Online-Nachricht - Freitag, 20.07.2012

Einkommensteuer | Unbeachtlichkeit einer NV-Bescheinigung (FG)

Die Erteilung einer Nichtveranlagungs-Bescheinigung zum Zweck der Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug durch den Schuldner der Kapitalerträge lässt die gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht entfallen und hat daher keine Auswirkung auf die Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist wegen Nichtabgabe der Steuererklärung (; Revision zugelassen).

Die Erteilung einer Nichtveranlagungs-Bescheinigung zum Zweck der Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug durch den Schuldner der Kapitalerträge lässt die gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht entfallen und hat keine Auswirkung auf die Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist wegen Nichtabgabe der Steuererklärung (NWB GAAAE-13086; Revision zugelassen).

Hintergrund: § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO regelt den Beginn der Festsetzungsfrist für den Fall, dass eine Steuererklärung einzureichen ist. Nach § 149 Abs. 1 Satz 1 AO bestimmen die Steuergesetze, wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist. Die Finanzbehörde kann daneben eine Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung begründen, wenn sie dazu auffordert (§ 149 Abs. 1 Satz 2 AO).

Sachverhalt: Der Beklagte erteilte den Klägern in 2002 eine Nichtveranlagungs-Bescheinigung gem. § 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG für die Jahre 2001 bis 2003. Nach einer Anfang 2009 beim Beklagten eingegangenen Kontrollmitteilung des Finanzamts wurden dem Kläger im Streitjahr von der R-GmbH mehr als 200.000 € aus einer aufgrund einer Pensionszusage abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung ausgezahlt. Da die Kläger zwei Aufforderungen zur Abgabe der Steuererklärung nicht nachkamen, setzte die Beklagte die Einkommensteuer für 2002 schließlich durch Bescheid vom unter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen fest und korrigierte diese Festsetzung mit Änderungsbescheid vom . Die Klage, mit der die Kläger geltend machten, dass die Festsetzung der Einkommensteuer erst erfolgt sei, nachdem bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei, blieb erfolglos.

Hierzu führte das Finanzgericht aus: Die Kläger seien nach § 56 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStDV zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr verpflichtet gewesen. Die Festsetzungsfrist habe gem. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO am begonnen und habe gem. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO mit Ablauf des Kalenderjahres 2009 geendet. Die erstmalige Steuerfestsetzung für das Streitjahr sei noch vor Ablauf des Kalenderjahres 2009 durch den Bescheid vom erfolgt. Da dieser Bescheid mit dem Einspruch und sodann mit der Klage angefochten worden sei, sei die Festsetzungsfrist auch danach gem. § 171 Abs. 3a AO nicht abgelaufen. Die Finanzbehörde könne eine gesetzliche Erklärungspflicht auch nicht umgekehrt durch eine (bloße) NV-Bescheinigung aufheben. Die im Streitfall für drei Jahre erteilte NV-Bescheinigung diene alleine dazu, dem Schuldner der Kapitalerträge eine Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug zu ermöglichen, weil zum Zeitpunkt der Erteilung der Bescheinigung keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass es bei den Klägern zur Festsetzung einer Einkommensteuer von mehr als 0 € kommen würde. Damit sei aber keine abschließende Prüfung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen verbunden. Diese erfolge erst nach Abgabe der Steuererklärung. Bei der Erteilung einer NV-Bescheinigung handele es sich demgemäß um eine Prognose, der keine Regelungswirkung i. S. von § 118 Satz 1 AO zukomme.

Anmerkung: Das Gericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Der BFH habe bislang nicht entschieden, welche Bedeutung einer NV-Bescheinigung i.S. von § 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG für die Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO zukommt. Das Gericht hält diese Rechtsfrage über den Streitfall hinaus im Hinblick auf vergleichbare Fälle bei Rentenbeziehern für klärungsbedürftig. Ein Aktenzeichen des BFH ist noch nicht veröffentlicht worden.

Quelle: NWB Datenbank

 

Fundstelle(n):
NWB LAAAF-44363