Online-Nachricht - Montag, 08.06.2009

Abschleppkosten | Auf Privatgrundstücken abgestellte Kraftfahrzeuge (BGH)

Der BGH hat entschieden, dass unbefugt auf fremden Grundstücken abgestellte Kraftfahrzeuge abgeschleppt werden dürfen und nur gegen Bezahlung der Abschleppkosten herausgegeben werden müssen ().


Sachverhalt: Dem Beklagten gehört ein Grundstück, das als Parkplatz für mehrere Einkaufsmärkte genutzt wird. Auf diese Zweckbestimmung wird auf Schildern hingewiesen, ebenso darauf, dass widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge kostenpflichtig abgeschleppt werden. Der Kläger stellte seinen PKW unbefugt auf dem Parkplatz ab. Zwischen 19.00 Uhr und 19.15 Uhr wurde sein Fahrzeug von einem Unternehmer abgeschleppt, der aufgrund Vertrags mit dem Beklagten beauftragt ist, die Nutzung des Parkplatzes zu kontrollieren und – unter bestimmten Voraussetzungen – widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge zu entfernen. Der Vertrag regelt auch die Höhe der Abschleppkosten. Der Kläger löste das Fahrzeug gegen Bezahlung der Abschleppkosten (150 €) sowie sog. Inkassokosten (15 €) aus und nimmt mit der vorliegenden Klage den Beklagten auf Erstattung der Kosten in Anspruch. Amts- und Landgericht haben die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, unter welchen Voraussetzung dem Besitzer bei unbefugt abgestellten Fahrzeugen ein Selbsthilferecht zusteht und ob er die Wahrnehmung der damit verbundenen Maßnahmen einem Abschleppunternehmen übertragen darf.
Hierzu führte der BGH aus: Ein Rückzahlungsanspruch kann nur unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) begründet sein. Das setzt voraus, dass der Beklagte kein Recht zum Abschleppen des Fahrzeugs gehabt hat und der Kläger deshalb nicht zur Zahlung der Abschleppkosten verpflichtet ist. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Das unbefugte Abstellen des Fahrzeugs ist als Beeinträchtigung des unmittelbaren Besitzes des Beklagten an der Parkplatzfläche und damit als verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) zu qualifiziert. Zur Beseitigung der Beeinträchtigung kann der Beklagte sofort sein Selbsthilferecht (§ 859 BGB) ausüben. Dieses gilt zwar nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht schrankenlos, unterliegt aber hier – auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit – keiner Einschränkung. Selbst wenn auf dem Gelände andere Parkplätze frei gewesen sind, steht das der Befugnis des Beklagten zum Abschleppen nicht entgegen. Denn der unmittelbare Grundstücksbesitzer kann sich der verbotenen Eigenmacht unabhängig davon erwehren, welches räumliche Ausmaß sie hat und ob sie die Nutzungsmöglichkeit von ihr nicht betroffener Grundstücksteile unberührt lässt. Dieses Recht hat der Beklagte nicht anders als durch Abschleppen durchsetzen können. Dass er sich dafür des Abschleppunternehmens bedient hat, ist grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt hier umso mehr, als die zwischen dem Beklagten und dem Abschleppunternehmen getroffene Vereinbarung von dem Bestreben gekennzeichnet ist, rechtsmissbräuchliche Abschleppvorgänge, die z.B. auf bloßer Gewinnsucht des Abschleppunternehmens beruhten, zu verhindern. Deshalb ist der Kläger zur Bezahlung der Abschleppkosten an den Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes verpflichtet.
Anmerkung: Den Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Inkassokosten hat der BGH im Gegensatz zu den Vorinstanzen für begründet gehalten, weil der Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt diese Kosten habe zahlen müssen.
Quelle: BGH, Pressemitteilung Nr. 121/2009
 

 

Fundstelle(n):
NWB TAAAF-45636