Online-Nachricht - Mittwoch, 05.02.2014

Einkommensteuer | Sind die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer aufteilbar? (BFH)

Können Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur steuerlich geltend gemacht werden, wenn der jeweilige Raum (nahezu) ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird und können diese Aufwendungen entsprechend der jeweiligen Nutzung aufgeteilt werden? Der IX. Senat des BFH hält eine solche Aufteilung für möglich und hat diese Rechtsfragen dem Großen Senat des BFH zur Entscheidung vorgelegt (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Fraglich war im Streitfall die Rechtsfrage, ob der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der jeweilige Raum (nahezu) ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH sowie nach Auffassung der Finanzverwaltung ist ein häusliches Arbeitszimmer ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist, vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dient und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu betrieblichen und/oder beruflichen Zwecken genutzt wird; eine untergeordnete private Mitbenutzung ist jedoch unschädlich (vgl. hierzu NWB FAAAD-62528, Rn. 3). Ob an dieser Auffassung nach Ergehen des Beschlusses des Großen Senats zur Aufteilung der Aufwendungen für eine gemischt veranlasste Reise ( NWB EAAAD-35188) noch festgehalten werden kann, war zuletzt mehrfach in Frage gestellt worden (vgl. z.B. NWB-Nachricht v. 1.8.2013).

Sachverhalt: Der Kläger des Ausgangsverfahrens bewohnt ein Einfamilienhaus, in dem sich auch ein - mit einem Schreibtisch, Büroschränken, Regalen sowie einem Computer ausgestattetes - sog. „häusliches“ Arbeitszimmer befindet. Von seinem Arbeitszimmer aus verwaltet der Kläger zwei in seinem Eigentum stehende vermietete Mehrfamilienhäuser. Die Kosten für das Arbeitszimmer machte der Kläger bei seinen Einkünften aus der Vermietung der Mehrfamilienhäuser geltend. Das Finanzamt hat die Kosten nicht zum Abzug zugelassen, da sog. gemischte Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach der gesetzlichen Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht abgezogen werden dürften.

Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Nach den Feststellungen des Finanzgerichts hat der Kläger nachweislich das Arbeitszimmer zu 60% zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt.

  • Das Finanzgericht hat daher entschieden, dass der Kläger 60% des von ihm geltend gemachten Aufwands als Werbungskosten geltend machen kann. Es wendet damit die Rechtsprechung des Großen Senats aus dem Jahr 2009 (BFH-Az. GrS 1/06), wonach für Aufwendungen, die sowohl beruflich/betriebliche als auch privat veranlasste Teile enthalten (gemischte Aufwendungen), kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot normiert ist, auch auf das häusliche Arbeitszimmer an.

  • Der vorlegende IX. Senat folgt dem. Er geht davon aus, dass Aufwendungen für abgeschlossene häusliche Arbeitszimmer, die (in zeitlicher Hinsicht) nur teilweise beruflich bzw. betrieblich genutzt werden, aufzuteilen sind. Der danach (anteilig) steuerlich zu berücksichtigende Aufwand ist nach Maßgabe der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG abzugsfähig.

Hinweis: Der Große Senat tritt nur zusammen, wenn er von einem Senat des BFH angerufen wird. Dies ist vor allem der Fall, wenn der vorlegende Senat in einer Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Senats abweichen will. Darüber hinaus ist - ohne dass eine Abweichung von einem anderen Senat vorliegt - eine Vorlage auch möglich, wenn eine grundsätzliche Rechtsfrage zu klären ist. Der Große Senat hat elf Mitglieder und trifft eine für den vorlegenden Senat verbindliche Entscheidung.

Quellen: NWB Datenbank und BFH, Pressemitteilung v.

Anmerkung: Der Vorlagebeschluss ist von weitreichender Bedeutung. Folgt der Große Senat dieser Auffassung, dann wird dies weitere Fragen aufwerfen, die der vorlegende IX. Senat ausdrücklich ausgeblendet hat. Nämlich die Frage der Behandlung der sog. Arbeitsecke im Wohnzimmer und das immer noch umstrittene Problem der Bilanzierung mit der Folge der Erfassung aller stillen Reserven des Wirtschaftsguts Arbeitszimmer, für das die Aufwendungen gar nicht oder nur teilweise abzusetzen waren. Steuerpflichtigen ist nur zu raten, entsprechende Fälle offen zu halten und – soweit davon betroffen – die genannten Fragen zum Gegenstand ihrer Einkommensteuererklärungen zu machen. Angesichts der Einlassung des dem Verfahren beigetretenen BMF ist auch nicht auszuschließen, dass eine missliebige Entscheidung des Großen Senats ein Nichtanwendungsgesetz nach sich zieht.

 

Fundstelle(n):
NWB BAAAF-10928