Online-Nachricht - Dienstag, 15.09.2015

Sozialrecht | Kein Anspruch auf Grundsicherung für Unionsbürger (EuGH)

Ein Mitgliedstaat kann Unionsbürger, die in diesen Staat zur Arbeitsuche einreisen, von bestimmten beitragsunabhängigen Sozialleistungen ausschließen ().

Hintergrund: Ausländer, die nach Deutschland kommen, um Sozialhilfe zu erhalten, oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, erhalten keine Leistungen der deutschen Grundsicherung. Im Urteil Dano, hat der Gerichtshof unlängst festgestellt, dass ein solcher Ausschluss bei Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, die in einen anderen Mitgliedstaat einreisen, ohne dort Arbeit suchen zu wollen, zulässig ist ( - C-333/13). In der vorliegenden Rechtssache möchte das Bundessozialgericht (BSG) wissen, ob ein derartiger Ausschluss auch bei Unionsbürgern zulässig ist, die sich zur Arbeitsuche in einen Aufnahmemitgliedstaat begeben haben und dort schon eine gewisse Zeit gearbeitet haben, wenn Staatsangehörige des Aufnahmemitgliedstaats, die sich in der gleichen Situation befinden, diese Leistungen erhalten.
Sachverhalt: Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen einem Jobcenter und vier schwedischen Staatsangehörigen: Frau A., die in Bosnien geboren wurde, und ihren drei Kindern, die in Deutschland zur Welt gekommen sind. Die Familie A. war 1999 von Deutschland nach Schweden gezogen und ist im Juni 2010 nach Deutschland zurückgekehrt. Nach ihrer Rückkehr waren Frau A. und ihre älteste Tochter S. weniger als ein Jahr in kürzeren Beschäftigungen bzw. Arbeitsgelegenheiten tätig. Seither waren sie nicht mehr erwerbstätig. Der Familie A. wurden daraufhin Leistungen der Grundsicherung bewilligt. 2012 stellte die zuständige Behörde jedoch die Zahlung mit der Begründung ein, dass Frau A. und ihre älteste Tochter als ausländische Arbeitsuchende, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe, keinen Anspruch auf diese Leistungen hätten.
Hierzu führte der EuGH weiter aus:

  • Die Weigerung, Unionsbürgern, deren Aufenthaltsrecht in einem Aufnahmemitgliedstaat sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, bestimmte „besondere beitragsunabhängige Geldleistungen“ zu gewähren, die auch eine Leistung der „Sozialhilfe“ darstellen, verstößt nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.

  • Ein Unionsbürger kann hinsichtlich des Zugangs zu Sozialleistungen eine Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaats nur verlangen, wenn sein Aufenthalt im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats die Voraussetzungen der „Unionsbürgerrichtlinie“ erfüllt.

Hinweis: Für Arbeitsuchende gibt es – nach den Feststellungen des EuGH – zwei Möglichkeiten, um ein Aufenthaltsrecht zu erlangen:

  1. Ist ein Unionsbürger, dem ein Aufenthaltsrecht als Erwerbstätiger zustand, unfreiwillig arbeitslos geworden, nachdem er weniger als ein Jahr gearbeitet hatte, und stellt er sich dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung, behält er seine Erwerbstätigeneigenschaft und sein Aufenthaltsrecht für mindestens sechs Monate. Während dieses gesamten Zeitraums kann er sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen und hat Anspruch auf Sozialhilfeleistungen.

  2. Wenn ein Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat noch nicht gearbeitet hat oder wenn der Zeitraum von sechs Monaten abgelaufen ist, darf ein Arbeitsuchender nicht aus dem Aufnahmemitgliedstaat ausgewiesen werden, solange er nachweisen kann, dass er weiterhin Arbeit sucht und eine begründete Aussicht hat, eingestellt zu werden. In diesem Fall darf der Aufnahmemitgliedstaat jedoch jegliche Sozialhilfeleistung verweigern.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung v.
 

Fundstelle(n):
NWB UAAAF-45828