Online-Nachricht - Mittwoch, 03.12.2014

Erbschaftsteuer | Billigkeitserlass wegen des Ausfalls von Rentenzahlungen (BFH)

Wird für eine von Todes wegen erworbene Leibrente die jährliche Besteuerung des Jahreswerts gewählt und fallen die Rentenzahlungen später wegen der Zahlungsunfähigkeit des Verpflichteten aus, kann eine abweichende Festsetzung der Erbschaftsteuer für die Ablösung der Jahressteuer gerechtfertigt sein, wenn der Rentenberechtigte als Erwerber den Antrag auf Ablösung der Jahressteuer erst lange Zeit nach Beginn des Zahlungsausfalls stellt und nicht damit zu rechnen ist, dass er weitere Rentenzahlungen erhalten wird. Entscheidend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Steuern, die von dem Kapitalwert von Renten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen zu entrichten sind, können nach Wahl des Erwerbers statt vom Kapitalwert jährlich im Voraus von dem Jahreswert entrichtet werden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Hat der Erwerber die Jahresversteuerung gewählt, hat er nach § 23 Abs. 2 Satz 1 ErbStG das Recht, die Jahressteuer zum jeweils nächsten Fälligkeitstermin mit ihrem Kapitalwert abzulösen.
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Beim Erwerb einer Leibrente von Todes wegen ist deren Wert nach den Verhältnissen vom Todestag des Erblassers zu ermitteln (§ 11 ErbStG). Das gilt auch für den Fall, dass der Erwerber die Jahresversteuerung gewählt hat.

  • Die Wertermittlung nach § 11 ErbStG stellt eine Momentaufnahme dar und nicht das Ergebnis einer dynamischen Betrachtung, mit der sich auch die weitere wertmäßige Entwicklung des Erwerbs nach dem Zeitpunkt der Steuerentstehung erfassen ließe. Nachträglich eingetretene Umstände können deshalb grds. nicht bei der Festsetzung der Steuer berücksichtigt werden.

  • Das im Erbschaftsteuerrecht geltende Stichtagsprinzip schließt es jedoch nicht generell aus, dass im Einzelfall nachträglich eintretende Umstände eine abweichende Steuerfestsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 163 Satz 1 AO rechtfertigen können.

  • Im Zusammenhang mit der Besteuerung einer von Todes wegen erworbenen Leibrente nach § 23 Abs. 1 ErbStG kann eine sachliche Unbilligkeit dadurch eintreten, dass die Besteuerung an die lebenslängliche Leistung der Rente anknüpft und die Rentenzahlungen tatsächlich aufgrund von Umständen entfallen, die der Rentenberechtigte nicht zu vertreten hat.

  • Insoweit kommt es zu einem ungewollten Überhang des Steuertatbestandes, weil der Rentenberechtigte zwar keine Zahlungen mehr erhält, aber weiterhin bis zu seinem Ableben nach § 23 Abs. 1 ErbStG die Jahressteuer für eine lebenslängliche Rente zu entrichten hat.

Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Der BFH sah im Streitfall das Finanzamt verpflichtet, die Erbschaftsteuer für die Ablösung der gewählten Jahresbesteuerung wegen sachlicher Unbilligkeit auf 0 DM festzusetzen bzw. zu erlassen (festgesetzt waren 186.912 €). Die Klägerin beantragte die Ablösung, nachdem sie seit ca. fünf Jahren keine Rentenzahlungen mehr erhalten hatte und auch nicht absehbar war, dass der Rentenverpflichtete jemals wieder in der Lage sein würde, die ihr zustehende Vermächtnisrente zu leisten. Der BFH hat berechnet, dass bei Sofortbesteuerung des Rentenanspruchs 743.473 DM Erbschaftsteuer angefallen wären, während die beantragte fortlaufende Jahresbesteuerung bis zur Ablösung bereits ca. 1.488.000 DM Erbschaftsteuer ausgelöst hatte.
 

Fundstelle(n):
NWB SAAAF-12311