Online-Nachricht - Dienstag, 28.10.2014

Bankenrecht | Rückforderungsansprüche bei unwirksamen Bearbeitungsgebühren (BGH)

Der BGH hat erstmals über die Frage des Verjährungsbeginns für Rückforderungsansprüche von Kreditnehmern bei unwirksam formularmäßig vereinbarten Darlehensbearbeitungsentgelten befunden. Danach begann die kenntnisabhängige dreijährige Verjährungsfrist für früher entstandene Rückforderungsansprüche erst mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen, weil Darlehensnehmern die Erhebung einer entsprechenden Rückforderungsklage nicht vor dem Jahre 2011 zumutbar war ( und XI ZR 17/14).

Hintergrund: Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre. Sie beginnt grds. mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis verjähren Ansprüche, von einigen im Gesetz geregelten Ausnahmen abgesehen, in zehn Jahren von ihrer Entstehung an (§ 195 BGB i.V. mit § 199 Abs. 1 BGB).
Sachverhalt: In den beiden Verfahren begehrten die Kläger von den jeweils beklagten Banken die Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten, die die Banken im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen formularmäßig berechnet haben. In beiden Rechtsstreiten sind die Berufungsgerichte im Ergebnis zunächst davon ausgegangen, dass die Bank die streitigen Bearbeitungsentgelte ohne rechtlichen Grund erlangt habe (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB). Die Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei für Verbraucherkreditverträge unwirksam (s. hierzu NWB NAAAE-67693und NWB XAAAE-69236). Streitig war im Ergebnis jetzt noch die die Frage der Verjährung der geltend gemachten Rückforderungsansprüche.
Hierzu führte der BGH weiter aus:

  • Die streitgegenständlichen Rückzahlungsansprüche sind nicht verjährt.

  • Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB) hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Nicht erforderlich ist hingegen in der Regel, dass er aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht.

  • Ausnahmsweise kann aber die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht in einem für die Klageerhebung ausreichenden Maße einzuschätzen vermag.

  • Das gilt erst recht, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht. In einem solchen Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn.

  • Angesichts des Umstands, dass Bearbeitungsentgelte in "banküblicher Höhe" von zuletzt bis zu 2% von der älteren Rechtsprechung des BGH gebilligt worden waren, war Darlehensnehmern die Erhebung einer Rückforderungsklage erst zumutbar, nachdem sich im Laufe des Jahres 2011 eine gefestigte oberlandesgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet hatte, die Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beim Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen missbilligte.

  • Seither musste ein rechtskundiger Dritter billigerweise damit rechnen, dass Banken die erfolgreiche Berufung auf die ältere Rechtsprechung künftig versagt werden würde.

  • Ausgehend hiervon sind derzeit nur solche Rückforderungsansprüche verjährt, die vor dem Jahr 2004 oder im Jahr 2004 vor mehr als 10 Jahren entstanden sind, sofern innerhalb der absoluten - kenntnisunabhängigen - 10jährigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB vom Kreditnehmer keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen worden sind.

Anmerkung: Die Stiftung Warentest rät Betroffenen bei im November 2004 ausgezahlten Krediten zur Eile: Denn die absolute 10-jährige Verjährungsfrist laufe taggenau ab. Die Erstattung einer am gezahlten Gebühr könnten Betroffene danach nur durchsetzen, wenn sie bis spätestens einen gerichtlichen Mahnbescheid beantragen würden. Die Einschaltung eines Ombudsmanns dürfte in der Regel - mangels Zeit - nicht mehr helfen, denn die Bank müsste die Forderung auf Erstattung zunächst abgelehnt haben. Bei gerichtlichen Schritten sei es nicht nötig, die Erstattung zunächst bei der Bank zu fordern. Allerdings erkenne die Bank die Forderung möglicherweise sofort an. Dann müsse der Kunde die Kosten fürs Verfahren selbst tragen. Beim Mahnverfahren dagegen seien die Gebühren gering (bei Forderungen bis zu 1000 €: 32 €). Die Erhebung einer Klage, die ebenfalls geeignet sei, die Verjährung zu stoppen, koste mindestens das Doppelte.
Auch bei bis einschließ­lich gezahlten Gebühren müssen Betroffene sich beeilen. Für alle von 2005 bis Ende 2011 gezahlten Kreditbearbeitungsgebühren verjährt die Erstattungsforderung am Jahresende. Betroffene sollten daher ebenfalls sofort Erstattung fordern und unverzüglich den Ombudsmann oder einen Rechtsanwalt einschalten, wenn die Bank nicht rechtzeitig reagiert. Weitere Infos zum diesem Thema hat die Stiftung Warentest auf ihrer Webseite  veröffentlicht.
Quelle: BGH, Pressemitteilung v. sowie Stiftung Warentest online, aktualisiert am
 

Fundstelle(n):
NWB IAAAF-12135