Online-Nachricht - Donnerstag, 14.10.2010

Fluggastrechteverordnung | Bemessung des Ausgleichsanspruchs (BGH)

Der BGH hat zur Bemessung des Ausgleichsanspruchs nach der Fluggastrechteverordnung bei Annullierung des Zubringerflugs Stellung genommen ( Xa ZR 15/10).


Hierzu führte der BGH weiter aus: Für die Bemessung der Ausgleichszahlung ist nicht nur die Entfernung zum Zielort des annullierten Zubringerflugs maßgeblich. Vielmehr sind im Falle von direkten Anschlussflügen auch die weiteren Zielorte zu berücksichtigen, an denen der Fluggast infolge der Annullierung verspätet ankommt. Dies ergibt sich aus Art. 7 Abs. 1 Satz 2 der Fluggastrechteverordnung, der für die Höhe der Ausgleichszahlung an die Entfernung zum "letzten Zielort" anknüpft. Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-173/07 (Emirates./.Schenkel), wonach Hin- und Rückflug als gesonderte Flüge im Sinne von Art. 3 der Fluggastrechteverordnung anzusehen sind, spricht nicht gegen, sondern für diese Auslegung. Bestätigt wird dieses Ergebnis ferner durch die Rechtsprechung des EuGH zum Ausgleichsanspruch wegen erheblicher Verspätung. Dieser setzt voraus, dass der Fluggast das Endziel nicht früher als drei Stunden nach der von dem Luftfahrtunternehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreicht. Bei direkten Anschlussflügen im Sinne von Art. 2 Buchst. h der Fluggastrechteverordnung ist mithin nicht eine Verspätung am Zielort einer einzelnen Teilstrecke maßgeblich, sondern eine Verspätung am Endziel. Bei einer Annullierung kann nichts anderes gelten.

Anmerkung: Das Argument der Fluggesellschaft, sie sei von der Ausgleichszahlung wegen ungünstiger Wetterbedingungen nach Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung befreit, hat der Bundesgerichtshof im Streitfall als unbegründet angesehen. Die Fluggesellschaft hatte nicht im Einzelnen vorgetragen, welche personellen, materiellen und finanziellen Mittel ihr zur Verfügung standen, um den annullierten Flug zum geplanten Zeitpunkt dennoch durchführen zu können, und auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen es ihr gegebenenfalls nicht zumutbar war, auf diese Ressourcen zurückzugreifen.

Quelle: BGH, Pressemitteilung Nr. 195/2010

Hinweis: Reisende in der Europäischen Union können seit dem Rechte gegenüber den Fluggesellschaften geltend machen u.a. in den Fällen der Nichtbeförderung, Annullierung  und Verspätung von Flugreisen. Je nach Schwere der Situation werden pauschale Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen fällig. Weitere Informationen zur Verordnung (EG) Nr. 261/2004 und zu den Rechten der betroffenen Fluggäste sind auf den Internetseiten des Luftfahrt-Bundesamtes zu finden. Zur Homepage des Luftfahrt-Bundesamtes gelangen Sie hier

 

Fundstelle(n):
NWB NAAAF-15872