Online-Nachricht - Donnerstag, 21.01.2016

Umsatzsteuer | Kein Vertrauensschutz bei unzutreffender Beurteilung einer Organschaft (FG)

Es besteht kein Vertrauensschutz hinsichtlich der Geltendmachung von Umsatzsteuerforderungen gegenüber einer als Unternehmer i.S. von § 2 Abs. 1 UStG tätigen GmbH, die zuvor unzutreffend als nicht selbständiges Organ angesehen worden war (NWB TAAAF-45675Revision anhängig).

Hintergrund: Die umsatzsteuerrechtliche Organschaft setzt voraus, dass eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG). Die finanzielle Eingliederung verlangt, dass der Organträger seinen Willen durch (einfache oder falls erforderlich qualifizierte) Mehrheitsbeschlüsse allgemein und nicht nur im Einzelfall in der Organgesellschaft durchsetzen kann. Der BFH ist im Jahre 2010 von seiner bisherigen Rechtsprechung abgerückt, nach der die hierzu notwendige Stimmrechtsmehrheit an der Organ(kapital-)gesellschaft auch von den Gesellschaftern der Organträger(personen-)gesellschaft gehalten werden konnte (s. NWB AAAAD-45067.

Sachverhalt: Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit eines Änderungsbescheides aus 2013, die Umsatzsteuer für 2009 betreffend. Der Kläger wendet ein, er habe auf den Bestand der im maßgeblichen Zeitraum geltenden ständigen Rechtsprechungen des BFH vertrauen dürfen. Bis zum Ergehen des o.g. sei allgemein davon ausgegangen worden, dass auch eine mittelbare finanzielle Eingliederung einer Gesellschaft in eine Personengesellschaft ausreiche, um eine Organschaft anzunehmen. Dieses Vertrauen sei schutzwürdig. Auch nach den damaligen Verwaltungsanweisungen hätte für die finanziellen Eingliederung eine mittelbare Eingliederung genügt. Im Streitfall ergebe sich Vertrauensschutz zudem daraus, dass das Finanzamt gegen die  (NWB DokID: NWB LAAAD-82167) verstoße. Die OFD habe hier zur Verwirklichung des Vertrauensschutzes eine Übergangsregelung erlassen, die das Finanzamt nicht berücksichtigt habe.

Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Eine Organschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bestand im Streitfall mangels finanzieller Eingliederung für die Gemeinschuldnerin nicht.

  • Das Finanzamt ist nicht durch Treu und Glauben an der Feststellung seiner berechtigten Steueransprüche gehindert. Eine Selbstbindung der Verwaltung ist weder durch tatsächliches Verhalten in der Vergangenheit gegenüber der Gemeinschuldnerin erkennbar noch aufgrund einer Selbstbindung der Verwaltung durch Verwaltungsvorschriften.

  • Der Kläger verkennt, dass insoweit schutzwürdiges Vertrauen nur insoweit entstehen kann, als die Verwaltung selbst im Rahmen des Gesetzes eine diesem nicht widersprechende Regelung trifft. Deshalb kann der Kläger aus der genannten keinen beachtlichen Vertrauenstatbestand selbst dann herleiten, wenn diese Verfügung einen inhaltlichen Regelungsgehalt enthielte, wie ihn der Kläger versteht.

 

Quelle: NWB Datenbank

Hinweis: Das Finanzgericht hatte im Streitfall zunächst keine Revision zugelassen. Eine hiergegen gerichtete  Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers war jedoch erfolgreich. Das entsprechende Revisionsverfahren wird beim BFH nun unter dem Aktenzeichen NWB WAAAF-18555geführt. 

Fundstelle(n):
NWB TAAAF-47859