Online-Nachricht - Dienstag, 27.10.2009

Hausverbot | Eigentümerversammlung kann Eigentümerin Besuche nicht verbieten (BVerfG)

Eine Wohnungseigentümerversammlung kann sich gegen jahrelange nächtliche Ruhestörungen, die ein Besucher einer psychisch kranken Eigentümerin verursacht, nicht schützen, indem sie dem Besucher Hausverbot erteilt. Die Eigentümer können nur verlangen, die Lärmbelästigung zu unterlassen ().


Sachverhalt: Eine Wohnungseigentümerversammlung hatte gegen den Besucher einer Wohnungseigentümerin ein Hausverbot ausgesprochen. Die Wohnungseigentümerin und Beschwerdeführerin ist an einer schizoaffektiven Psychose erkrankt, die mit Verhaltensauffälligkeiten in Form von Weinen, Schreien und Hilferufen einhergeht. Mehrere der übrigen Wohnungseigentümer fühlen sich seit Jahren durch die Beschwerdeführerin und ihren Lebensgefährten Herrn R. in ihrer Nachtruhe gestört. Sie fassten in einer Wohnungseigentümerversammlung den Beschluss, Herrn R. ein Hausverbot zu erteilen. Die hiergegen von der Beschwerdeführerin eingelegten Rechtsbehelfe blieben vor dem Amtsgericht Mainz und dem Landgericht Koblenz erfolglos. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung ihres Eigentumsgrundrechts.

Das Bundesverfassungsgericht hat die angegriffenen Gerichtsentscheidungen aufgehoben und die Sache an das Landgericht Koblenz zurückverwiesen.

Dazu führt das Gericht weiter aus: Der Konflikt zwischen der für die Beschwerdeführerin streitenden Eigentumsgarantie und dem ebenfalls durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Recht der übrigen Wohnungseigentümer auf ungestörte Nutzung ihres eigenen Wohnungseigentums darf nicht so gelöst werden, dass eine der widerstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren.

Die fallbezogene Prüfung, ob der Ausspruch des Hausverbots zur Durchsetzung der Grundrechte der übrigen Eigentümer erforderlich war oder ob mildere Mittel ausgereicht hätten, das störende Verhalten zu beseitigen, haben die Gerichte aber nicht vorgenommen. Es ist nicht einmal ersichtlich, ob die Wohnungseigentümer Herrn R. zur Einhaltung der nächtlichen Ruhe aufgefordert haben. Erst wenn eine solche Aufforderung ohne Erfolg geblieben ist und aufgrund der psychischen Erkrankung der Beschwerdeführerin andere Maßnahmen keinen Erfolg versprechen, kann ein Hausverbot nach verfassungsrechtlichen Maßstäben in Betracht kommen, wobei dann eine Beschränkung auf die nächtliche Ruhezeit nahe liegt. Dementsprechend geht einfachrechtlich der Anspruch aus § 1004 BGB auch nur auf Unterlassung der Störung und nicht auf das Verbot eines bestimmten Verhaltens.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung Nr. 123/2009


 

Fundstelle(n):
NWB HAAAF-13476