Online-Nachricht - Donnerstag, 19.04.2012

Arbeitsrecht | Kein Auskunftsanspruch eines abgelehnten Stellenbewerbers (EuGH)

Die Rechtsvorschriften der Union sehen für einen Arbeitnehmer, der schlüssig darlegt, dass er die in einer Stellenausschreibung genannten Voraussetzungen erfüllt, und dessen Bewerbung nicht berücksichtigt wurde, keinen Anspruch auf Auskunft darüber vor, ob der Arbeitgeber am Ende des Einstellungsverfahrens einen anderen Bewerber eingestellt hat. Die Verweigerung jedes Zugangs zu Informationen kann jedoch ein Gesichtspunkt sein, der im Rahmen des Nachweises von Tatsachen, die das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen, heranzuziehen ist ().


Hintergrund: Das Unionsrecht verbietet jede Diskriminierung wegen des Geschlechts, des Alters und der ethnischen Herkunft, u.a. im Rahmen eines Einstellungsverfahrens. Wenn Personen sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für verletzt halten, müssen sie bei einem Gericht oder einer anderen zuständigen Stelle Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen. Es obliegt sodann der Gegenseite zu beweisen, dass keine Verletzung dieses Grundsatzes vorgelegen hat. Die Mitgliedstaaten müssen im Einklang mit ihrem nationalen Gerichtswesen die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um die Anwendung dieses Grundsatzes zu gewährleisten.
Sachverhalt: Frau Meister ist russischer Herkunft. Sie ist Inhaberin eines russischen Diploms, dessen Gleichwertigkeit mit einem deutschen Diplom anerkannt wurde. Sie bewarb sich auf zwei Stellenanzeigen. Ihre Bewerbungen wurden abgelehnt, ohne dass sie zu einem Gespräch eingeladen wurde und ohne dass Gründe für die Ablehnung angegeben wurden. Frau Meister war der Ansicht, dass sie die Anforderungen für die Stelle erfülle und wegen ihres Geschlechts, ihres Alters und ihrer ethnischen Herkunft ungünstiger behandelt worden sei als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Sie erhob daher Klage und forderte Schadensersatz wegen Diskriminierung sowie Einsicht in die Bewerbungsunterlagen des eingestellten Bewerbers, um ihr den Nachweis zu ermöglichen, dass sie besser qualifiziert sei als Letzterer.
Hierzu führte der EuGH weiter aus: Das Unionsrecht sieht für eine Person, die sich für diskriminiert hält, keine spezifische Möglichkeit der Einsichtnahme in Informationen vor, um sie in die Lage zu versetzen, die Tatsachen, die das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen, glaubhaft zu machen. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass eine Verweigerung von Informationen dem Unionsrecht seine praktische Wirksamkeit nehmen kann. Das angerufene nationale Gericht hat daher darüber zu wachen, dass die Auskunftsverweigerung nicht die Verwirklichung der mit dem Unionsrecht verfolgten Ziele zu beeinträchtigen droht. Es hat insbesondere bei der Klärung der Frage, ob genügend Indizien vorhanden sind, um die Tatsachen, die das Vorliegen einer solchen Diskriminierung vermuten lassen, als nachgewiesen ansehen zu können, alle Umstände des Rechtsstreits zu berücksichtigen. Zu den Gesichtspunkten, die in Betracht gezogen werden können, gehört der Umstand, dass Frau Meister jeden Zugang zu den Informationen verweigert wurde. Darüber hinaus kann auch die Tatsache herangezogen werden, dass der Arbeitgeber nicht bestreitet, dass die Qualifikation von Frau Meister den Anforderungen in der Stellenanzeige entspricht, sowie der Umstand, dass sie gleichwohl nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.
Quelle: EuGH, Pressemitteilung v.
 


 

Fundstelle(n):
NWB FAAAF-43837