Online-Nachricht - Montag, 14.10.2013

Familienrecht | Scheidung nach Alzheimererkrankung möglich (OLG)

Ein an einer Demenz vom Typ Alzheimer Erkrankter kann geschieden werden, wenn die Eheleute seit mehr als einem Jahr getrennt leben, der Erkrankte im Zusammenhang mit der Trennung einen natürlichen Willen zur Scheidung und Trennung gefasst hat und er die Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft abgelehnt hat. Der Scheidung steht dann nicht entgegen, dass der Erkrankte zum Schluss der mündlichen Verhandlung im familiengerichtlichen Verfahren aufgrund der fortgeschrittenen Erkrankung keinen Scheidungswillen mehr fassen kann ().


Sachverhalt: Der an einer Demenz vom Typ Alzheimer erkrankte, über 60 Jahre alte Antragsteller heiratete die ca. 20 Jahre jüngere Antragsgegnerin im Frühjahr des Jahres 2011. Ende des Jahres kam es nach rund achtmonatigem ehelichen Zusammenleben zur Trennung der Eheleute. Die in der Folgezeit für den Antragsteller bestellte Betreuerin reichte im Jahre 2012 einen Scheidungsantrag ein, dem die Antragsgegnerin mit der Begründung, dass der Antragsteller an der Ehe festhalten wolle, entgegengetreten ist.
Hierzu führte der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm weiter aus:

  • Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ehe gescheitert ist. Die Scheidung ist von dem durch seine Betreuerin vertretenen Antragsteller wirksam beantragt und der Antrag durch das zuständige Betreuungsgericht genehmigt worden.

  • Aus Sicht des Antragstellers ist die Ehe zerrüttet, eine Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht zu erwarten. Nachdem die Eheleute länger als ein Jahr getrennt gelebt haben, liegen die gesetzlichen Scheidungsvoraussetzungen vor, auch wenn die Antragsgegnerin an der Ehe festhalten will.

  • Dass sich der Antragsteller mit einer Trennungs- und Scheidungsabsicht von der Antragsgegnerin getrennt hat, hat die vom Familiengericht durchgeführte Beweisaufnahme ergeben.

  • Bei einer im Frühjahr 2012 im Rahmen seines Betreuungsverfahren durchgeführten richterlichen Anhörung hat der Antragsteller seinen Willen zur Trennung und Scheidung klar geäußert und zu diesem Zeitpunkt trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen noch wirksam äußern können. Das hat eine fachärztliche Stellungnahme bestätigt.

  • Im Zeitpunkt seiner Anhörung im familiengerichtlichen Verfahren ist die Erkrankung zwar schon so weit fortgeschritten, dass der Antragsteller die Bedeutung der Ehe und die einer Scheidung nicht mehr habe erfassen können. Das verbietet jedoch nicht die Scheidung, nachdem sich der Antragsteller aufgrund des Fortschritts seiner Erkrankung bereits in einem Zustand äußerster Eheferne befindet und sein zuvor gefasster Scheidungswille sicher feststellbar ist.

Quelle: OLG Hamm, Pressemitteilung v.
 

 

Fundstelle(n):
NWB KAAAF-10416