Online-Nachricht - Freitag, 09.11.2012

Gewerbesteuer | Hinzurechnung von Dividenden (BVerfG)

Das rückwirkende Inkraftsetzen des § 8 Nr. 5 GewStG für den Erhebungszeitraum 2001 durch § 36 Abs. 4 GewStG a.F. ist verfassungsgemäß, soweit es den Zeitraum nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom betrifft. Soweit hingegen bis einschließlich beschlossene und zugeflossene Vorabausschüttungen erfasst werden, ist dies unvereinbar mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und deshalb verfassungswidrig ().


Hintergrund: Das Vorlageverfahren des FG Münster betrifft die Frage, ob der frühere § 36 Abs. 4 des GewStG i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom (GewStG a.F.) die Anwendung des § 8 Nr. 5 GewStG mit verfassungsrechtlich unzulässiger Rückwirkung bereits für den Erhebungszeitraum 2001 anordnet. Die rückwirkend in Kraft gesetzte Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG steht im Zusammenhang mit dem Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht vom früheren Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren. Die nach Einkommen- oder Körperschaftsteuerrecht außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) aus Streubesitzbeteiligungen von weniger als 10% (seit 2008: weniger als 15%) werden im Gewerbesteuerrecht dem Gewinn wieder hinzugerechnet.

Der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregierung hatte zu dieser Frage zunächst keine Regelung vorgesehen. Erst die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom enthielt die später Gesetz gewordene Vorschrift, die am vom Bundestag und schließlich am vom Bundesrat beschlossen wurde.

Hierzu führten die Richter des BVerfG weiter aus: Die Regelung des § 36 Abs. 4 GewStG a.F., nach der § 8 Nr. 5 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2001 anzuwenden ist, führt zu einer unechten Rückwirkung. Zwar können Steuerpflichtige ab der Einbringung eines Gesetzentwurfs im Bundestag durch ein initiativberechtigtes Organ nicht mehr uneingeschränkt darauf vertrauen, das das gegenwärtige Recht auch in Zukunft unverändert fortbesteht. Jedenfalls ab dem endgültigen Bundestagsbeschluss müssen die Betroffenen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit der Verkündung und dem Inkrafttreten der Neuregelung rechnen.

Allerdings lag hier die Besonderheit darin, dass die rückwirkend in Kraft gesetzte Hinzurechnungsvorschrift erstmals in der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom enthalten war. Insofern wurde erst durch den Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage beseitigt.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung v.

Hinweis: Die vollständige Pressemitteilung sowie der Beschluss sind auf der Homepage des BVerfG veröffentlicht.

 

Fundstelle(n):
NWB JAAAF-44945