Online-Nachricht - Mittwoch, 29.07.2009

Sittenwidrigkeit | Bürgschaften finanzschwacher Ehe- oder Lebenspartner (BGH)

Bei der Frage, ob eine Grundschuld nach dem Inhalt der AGB der Bank auch künftige Forderungen gegen den Darlehensnehmer sichert, darf eine Unklarheit nicht zu Lasten des finanziell krass überforderten Bürgen oder Mithaftenden gehen ().


Hierzu führt der BGH weiter aus: Die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung über die speziellen Regeln der §§ 286 ff. InsO schließt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB (Sittenwidrigkeit) auf ruinöse Bürgschaften oder Schuldbeitritte finanzschwacher Ehe- und Lebenspartner nicht aus.

Im Streitfall hatte eine Frau 2001 im Rahmen des Wohnungserwerbs ihres Lebensgefährten ihre künftigen (pfändbaren) Ansprüche auf Arbeitseinkommen und Sozialleistungen sicherungshalber an die das Immobiliengeschäft finanzierende Bank abgetreten. Außerdem musste sie durch ein notarielles vollstreckbares Schuldanerkenntnis die persönliche (gesamtschuldnerische) Haftung hinsichtlich der Zahlung des über eine Grundschuld abgesicherten Kaufpreises nebst Zinsen und Nebenkosten übernehmen, da sie den Darlehensvertrag mit unterschreiben sollte. Nach dem Urteil des BGH stellt die Mitunterzeichnung des formularmäßigen Darlehensvertrags eine sie von Anfang an finanziell krass über fordernde und damit sittenwidrige Schuldmitübernahme dar. Dies gilt hier jedenfalls, weil die Frau zwar Mithaftende war, nicht aber gleichberechtigte Vertragspartnerin des Immobilienerwerbs. Die Darlehenssumme wurde allein zugunsten des Lebensgefährten ausgezahlt, nur er sollte Eigentümer werden.

Anmerkung: Das Verhältnis der §§ 286 ff. InsO zu § 138 Abs. 1 BGB war bislang umstritten. Nach der Entscheidung des BGH stehen sie in keinem Konkurrenzverhältnis, vergleichbare Rechtsprobleme sollen weiterhin allein mit Hilfe des Zivilrechts gelöst werden.

 

Fundstelle(n):
NWB SAAAF-12713