Online-Nachricht - Mittwoch, 23.06.2010

ErbSt | Keine Steuervergünstigung auch bei Zwangsverkauf innerhalb Behaltensfrist (BFH)

Auch für den Fall, dass eine Freiberuflerpraxis aufgrund gesetzlicher Anordnung veräußert wird, führt die Betriebsveräußerung innerhalb der fünfjährigen Behaltensfrist (§ 13a Abs. 5 ErbStG a.F.) zum Wegfall der Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG a.F. (; veröffentlicht am ).


Sachverhalt: Der minderjährige Kläger ist Alleinerbe seines 2006 verstorbenen Vaters, eines Arztes. Da der Kläger nicht über die für eine Fortführung der freiberuflichen Praxis erforderliche Berufsqualifikation verfügte, beantragten seine gesetzlichen Vertreter bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung, den Vertragsarztsitz des Vaters öffentlich auszuschreiben. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausschreibung verkauften sie die Praxis 2007 im Namen und für Rechnung des Klägers. In seiner Erbschaftsteuererklärung bezifferte der Kläger den Wert der zum Nachlass gehörenden Arztpraxis mit insgesamt 306.326 € und beantragte, ihm für das erworbene Betriebsvermögen die Steuerentlastungen des § 13a Abs. 1 und Abs. 2 des ErbStG zu gewähren. Das Finanzamt lehnte dies ab.

Dazu führt der BFH weiter aus: Der Fortbestand der Qualität als Betriebsvermögen hängt bei dessen Erwerb von einem Freiberufler nicht tätigkeitsbezogen davon ab, dass der Erbe auch die freiberufliche Tätigkeit des Erblassers fortsetzt. § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 ErbStG stellt wegen der Anknüpfung an den Erwerb von Betriebsvermögen vielmehr allein betriebsbezogen auf die Aufrechterhaltung und Weiterführung des Betriebs des Erblassers ab. Der Gesetzeswortlaut des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG erfasst zwar die freiberufliche Einzelpraxis nicht. Da § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG aber erkennbar an § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG anknüpft, ist dem Gesetzgeber bei der Abfassung des Abs. 5 Nr. 1 offensichtlich ein Redaktionsversehen unterlaufen. Das Gesetz kann schon aus systematischen Gründen nicht in dem Sinne verstanden werden, dass die Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis vom Anwendungsbereich des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ausgeschlossen wäre. Vielmehr ergibt sich aus der in § 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 96 BewG angeordneten Gleichbehandlung des freiberuflichen und gewerblichen Betriebsvermögens, dass auch freiberufliche Einzelpraxen von § 13a Abs. 1 ErbStG erfasst werden. § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ist nicht in Fällen, in denen die Veräußerung zwangsweise oder sogar kraft gesetzlicher Anordnung erfolgt, teleologisch zu reduzieren.

Quelle: BFH online

Anmerkung der NWB-Redaktion: Wie sich schon aus der Rechtsprechung zu Insolvenzfällen ergibt, ist der BFH unerbittlich: Die Einstellung oder Veräußerung eines Betriebs bzw. einer Praxis innerhalb der Behaltefrist beseitigt die Steuerverschonung, ohne dass es auf den Grund dafür ankommt. Das gilt auch für §§ 13a, 13b ErbStG n.F. Im Streitjahr erbte der minderjährige Sohn die Arztpraxis des Vaters, die verkauft werden musste. Führen (noch) nicht berufsqualifizierte Erben eine freiberufliche Praxis fort und werden sie dadurch ertragsteuerrechtlich zu Gewerbetreibenden, liegt indes kein Verstoß gegen die Behaltefrist vor.

 

Fundstelle(n):
NWB YAAAF-15167