Online-Nachricht - Donnerstag, 08.01.2015

Wettbewerbsrecht | Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel ohne Rezept (BGH)

Die Abgabe eines verschreibungspflichtigen Medikaments durch einen Apotheker ohne Vorlage eines Rezepts ist wettbewerbsrechtlich unzulässig ().

Sachverhalt: Die Parteien betreiben Apotheken. Der Kläger beanstandet, dass die Beklagte einer Patientin ein verschreibungspflichtiges Medikament ohne ärztliches Rezept ausgehändigt hat. Er sieht hierin einen Verstoß gegen § 48 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), wonach verschreibungspflichtige Medikamente nicht ohne ärztliche Verordnung abgegeben werden dürfen. Der Kläger hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Zu Recht, wie der BGH in letzter Instanz entschied.
Hierzu führten die Richter des BGH weiter aus:

  • Die Verschreibungspflicht nach § 48 AMG dient dem Schutz der Patienten vor gefährlichen Fehlmedikationen und damit gesundheitlichen Zwecken.

  • Durch Verstöße gegen das Marktverhalten regelnde Vorschriften werden die Verbraucherinteressen nach ständiger Rechtsprechung des BGH stets spürbar beeinträchtigt.

  • Die Beklagte war nicht aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls gemäß § 4 AMVV ausnahmsweise zur Abgabe des Arzneimittels ohne Rezept berechtigt.

  • Zwar kann der Apotheker sich grundsätzlich auf eine Entscheidung des Arztes über die Verordnung des verschreibungspflichtigen Medikaments verlassen.

  • Die Ausnahmevorschrift des § 4 AMVV setzt aber eine Therapieentscheidung des behandelnden Arztes aufgrund eigener vorheriger Diagnose voraus.

  • In dringenden Fällen reicht es allerdings aus, wenn der Apotheker über die Verschreibung telefonisch unterrichtet wird.

  • An der erforderlichen Therapieentscheidung fehlt es, wenn ein Apotheker einen Arzt zu einer Verschreibung für einen dem Arzt unbekannten Patienten bewegt.

  • Da zum Zeitpunkt des Besuchs der Apotheke der Beklagten keine akute Gesundheitsgefährdung bestand, war der Patientin auch zuzumuten, den ärztlichen Notdienst im Nachbarort aufzusuchen.

Quelle: BGH, Pressemitteilung v.
 

Fundstelle(n):
NWB FAAAF-46604