Online-Nachricht - Dienstag, 30.06.2009

Vertrag von Lissabon | Vorerst keine Ratifizierung (BVerfG)

Das BVerfG hat heute entschieden, dass das deutsche Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Lissabon mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Allerdings verlangt das Gericht stärkere Mitwirkungsrechte von Bundestag und Bundesrat. Die sollen jetzt noch vor der Bundestagswahl Gesetz werden ( u.a.).


Hierzu führte das BVerfG weiter aus: Das Gesetz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestags und des Bundesrats in Angelegenheiten der Europäischen Union verstößt insoweit gegen das Grundgesetz, als Bundestag und Bundesrat im Rahmen von europäischen Rechtssetzungs- und Vertragsänderungsverfahren keine hinreichenden Beteiligungsrechte eingeräumt wurden (Art. 38 Abs. 1 i.V. mit Art. 23 Abs. 1 GG).
Obwohl das Grundgesetz ausdrücklich die europäische Integration vorsieht, darf nicht zu Lasten der Souveränität des deutschen Volkes gehen. Die EU ist kein Bundesstaat, sondern ein Verbund souveräner Staaten. Herren der Verträge sind und bleiben die Mitgliedsländer, bekräftigten die Richter noch einmal. Daraus folgt, dass dem deutschen Parlament hohe Verantwortung zukommt, wenn es um die Ausweitung europarechtlicher Kompetenzen geht. Alle Erweiterungen der Kompetenzen der EU muss das deutsche Parlament mit eigenen Gesetzen billigen. Vereinfachte Übertragungen von Rechten auf die EU, wie sie die Lissabon-Vertrag optional vorsieht, sind daher in Deutschland nicht zulässig. Das gilt auch für das Vetorecht im Ministerrat. Wenn der deutsche Vertreter künftig ein Veto einlegt, darf dieses nicht mehr ohne Zustimmung des Parlaments aufgegeben werden. Die von den Klägern als undemokratisch kritisierte Zusammensetzung des Europäischen Parlaments akzeptierten die Karlsruher Richter dagegen als zulässig. Das Europaparlament sei schließlich nicht mit einem nationalen Parlament vergleichbar. Schließlich gibt es kein europäisches Volk, das als Souverän das Parlament wählt. Deshalb sei es hinzunehmen, wenn die Abgeordneten in den Ländern mit unterschiedlich hohen Wählerstimmen gewählt werden könnten, befanden die Richter.Anmerkung: Der Vertrag von Lissabon soll die bestehenden völkerrechtlichen Vertragsgrundlagen des europäischen Integrationsverbandes (EG- und EU-Vertrag) ändern. Insbesondere sollen die Zuständigkeiten Brüssels erweitert, die EU schlanker, demokratischer und entscheidungsfreudiger werden. Der Vertrag tritt in Kraft, wenn ihn alle  Mitgliedstaaten nach ihren verfassungsrechtlichen Vorgaben ratifiziert haben.
Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte das o.g. Urteil, da es den Vertrag von Lissabon grundsätzlich nicht in Frage stellt. Die Kanzlerin erwartet, dass die erforderlichen Gesetzesänderungen noch im Laufe des Sommers in Kraft treten. Bundestag und Bundesrat wollen im August und September die vom BVerfG verlangten Gesetzesänderungen beschließen. So könnte der Vertrag von Lissabon rechtzeitig vor Ende des Jahres in allen Staaten der Europäischen Union (EU) ratifiziert sein. Allerdings müssen im Oktober noch die Iren in einer erneuten Volksabstimmung dem Vertrag zustimmen.Quelle: REGIERUNGonline
 


 

 

 

Fundstelle(n):
NWB MAAAF-11341