnsnehmer einen Darlehnsvertrag mit einem festen Sollzinssatz in jedem Fall nach Ablauf von 10 Jahren seit dem vollständigen Empfang des Darlehns mit sechsmonatiger Frist kündigen.

Sacherhalt: Der Kläger hatte bei der beklagten Bausparkasse aus Münster im Jahre 1991 einen Bausparvertrag mit einer Bausparsumme von 44.000 DM (22.496,42 Euro) abgeschlossen. Nach den Vertragsbedingungen der Bausparkasse war das vom Kläger angesparte Bausparguthaben jährlich mit 3% zu verzinsen. Die Bedingungen sahen weiter vor, dass die Bausparkasse den Vertrag nicht kündigen durfte, solange der Bausparer seine vertraglichen Pflichten erfüllt. Ende des Jahre 1997 lagen die im Vertrag vereinbarten Zuteilungsvoraussetzungen vor. In der Folgezeit nahm der Kläger kein Bauspardarlehn in Anspruch. Ende des Jahres 2014 kündigte die Beklagte den Vertrag zum unter Hinweis auf § 489 BGB. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Im Ergebnis ohne Erfolg.

Hierzu führten die Richter des OLG Hamm weiter aus:

  • Die Beklagte hat den Bausparvertrag der Parteien zum wirksam gekündigt.

  • Das in § 489 BGB geregelte Kündigungsrecht des Darlehnsnehmers hat der Beklagten zugestanden.

  • Der Bausparvertrag ist ein Darlehnsvertrag mit der Besonderheit, dass die Bausparkasse und der Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehns ihre jeweiligen Rollen als Darlehnsgeber und Darlehnsnehmer tauschen. In der Ansparphase ist daher die Bausparkasse Darlehnsnehmerin.

  • Die Voraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sind gegeben: Der Bausparvertrag der Parteien hat einen gebundenen Sollzins vorgesehen und ist unter Einhaltung der gesetzlichen Frist gekündigt worden.

  • Der von der Vorschrift vorausgesetzte vollständige Empfang der Darlehnsvaluta steht in einem Bausparfall der eingetretenen Zuteilungsreife gleich.

  • Mit der Norm soll ein Interessenausgleich geschaffen und der Darlehnsnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze geschützt werden.

  • Sie gilt auch für Bausparkassen in der Ansparphase, was interessengerecht ist: Bei Bausparverträgen ist auf den Zeitpunkt der Zuteilungsreife abzustellen, weil - mangels Verpflichtung des Bausparers zum Abruf des Bauspardarlehns - die Höhe des von der Bausparkasse in der Ansparphase entgegenzunehmenden Darlehnsbetrages nicht festgelegt ist.

  • Mit dem Eintritt der Zuteilungsreife liegt es allein beim Bausparer, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, indem er das der Bausparkasse gewährte Darlehn kündigt und die Voraussetzungen für die Valutierung seines Bauspardarlehns schafft.

  • Die Bausparbedingungen der Beklagten können das gesetzliche Kündigungsrecht nicht ausschließen, weil die gesetzliche Bestimmung zwingendes Recht ist.

Quelle: OLG Hamm, Pressemitteilung v. 1.2.2016

Fundstelle(n):
NWB YAAAF-48997