Online-Nachricht - Donnerstag, 21.11.2013

Zivilprozessrecht | Keine Zweitklage wegen weiteren Beratungsfehlers (BGH)

Wurde die Schadensersatzklage eines Kapitalanlegers wegen eines Beratungsfehlers gegen seine Bank rechtskräftig abgewiesen, so kann er wegen eines weiteren Beratungsfehlers nicht erneut Klage erheben ().

NWB EAAAE-48878 ).
Hintergrund: Die materielle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung steht der Zulässigkeit einer erneuten Klage und damit einer neuen Verhandlung und Entscheidung über denselben Streitgegenstand entgegen (§ 322 Abs. 1 ZPO). Im Einzelfall ist daher zu prüfen, ob der von der Rechtskraft erfasste Streitgegenstand mit dem der neuen Klage identisch ist.
Sachverhalt: Die Klägerin nimmt die beklagte Genossenschaftsbank aus abgetretenem Recht auf Rückabwicklung einer Beteiligung in Anspruch, nachdem ihr Ehemann aufgrund der Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten einen Fondsanteil in Höhe von 240.000 € gezeichnet hatte. Dieser hatte die Bank bereits unter Berufung auf eine nicht anleger- und objektgerechte Beratung vergeblich auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Vorliegend verlangt die Klägerin u. a. Schadensersatz in Höhe von 252.000 € wegen mehrerer Aufklärungs- und Beratungsfehler, erstmals jedoch mit der Begründung, die Bank habe pflichtwidrig erhaltene Rückvergütungen verschwiegen.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:

  • Der Zahlungsantrag der Klägerin ist wegen materieller Rechtskraft des Vorprozesses unzulässig.

  • Vorliegend ist nicht nur das auf Ersatz des investierten Kapitals gerichtete Rechtsschutzbegehren, sondern auch der Anspruchsgrund mit dem Vorprozess identisch.

  • Denn die einer Anlageentscheidung vorausgegangene Beratung stellt bei natürlicher Betrachtungsweise einen einheitlichen Lebensvorgang dar, der nicht in einzelne Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzungen aufgespalten werden kann.

  • Die Annahme verschiedener Streitgegenstände  -je nachdem, welchen Vorwurf der Anleger erhebt - wäre mit den durch das Institut der Rechtskraft verfolgten Zielen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens unvereinbar, weil der Anleger die vermeintlich unzureichende Beratung durch die bloße Ergänzung einzelner Tatsachen wiederholt zum Gegenstand gerichtlicher Verfahren machen könnte.

Anmerkung: Klärt eine Bank nicht über Provisionen auf, die sie für die Vermittlung von Kapitalanlagen erhält, so handelt es sich dabei um einen Beratungsfehler, der zu einem Schadensersatzanspruch des Anlegers führt ( NWB VAAAE-32583).
Quelle: NWB Datenbank
Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt Freiburg
 

Fundstelle(n):
NWB CAAAF-10611