Online-Nachricht - Mittwoch, 02.07.2014

Haftungsrecht | Kein Schadensersatz für Kapitalanleger bei widersprüchlichem Verhalten (BGH)

Ein Anlageinteressent, der ein Anlagegeschäft abschließt, obwohl ihm die Bank eine Auskunft über die Höhe der an sie fließenden Provision ausdrücklich verweigert, kann später keinen Schadensersatz wegen fehlender Aufklärung über die Rückvergütung verlangen ().

Hintergrund: Eine Bank ist aus einem (konkludent abgeschlossenen) Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmten Rückvergütungen ungefragt aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Verstößt die Bank gegen diese Pflicht, so macht sie sich schadensersatzpflichtig. Regelmäßig besteht der Schadensersatz in der Rückabwicklung der gezeichneten Kapitalanlage.
Sachverhalt: Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung und wegen Verschweigens von Rückvergütungen im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Anteils in Höhe von 1 Mio. DM an dem Medienfonds M. KG im Jahr 2000 in Anspruch. Die Bank hatte für den Vertrieb eine Provision von 7% - bezogen auf die vermittelte Bareinlage - erhalten. Eine Auskunft darüber wurde dem Kläger auf seine Nachfrage hin ausdrücklich verweigert. Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:

  • Die Revision der Beklagten ist begründet. Zwischen den Parteien ist ein konkludent abgeschlossener Anlageberatungsvertrag zustande gekommen, da eine Bank regelmäßig Anlageberaterin und nicht lediglich reine Anlagevermittlerin ist.

  • Die Beklagte hat eine umsatzabhängige Provision aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebskosten erhalten, über die sie hätte aufklären müssen. Auch aus dem Prospekt war diese nicht ersichtlich.

  • Der Kläger kann sich aber auf diese Aufklärungspflichtverletzung nicht berufen, weil der Berater auf die konkrete Nachfrage des Klägers die Mitteilung über die Höhe der Provision ausdrücklich verweigert und der Kläger danach gleichwohl gezeichnet hat. Ein so handelnder  Anlageinteressent verhält sich widersprüchlich (§ 242 BGB, sog. Einwand des venire contra factum proprium).

Anmerkung: Der BGH hat auch die Verjährung der Forderung festgestellt. Der unterstellte Anspruch des Klägers sei bereits im Jahr 2000 entstanden und somit am verjährt. Für einen Beginn der Verjährung genüge die Kenntnis von den den Anspruch begründenden tatsächlichen Umständen. 
Quelle: NWB Datenbank
Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt, Freiburg
 

Fundstelle(n):
NWB PAAAF-11593