Online-Nachricht - Donnerstag, 28.01.2016

Grunderwerbsteuer | Mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes (BFH)

Der Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft ändert sich i.S. von § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG mittelbar, wenn ein an der Personengesellschaft unmittelbar beteiligter Gesellschafter mit einem oder mehreren Treugebern vereinbart, den Gesellschaftsanteil treuhänderisch für diese zu halten, und die Treuhandvereinbarungen im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum dazu führen, dass den Treugebern mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft als neuen Gesellschaftern zuzurechnen sind (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als ein auf die Übereignung dieses Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft.

Sachverhalt: Streitig ist, ob der Abschluss eines Treuhandvertrages mit dem Gesellschafter einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft zur mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes dieser Personengesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG führt: Die Klägerin ist ein Publikumsfonds (GmbH & Co. KG). Gründungsgesellschafter sind eine am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligte Komplementärin, zwei Kommanditisten mit einer Einlage von jeweils 100 € (= je 2%) sowie die T GmbH mit einer Einlage von 4.800 € (= 96%) als Treuhandkommanditistin. Die T GmbH war berechtigt, ihre Kommanditeinlage gemäß dem Umfang der mit dritten Personen als Treugebern geschlossenen Treuhandverträge um insgesamt 72.500.000 € zu erhöhen. Die Höchstsumme des Kommanditkapitals konnte bis zum Ende der Platzierungsphase am gezeichnet werden. Im Innenverhältnis sollten die Treugeber wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten behandelt werden. Auch Widerspruchs- und Kontrollrechte sollten den Treugebern zustehen und von ihnen ausgeübt werden. Im Juli 2003 erwarb die Klägerin ein Grundstück, das sie nach der Bebauung vermietete. Ende März 2005 zeigte die Klägerin beim FA an, dass sich ihr Gesellschafterbestand zum durch den Beitritt von Treugebern um mehr als 95 % geändert haben könnte und in Kürze ein Gesellschaftskapital von 72.505.000 € erreicht sein werde. Das FA stellte fest, dass sich der Gesellschafterbestand der Klägerin zum i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG um mehr als 95 % geändert hat. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg, der BFH dagegen wies die Klage ab.

Hierzu führten die Richter weiter aus:

  • Die in Bezug auf den Kommanditanteil der T GmbH getroffene Vereinbarung von Treuhandverhältnissen zwischen der T GmbH als Treuhänderin und dritten Personen als Treugeber hat zu einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes der Klägerin i.S. von § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG geführt.

  • Die "mittelbare" Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundbesitzenden Personengesellschaft i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG ist - im Gegensatz zur unmittelbaren Änderung - nur nach wirtschaftlichen Maßstäben zu beurteilen ( sowie ).

  • So kann eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes dadurch eintreten, dass sich die Beteiligungsverhältnisse bei einer an der grundbesitzenden Personengesellschaft unmittelbar beteiligten Gesellschaft ändern. Geänderte Beteiligungsverhältnisse an der T GmbH sind im Streitfall nicht gegeben; denn die von der T GmbH mit den Treugebern abgeschlossenen Treuhandverträge führten nicht zu einer Änderung der Gesellschaftsbeteiligung an der T GmbH.

  • Allerdings kann sich die mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes i.S. von § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG auch aus schuldrechtlichen Bindungen der an der Personengesellschaft unmittelbar beteiligten Gesellschaft ergeben (vgl. ).

  • Verpflichtet sich ein Gesellschafter einer grundbesitzenden Personengesellschaft nach deren Gründung gegenüber einem Dritten, den Gesellschaftsanteil als Treuhänder für den Dritten als Treugeber zu halten (Vereinbarungstreuhand), kann auch dadurch eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG eintreten.

  • Steuerrechtlich wird ein Treuhandverhältnis berücksichtigt, wenn der Treugeber sowohl rechtlich als auch tatsächlich das Treuhandverhältnis beherrscht. Dies setzt voraus, dass ein Gesellschafter als Treuhänder Inhaber eines Gesellschaftsanteils mit der Maßgabe ist, die Rechte aus der Beteiligung nur unter Beachtung eines mit dem Treugeber geschlossenen Treuhandvertrages auszuüben.

  • Nach diesen Grundsätzen ändert sich der Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft i.S. von § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG mittelbar, wenn ein an der Personengesellschaft unmittelbar beteiligter Gesellschafter mit einem oder mehreren Treugebern vereinbart, den Gesellschaftsanteil treuhänderisch für die Treugeber zu halten und die Treuhandvereinbarungen im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum dazu führen, dass den Treugebern mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft als neuen Gesellschaftern zuzurechnen sind.

  • Zwar bleibt der Treuhänder zivilrechtlich Gesellschafter der Personengesellschaft. Mittelbar sind aber aufgrund der Treuhandvereinbarungen nunmehr die Treugeber als neue Gesellschafter an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt.

Quelle: NWB Datenbank

Fundstelle(n):
NWB YAAAF-48796