Online-Nachricht - Dienstag, 01.07.2014

Berufsrecht | Unwirksamkeit einer Mandantenübernahmeklausel (BAG)

Eine Mandantenübernahmeklausel, die einen angestellten Rechtsanwalt verpflichtet, bei einer nachfolgenden Anstellungstätigkeit zwei Jahre lang einen Honoraranteil an seinen früheren Arbeitgeber abzuführen, verstößt gegen die gesetzlich zwingende Pflicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung bei Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots und ist deshalb unwirksam ().

Hintergrund: Wettbewerbsverbote sind nur verbindlich, wenn sich der Begünstigte zur Zahlung einer Karenzentschädigung verpflichtet, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht; davon abweichende Vereinbarungen sind auch dann unwirksam, wenn diese bezwecken, die gesetzlichen Vorschriften über das Mindestmaß der Entschädigung durch Verrechnungen oder auf sonstige Weise zu umgehen (§§ 74 Abs. 2, 75d HGB).
Sachverhalt: Der bei einer Rechtsanwaltsgesellschaft (Klägerin) angestellte Anwalt (Beklagter) hatte mit dieser im Rahmen einer „Tantiemeregelung“ vereinbart, dass er 20% der Nettohonorare an die Gesellschaft abführen muss, die er innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung des Anstellungsvertrags mit Mandanten verdient, die während des laufenden Anstellungsvertrags von der Gesellschaft betreut wurden. Nach Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum nahm er unmittelbar im Anschluss eine Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt bei der P AG auf. Die Klägerin ist der Ansicht, er sei aufgrund der Mandantenübernahmeklausel verpflichtet, Auskunft zu erteilen und Honorare abzuführen. Der Beklagte habe fast seinen gesamten Umsatz bei der Klägerin mit fünf Mandaten gemacht; nach seinem Weggang habe sich der Nettoumsatz hinsichtlich dieser Mandate auf ein Zehntel reduziert. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:

  • Es spricht vieles dafür, dass es sich bei der Tantiemeregelung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt; dies kann hier jedoch offenbleiben, da es an einer Grundlage für die geltend gemachten Ansprüche fehlt, auch wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, die Mandantenübernahmeklausel sei durch die Parteien ausgehandelt und damit keine AGB (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB).

  • Ein Auskunfts- und Honorarabführungsanspruch besteht nicht, da eine spätere Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt von der Mandantenübernahmeklausel nicht erfasst wird. Dies ergibt eine Auslegung der Klausel, deren gesamte Begrifflichkeit („Honorare“; „Mandanten“) auf eine Abführungspflicht im Rahmen einer anschließenden freiberuflichen Tätigkeit hindeutet.

  • Im Übrigen wäre eine Mandantenübernahmeklausel, die eine Honorarabführung auch bei einer nachfolgenden Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt verlangt, als sog. verdeckte Mandantenschutzklausel wegen Umgehung der Pflicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung unwirksam (§§ 74 Abs. 2, 75d Satz 2 HGB).

Anmerkung: Das Urteil gilt auch für andere Anstellungsverhältnisse und ist somit auf angestellte Steuerberater anwendbar. Will der Arbeitgeber seine Mandate in einer solchen Konstellation (anschließende Angestelltentätigkeit des Arbeitnehmers) schützen, so muss er ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren, für das er Karenzentschädigung zu leisten hat.
Quelle: NWB Datenbank
Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt, Freiburg

Fundstelle(n):
NWB AAAAF-11585