Online-Nachricht - Dienstag, 11.11.2014

Sozialrecht | Zum Anspruch auf Hartz IV für arbeitslose Unionsbürger (EuGH)

Nicht erwerbstätige Unionsbürger, die sich allein mit dem Ziel, in den Genuss von Sozialhilfe zu kommen, in einen anderen Mitgliedstaat begeben, können von bestimmten Sozialleistungen ausgeschlossen werden ().

Hintergrund: In Deutschland sind Ausländer, die einreisen, um Sozialhilfe zu erhalten, oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, von den Leistungen der Grundsicherung ausgeschlossen (§ 7 Abs. 1 Unterabs. 2 Nr. 2 SGB II und § 23 Abs. 3 SGB XII).
Sachverhalt: Die aus Rumänien stammende Klägerin beantragte Leistungen der Grundsicherung, die Arbeitsuchenden vorbehalten sind, obwohl sie sich, wie aus den Akten hervorgeht, nicht auf Arbeitsuche begeben hat. Sie hatte keinen erlernten oder angelernten Beruf und war bislang weder in Deutschland noch in Rumänien erwerbstätig. Sie und ihr Sohn leben mindestens seit November 2010 in Deutschland. Die Klägerin bezieht für ihren Sohn auch Kindergeld und einen Unterhaltsvorschuss. Um diese Leistungen ging es im vorliegenden Fall jedoch nicht.
Hierzu führte der EuGH u.a. aus:

  • Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten können eine Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaats hinsichtlich des Zugangs zu bestimmten Sozialleistungen (wie den deutschen Leistungen der Grundsicherung) nur verlangen, wenn ihr Aufenthalt die Voraussetzungen der „Unionsbürgerrichtlinie“ erfüllt.

  • Nach der „Unionsbürgerrichtlinie“ ist der Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, während der ersten drei Monate des Aufenthalts Sozialhilfe zu gewähren. Bei einer Aufenthaltsdauer von mehr als drei Monaten, aber weniger als fünf Jahren (wie im vorliegenden Fall), macht die Richtlinie das Aufenthaltsrecht u.a. davon abhängig, dass nicht erwerbstätige Personen über ausreichende eigene Existenzmittel verfügen.

  • Ein Mitgliedstaat muss die Möglichkeit haben, nicht erwerbstätigen Unionsbürgern, die von ihrer Freizügigkeit allein mit dem Ziel Gebrauch machen, in den Genuss der Sozialhilfe eines Mitgliedstaats zu kommen, obwohl sie nicht über ausreichende Existenzmittel für die Beanspruchung eines Aufenthaltsrechts verfügen, Sozialleistungen zu versagen; insoweit ist jeder Einzelfall zu prüfen, ohne die beantragten Sozialleistungen zu berücksichtigen.

Anmerkung: In Bezug auf die Klägerin und ihren Sohn führt der Gerichtshof aus, dass sie nicht über ausreichende Existenzmittel verfüge und daher kein Recht auf Aufenthalt in Deutschland nach der Unionsbürgerrichtlinie geltend machen könne. Folglich könne sie sich auch nicht auf das in der Richtlinie und der Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit verankerte Diskriminierungsverbot berufen.
Quelle: EuGH , Pressemitteilung v. 11.11.2014

Fundstelle(n):
NWB UAAAF-12196