Online-Nachricht - Montag, 27.07.2015

Arbeitsrecht | Altersdiskriminierende Kündigung im Kleinbetrieb (BAG)

Ist bei einer Kündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin aufgrund von ihr vorgetragener Indizien eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters nach § 22 AGG zu vermuten und gelingt es dem Arbeitgeber nicht, diese Vermutung zu widerlegen, ist die Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam ().

Hintergrund: Durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll ein umfassender Schutz vor Diskriminierungen gewährleistet werden (§ 1 AGG). Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts oder des Alters benachteiligt werden. Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber nach § 15 AGG verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (§ 22 AGG).
Sachverhalt: Die am geborene Klägerin war bei der beklagten Gemeinschaftspraxis als Arzthelferin beschäftigt. In der Praxis waren im Jahr 2013 noch vier jüngere Arbeitnehmerinnen tätig. Die Klägerin war zuletzt überwiegend im Labor eingesetzt. Die Gesellschafter der Beklagten kündigten ihr Arbeitsverhältnis wegen Veränderungen im Laborbereich, welche eine Umstrukturierung der Praxis erforderten. Dabei führten sie an, die Klägerin sei „inzwischen pensionsberechtigt“. Den anderen Beschäftigten wurde nicht gekündigt. Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Kündigung und verlangt eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Das Kündigungsschreiben lasse eine Benachteiligung wegen ihres Alters vermuten. Nach Darstellung der Beklagten sollte die Kündigung lediglich freundlich und verbindlich formuliert werden. Die Kündigung sei wegen eines zu erwartenden Entfalls von 70 bis 80% der abrechenbaren Laborleistungen erfolgt. Die Klägerin sei mit den übrigen Arzthelferinnen nicht vergleichbar, weil sie schlechter qualifiziert sei. Deshalb sei ihr gekündigt worden.
Hierzu führte das BAG weiter aus:

  • Die Kündigung verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG und ist deshalb unwirksam.

  • Die Beklagte hat keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass die wegen der Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliegt.

Hinweis: Ob und ggf. in welcher Höhe der Klägerin der geltend gemachte Entschädigungsanspruch zusteht, kann noch nicht festgestellt werden. Die Sache wurde insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Quelle: BAG, Pressemitteilung v.
 

Fundstelle(n):
NWB OAAAF-47382