Online-Nachricht - Freitag, 27.08.2010

Arbeitsrecht | Verbot altersdiskriminierender Arbeitsverträge durch EuGH-Urteil (BVerfG)

Der EuGH hat seine Kompetenzen durch das in dem Mangold-Urteil gefundene Ergebnis, insbesondere durch die Herleitung eines allgemeinen Grundsatzes des Verbots der Altersdiskriminierung nicht verletzt ().


Hintergrund: Mit Urteil v. - NWB BAAAB-79396,  hat der EuGH entschieden, dass die Befristungsregelung des § 14 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) i. d. F. ab für ältere Arbeitnehmer ab dem 52. Lebensjahr europarechtswidrig ist. Für die Praxis folgte daraus, dass die Arbeitsgerichte den § 14 Abs. 3 TzBfG i. d. F. ab nicht mehr anwenden durften und ein befristetes Arbeitsverhältnis, das auf der Grundlage des § 14 Abs. 3 TzBfG geschlossen worden war, unbefristet weiterbestand.

Sachverhalt: Die Beschwerdeführerin ist ein Unternehmen der Automobilzulieferung, das im Februar 2003 mehrere befristete Arbeitsverträge mit zuvor arbeitslosen Personen schloss, ohne für die Befristung einen sachlichen Grund zu haben. Nach der damals geltenden Fassung von § 14 Abs. 3 Satz 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) konnte von dem Grundsatz, dass es zur Begründung befristeter Arbeitsverhältnisse eines sachlichen Grundes bedarf, abgewichen werden, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr bereits vollendet hatte.

Der Kläger des Ausgangsverfahrens, der von der Beschwerdeführerin auf dieser Grundlage eingestellt worden war, machte später gegenüber der Beschwerdeführerin die Unwirksamkeit der Befristung seines Arbeitsvertrags geltend. Sein Begehren auf Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses und auf Weiterbeschäftigung hatte vor dem BAG Erfolg.

Das BAG stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch Befristung geendet habe. Nationale Gerichte dürften § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG nicht anwenden, weil sie insoweit an das Mangold gebunden seien (Slg. 2005, S. I-9981). Danach sei eine nationale Regelung wie § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG mit der Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG und dem allgemeinen Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung unvereinbar. Da das Urteil des EuGH unmissverständlich sei, bedürfe es keiner erneuten Vorlage. Obwohl die im Streit stehende Befristungsabrede vor dem Mangold-Urteil getroffen wurde, lehnte das BAG es ab, § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aus Gründen des gemeinschaftsrechtlichen oder nationalen Vertrauensschutzes anzuwenden. Die Beschwerdeführerin sieht sich durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts in ihrer Vertragsfreiheit und in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt.


Dazu führt das BVerfG aus: Bei der Kontrolle von Handlungen der europäischen Organe und Einrichtungen hat das Bundesverfassungsgericht die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs grundsätzlich als verbindliche Auslegung des Unionsrechts zu beachten. Soweit der Europäische Gerichtshof die aufgeworfenen Fragen noch nicht geklärt hat, ist ihm deshalb vor der Annahme eines Ultra-vires-Akts die Gelegenheit zur Auslegung der Verträge sowie zur Entscheidung über die Gültigkeit und die Auslegung der fraglichen Handlungen zu geben. Hieran gemessen hat das Bundesarbeitsgericht die Tragweite der Vertragsfreiheit der Beschwerdeführerin nicht verkannt. Der Europäische Gerichtshof hat seine Kompetenzen durch das in dem Mangold-Urteil gefundene Ergebnis jedenfalls nicht hinreichend qualifiziert verletzt.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung Nr. 69/2010

 

Fundstelle(n):
NWB JAAAF-15574