Online-Nachricht - Freitag, 17.02.2012

Arbeitsrecht | Benachteiligung eines schwerbehinderten Bewerbers (BAG)

Ein öffentlicher Arbeitgeber hat nach § 82 Satz 2 SGB IX einen schwerbehinderten Menschen, der sich auf eine ausgeschriebene Stelle unter Mitteilung seiner Schwerbehinderteneigenschaft beworben hat, zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, es sei denn, diesem fehlt offensichtlich die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle ().


Hintergrund: In § 82 Satz 2 SGB IX ist als besondere Pflicht öffentlicher Arbeitgeber normiert, dass schwerbehinderte Menschen zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, wenn sie sich um einen Arbeitsplatz beworben haben oder von der Bundesagentur für Arbeit vorgeschlagen worden sind. Nach Satz 3 der Vorschrift ist eine Einladung entbehrlich, wenn die fachliche Eignung des Bewerbers offensichtlich fehlt.

Sachverhalt: Der schwerbehinderte Kläger hatte sich bei der Beklagten auf eine Ausschreibung der Bundespolizeidirektion Flughafen Frankfurt a.M. als Pförtner beworben. In seiner Bewerbung hatte er auf seinen GdB von 60 hingewiesen. Bei der Beklagten besteht eine Rahmenvereinbarung zur Integration Schwerbehinderter. Nach dieser Integrationsvereinbarung kann von einer Einladung schwerbehinderter Bewerber zum Auswahlverfahren abgesehen werden, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt. Die Bundespolizeidirektion lud im Einvernehmen mit den zu beteiligenden Stellen den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein. Dieser sah sich hierdurch benachteiligt und verlangte eine Entschädigung in Höhe von 5.723 €. Das LAG verurteilte die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung von 2.700 €, die hiergegen gerichtete Revision hatte keinen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BAG weiter aus: Eine Einladung zum Vorstellungsgespräch hätte erfolgen müssen, weil durch die Integrationsvereinbarung das Recht des schwerbehinderten Bewerbers auf ein Vorstellungsgespräch nicht eingeschränkt werden sollte. Deshalb besteht die Vermutung, dass der Kläger wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden ist. Diese Vermutung hat die Beklagte nicht durch Tatsachen widerlegt, die keinen Bezug zur Schwerbehinderung des Klägers und zu dessen fachlicher Eignung haben. Nur auf solche hätte sich die Beklagte mit Erfolg berufen können, weil § 82 Satz 3 SGB IX hinsichtlich der Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers zur Einladung schwerbehinderter Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch abschließenden Charakter hat.

Quelle: BAG, Pressemitteilung Nr. 13/12

 

Fundstelle(n):
NWB RAAAF-43496