Online-Nachricht - Mittwoch, 21.07.2010

Einkommensteuer | Nach Verkauf einer Kapitalbeteiligung anfallende Darlehenszinsen (BFH)

In Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung hat der BFH entschieden, dass nach dem Verkauf einer sog. wesentlichen Kapitalbeteiligung anfallende Darlehenszinsen als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden können, sofern der Verkaufserlös nicht zur Tilgung des bei Anschaffung der Beteiligung aufgenommenen Darlehens ausreicht (; veröffentlicht am ).


Sachverhalt: Im Streitfall veräußerte der Kläger einen Teilgeschäftsanteil von 49% an einer GmbH zu einem unter den Anschaffungskosten liegenden Preis an seinen Sohn. Für die Anschaffung des Geschäftsanteils hatte der Kläger Darlehen in Anspruch genommen, die er aus dem Veräußerungserlös nicht zurückführen konnte. Deshalb machte er die nachträglichen Schuldzinsen nach Veräußerung der Beteiligung bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen geltend.

Hierzu führt der BFH weiter aus: Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Ausschluss des nachträglichen Werbungskostenabzugs nach Veräußerung oder Aufgabe einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 EStG a.F. für die ab 1999 geltenden Gesetzesfassungen nicht mehr fest. Schuldzinsen, die für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung i.S. von § 17 EStG anfallen, können danach unter den gleichen Voraussetzungen wie nachträgliche Betriebsausgaben als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden, wenn sie auf Zeiträume nach Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Gesellschaft entfallen. Nach Absenkung der Wesentlichkeitsschwelle von mehr als 25% auf 10% für Veranlagungszeiträume (VZ) ab 1999 und erst recht für die Zeit nach Absenkung der maßgeblichen Beteiligungsgrenze auf 1% für VZ ab 2001 und der damit, vorbehaltlich der „Bagatellgrenze“, einhergehenden konzeptionellen Gleichbehandlung von Gewinnausschüttung und Veräußerung besteht für die Einkünfte aus Kapitalvermögen jedenfalls bei einer Beteiligung i.S. von § 17 EStG keine sachliche Rechtfertigung mehr für die rechtliche Zuweisung der nachträglichen Finanzierungskosten zur (grundsätzlich) nicht steuerbaren Vermögensebene.

Anmerkung: Der BFH hat das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung zurückverwiesen. Das FG muss noch die Höhe der Zinsaufwendungen feststellen und prüfen, ob der Kaufpreis für die Anteilsveräußerung einem Fremdvergleich standhält oder ob es sich um eine gemischte Schenkung gehandelt hat.

Quelle: BFH online

Hinweise: Das Urteil ist in erster Linie für die VZ von 1999 bis 2008 von Interesse. Ab dem VZ 2009 gilt die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge. Ein Abzug tatsächlicher Werbungskosten ist ab 2009 ausgeschlossen (§ 20 Abs. 9 EStG). Die Frage, ob an der BFH-Rechtsprechung (vgl. etwa NWB GAAAA-66290) zur Nichtabziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung festgehalten werden kann, lies der BFH ausdrücklich offen. Im Anwendungsbereich von § 4 Abs. 4 EStG sind nach ständiger Rechtsprechung Schuldzinsen auch nach Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs grds. als Betriebsausgaben abziehbar. Das gilt aber nur, soweit sie nicht auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den Veräußerungspreis und die Verwertung von zurückbehaltenen aktiven Wirtschaftsgütern hätten getilgt werden können (vgl. z.B. NWB DAAAC-49677; Schmidt/Wacker, EStG, 28. Aufl., § 16 Rz 371, m.w.N.).


 

Fundstelle(n):
NWB DAAAF-15336