Online-Nachricht - Montag, 22.08.2011

Schenkungsteuer | Berechnung des Zehn-Jahres-Zeitraums für sog. Vorerwerbe (FG)

Die schematische Anwendung der §§ 187 Abs. 1, 188 BGB würde bedeuten, dass letztlich Vorerwerbe außerhalb der tatsächlichen Spanne von zehn Jahren in die Besteuerung einbezogen werden könnten. Eine solche Ausdehnung ist nicht gerechtfertigt. Die Berechnung des Zeitraums hat daher so zu erfolgen, dass die natürliche Länge von zehn Jahren zwischen der Schenkung und Vorerwerben nicht überschritten werden darf (, veröffentlicht am ; Revision eingelegt).

Hintergrund: Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG sind „mehrere innerhalb von zehn Jahren“ anfallende Vermögensvorteile zusammenzurechnen. Bisher (höchstrichterlich) ungeklärt ist die Rechtsfrage, wie der Zeitraum „innerhalb von zehn Jahren“ zu berechnen ist. Ist für den Beginn einer Frist - wie im Streitfall - ein Ereignis maßgebend, so wird der betreffende Tag grds. nach den Regelungen der § 108 AO i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB nicht mitgerechnet. Die Frist würde also erst am darauf folgenden Tag beginnen. Danach würde sich bei einem Erwerb im Laufe des der 10-Jahres-Zeitraum bis zum um 0.00 Uhr erstrecken. Demgegenüber berücksichtigt der überwiegende Teil der Literatur den Tag des die Frist auslösenden Ereignisses bei der Berechnung des Zeitraums von zehn Jahren mit. Danach würde sich bei einem Erwerb im Laufe des der Zehn-Jahres-Zeitraum bis zum um 0.00 Uhr erstrecken (vgl. hierzu Götz in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, § 14 Rz. 15; Maier/Ohletz in Wilms/Jochum, ErbStG, § 14 Rz. 23 a.E.; Weinmann in Moench/Weinmann, ErbStG, § 14 Rz. 6; Tiedtke/Wälzholz in Tiedtke, ErbStG, § 14 Rz. 10; Högl in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht - BewG - ErbstrG, § 14 ErbStG Rz. 25 und Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 14 Rz. 7).
Sachverhalt: Mit notariellem Vertrag vom übertrug der Kläger seinem Sohn ein Grundstück. Eine Schenkungssteuer war wegen des zu berücksichtigenden Freibetrages nicht festzusetzen. In einem weiteren notariellen Vertrag vom übertrug der Kläger schließlich ein mit einem Doppelhaus bebautes Grundstück. Der Besitz ging am gleichen Tag über. Das Finanzamt setzte Schenkungssteuer fest. Es berücksichtigte dabei u.a. die Schenkung vom als Vorerwerb. Das Finanzamt ist der Ansicht, die Frist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG müssten entsprechend der Regelung in den §§ 187 Abs. 1, 188 BGB berechnet werden. Daher falle bei einer Schenkung am auch noch eine Vorschenkung am in den 10-Jahres-Zeitraum.
Hierzu führte das Gericht weiter aus: Das auslösende Ereignis für die Zusammenrechnung ist der aktuell der Erbschaft- oder Schenkungssteuer zu unterwerfende Erwerb (§§ 7, 9 ErbStG), da § 14 lediglich zusätzlich die Berücksichtigung „früherer Erwerbe“ gesetzlich anordnet. Die §§ 187 ff. BGB, die über § 108 AO entsprechend anwendbar sind, beziehen sich ausdrücklich nur auf die sogenannte Vorwärtsberechnung von Fristen. Die schematische Anwendung der §§ 187 Abs. 1, 188 BGB auf die steuerbegründende Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG würde im Ergebnis bedeuten, dass letztlich Vorerwerbe außerhalb der tatsächlichen Spanne von zehn Jahren in die Besteuerung einbezogen werden könnten. Eine solche tatsächliche zeitliche Ausdehnung um Stunden und/oder Minuten ist nach Ansicht des Senates nicht gerechtfertigt. Im Streitfall geht der Senat daher davon aus, dass der Zehn-Jahres-Zeitraum nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG so zu bestimmen ist, dass die natürliche Länge von zehn Jahren zwischen der Schenkung und Vorerwerben nicht überschritten werden darf.
Anmerkung: Gegen das o.g. Urteil wurde zwischenzeitlich Revision eingelegt (BFH-Az. II R 43/11).
Quelle: FG Niedersachsen online

 

 

 


 

Fundstelle(n):
NWB SAAAF-42437