Online-Nachricht - Dienstag, 24.01.2012

Arbeitsrecht | Begrenzung des Jahresurlaubs (EuGH)

Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub darf nicht von einer effektiven Mindestarbeitszeit abhängig gemacht werden. Demnach darf dieser Anspruch bei ordnungsgemäß krankgeschriebenen Arbeitnehmern nicht eingeschränkt werden ().


Hintergrund: Nach der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung sind die Mitgliedstaaten zum Erlass erforderlicher Maßnahmen verpflichtet, die gewährleisten, dass jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen erhält.

Sachverhalt: Die Klägerin war bei einem französischen Arbeitgeber beschäftigt. Sie erlitt auf dem Weg zur Arbeit einen Unfall, infolgedessen sie mehr als ein Jahr krankgeschrieben wurde. Sie wandte sich an die französischen Gerichte, um für diesen Zeitraum 22,5 Urlaubstage zu erhalten. Hilfsweise beantragte sie die Zahlung einer Urlaubsabgeltung von etwa 1.970 EUR. Der Arbeitgeber verweigerte die Zahlung unter Hinweis auf nationales Recht. Die einschlägige französische Vorschrift macht den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub davon abhängig, dass der Arbeitnehmer mindestens zehn Tage im Jahr bei seinem Arbeitgeber gearbeitet hat. Die französische Regelung erkennt Fehlzeiten infolge eines Arbeitsunfalls als effektive Arbeitszeiten an, ohne in diesem Zusammenhang den Wegeunfall zu erwähnen.

Hierzu führten die Richter weiter aus: Die Richtlinie 2003/88/EG steht einer nationalen Bestimmung entgegen, nach der der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub von einer effektiven Mindestarbeitszeit von zehn Tagen (oder einem Monat) während des Bezugszeitraums abhängt. Zwar können die Mitgliedstaaten die Voraussetzungen für die Ausübung und die Umsetzung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub festlegen, sie dürfen dabei aber die Entstehung dieses Anspruchs selbst nicht von irgendeiner Voraussetzung abhängig machen und bereits die Entstehung des ausdrücklich allen Arbeitnehmern zuerkannten Anspruchs ausschließen. Ferner darf ein Mitgliedstaat den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei ordnungsgemäß krankgeschriebenen Arbeitnehmern nicht von der Voraussetzung abhängig machen, dass sie während des von diesem Staat festgelegten Bezugszeitraums tatsächlich gearbeitet haben. Das nationale Gericht wird u.a. zu prüfen haben, ob es das innerstaatliche Recht so auslegen kann, dass die Fehlzeiten des Arbeitnehmers aufgrund eines Wegeunfalls den Fehlzeiten aufgrund eines Arbeitsunfalls gleichzustellen sind. Nach der Richtlinie darf das Recht eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub nicht beeinträchtigt werden, unabhängig davon, ob er während des Bezugszeitraums infolge eines Unfalls am Arbeitsplatz oder anderswo oder aber infolge einer Krankheit, welcher Art oder welchen Ursprungs auch immer, krankgeschrieben ist.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung v.

Hinweis: Die vollständige Pressemitteilung sowie das Urteil im Volltext sind auf der Homepage des EuGH veröffentlicht.

 

Fundstelle(n):
NWB TAAAF-43332