Online-Nachricht - Montag, 23.03.2015

Berufsrecht | Schockwerbung durch Rechtsanwälte (BVerfG)

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde eines Rechtsanwalts gegen anwaltsgerichtliche Entscheidungen und Bescheide der Rechtsanwaltskammer über die berufsrechtliche Beurteilung einer geplanten Werbemaßnahme nicht zur Entscheidung angenommen ().

Sachverhalt: Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt. Er bat die zuständige Rechtsanwaltskammer um Prüfung, ob verschiedene beabsichtigte Werbemaßnahmen berufsrechtlich zulässig seien. U.a. handelte es sich dabei um Tassen mit der durchgestrichenen Abbildung einer Frau, die mit einem Knüppel auf das entblößte Gesäß eines Kindes schlägt. Neben der Abbildung sollten der Text „Körperliche Züchtigung ist verboten § 1631 Abs. 2 BGB“ sowie der Name, die Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ und die Kontaktdaten des Beschwerdeführers abgedruckt werden. Die Rechtsanwaltskammer teilte dem Beschwerdeführer mit, dass sie die Werbemaßnahme wegen eines Verstoßes gegen das Sachlichkeitsgebot gemäß § 43b der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) für unzulässig halte. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.
Hierzu führten die Richter des BVerfG u.a. weiter aus:

  • Weder die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG), die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) noch die Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) sind vorliegend verletzt.

  • Vorliegend wird die Meinungsfreiheit durch § 43b BRAO eingeschränkt. Schutzzweck dieser Norm ist die Sicherung der Unabhängigkeit des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege.

  • Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die Ausgangsgerichte die Rechtmäßigkeit der „Werbetassen“ am Maßstab des § 43b BRAO geprüft haben.

  • Bei den beabsichtigten Maßnahmen des Beschwerdeführers handelt es sich - jedenfalls auch - um Werbung.

  • Der Vortrag des Beschwerdeführers, er beabsichtige mit dem Druck und der Verteilung der Tassen keine Werbemaßnahme, sondern wolle lediglich einen gesellschafts- und rechtspolitischen Diskurs anstoßen, geht an den Tatsachen vorbei.

  • Dass der Beschwerdeführer neben der Werbung unter Umständen noch weitere Anliegen, etwa das Anstoßen eines gesellschaftspolitischen Diskurses, verfolgen könnte, hindert die Anwendbarkeit des § 43b BRAO nicht.

  • Auch die behauptete Verletzung seiner Kunstfreiheit macht der Beschwerdeführer nicht hinreichend deutlich: Er bezieht sich auf Ausführungen des BVerfG zur Benetton-Werbung, ohne den Unterschied zur Zulässigkeit der Werbung eines Rechtsanwalts herauszuarbeiten und sich mit den unterschiedlichen Voraussetzungen auseinanderzusetzen.

  • Gleiches gilt für die behauptete Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG. Auch hier beachtet der Beschwerdeführer nicht, dass ihm als Rechtsanwalt durch § 43b BRAO besondere Grenzen für die Werbung gezogen sind, seine freie Berufsausübung insoweit also durch Gesetz beschränkt ist.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung v.
 

Fundstelle(n):
NWB OAAAF-46893