Online-Nachricht - Donnerstag, 01.03.2012

Verkehrshaftungsrecht | Mitverschulden bei Nichtanlegen des Sicherheitsgurts (BGH)

Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt grundsätzlich angelegt sein. Ein Verstoß dagegen kann hinsichtlich unfallbedingter Körperschäden zu einer Haftungskürzung wegen Mitverursachung führen (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin befuhr mit ihrem Pkw eine Bundesautobahn und verlor aus ungeklärten Gründen die Kontrolle über ihr Fahrzeug. Dieses geriet ins Schleudern, stieß gegen die Mittelplanke und kam auf der linken Fahrspur unbeleuchtet zum Stehen. Kurz darauf prallte der Beklagte, der mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h und eingeschaltetem Abblendlicht gefahren war, mit seinem Pkw auf das Fahrzeug der Klägerin. Diese wurde schwer verletzt.

Hintergrund: Nach § 21a Abs. 1 StVO müssen vorgeschriebene Sicherheitsgurte während der Fahrt grds. angelegt sein. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift kann hinsichtlich unfallbedingter Körperschäden zu einer Haftungskürzung wegen Mitverursachung führen. Da die Beklagten im Streitfall jedoch nur für die Folgen des Zweitunfalls haften, ist für die Frage der Mitverursachung durch die Klägerin allein von Bedeutung, ob zum Zeitpunkt des Zweitunfalls noch eine Anschnallpflicht bestand. Das war nicht der Fall, denn der Aufprall des von dem Beklagten gelenkten Pkw ereignete sich nicht "während der Fahrt" ihres eigenen Pkw. Dessen Fahrt war vielmehr dadurch beendet worden, dass der Pkw unfallbedingt an der Leitplanke zum Stehen gekommen war. Nachdem es zu diesem Unfall gekommen war, war die Klägerin mithin nicht nur berechtigt, den Gurt zu lösen, um ihr Fahrzeug verlassen und sich in Sicherheit bringen zu können, sondern gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 2 StVO sogar dazu verpflichtet, nämlich um die Unfallstelle sichern zu können. Ihr kann deshalb nicht angelastet werden, unangeschnallt gewesen zu sein, als sich der Zweitunfall ereignete.

Quelle: BGH, Pressemitteilung v.

 

Fundstelle(n):
NWB OAAAF-43565