Online-Nachricht - Donnerstag, 16.05.2013

Reiserecht | Minderung des Reisepreises bei einer Kreuzfahrt (BGH)

Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat zur Minderung des Reisepreises bei einer Kreuzfahrt sowie zum Vorliegen einer erheblichen Beeinträchtigung einer Reise Stellung genommen ().

Hintergrund: Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern (§ 651c Abs. 1 BGB). Ist die Reise in diesem Sinne mangelhaft, so mindert sich für die Dauer des Mangels der Reisepreis (§ 651d Abs. 1 Satz 1 BGB). Wird die „erheblich beeinträchtigt“, so kann der Reisende wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen (§ 651f Abs. 2 BGB). Des Weiteren kann der Reisende den Vertrag kündigen (§ 651e Abs. 1 BGB).
Sachverhalt: Die Beklagte veranstaltete eine 14tägige Kreuzfahrt "Sommer in Grönland", an der Kunden des Klägers, der ein Touristikunternehmen betreibt, teilnahmen. Während der Kreuzfahrt kam es zu Abweichungen von der ursprünglichen Reiseplanung, z.B. wurden andere Fahrtrouten gewählt als vorgesehen, geplante Landgänge entfielen oder waren erheblich verkürzt. Da das Schiff verschmutztes Bunkeröl aufgenommen hatte, wodurch die Maschinenleistung herabgesetzt wurde, entfielen zudem die vorgesehenen Besuche der Färöer und der Orkney-Inseln. Mehrere Reisende brachen in Reykjavik die Kreuzfahrt ab und reisten anderweitig zurück; die übrigen Reisenden verbrachten die nachfolgenden Tage bis zur Ankunft in Kiel auf See. Die Beklagte erstattete 40% des Reisepreises.
Entscheidung der Vorinstanzen: Der Kläger macht aus abgetretenem Recht seiner Kunden u.a. eine Minderung von weiteren 40% des gezahlten Reisepreises, Kosten, die einzelnen Reisenden durch Kündigung und Abbruch der Reise entstanden sind, und Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit geltend. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Es hat angenommen, die Reise sei zwar mangelhaft gewesen, die Mängel seien aber durch die geleisteten Zahlungen abgegolten. Eine objektiv erhebliche Beeinträchtigung der gesamten Reise, die diese als Ganzes entwertet hätte, liege nicht vor, so dass auch Schadensersatzansprüche und Ansprüche wegen vertaner Urlaubszeit nicht gegeben seien.
Hierzu führte der BGH weiter aus:

  • Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist aufzuheben.

  • Das Berufungsgericht hat die Gesamtumstände, die die Reiseleistung beeinträchtigt haben, unzureichend berücksichtigt und zu Unrecht entscheidend darauf abgestellt, der grundlegende Charakter der Reise als "Grönland-Kreuzfahrt" sei nicht in Frage gestellt gewesen.

  • Dabei ist der Verlauf des zweiten Teils der Reise, bei dem der Aufenthalt in Reykjavik stark verkürzt wurde und die geplanten Besuche der Färöer und der Orkney-Inseln vollständig durch eine bloße verlangsamte Rückreise ersetzt wurden, nicht hinreichend berücksichtigt.

  • Das Berufungsgericht muss daher die Quote, um die der Reisepreis zu mindern ist, erneut prüfen.

  • Schon damit fehlt auch der Versagung eines Kündigungsrechts und eines Anspruchs auf eine angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit die Grundlage.

  • Im Übrigen setzen sowohl das Kündigungsrecht als auch der Entschädigungsanspruch eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise voraus.

  • Ob diese Erheblichkeitsschwelle überschritten ist, ist aufgrund einer Gesamtbewertung der Mängel der Reiseleistung zu beurteilen, für die die Minderungsquote nur einen Anhalt bietet.

Quelle: BGH, Pressemitteilung v.
 

Fundstelle(n):
NWB DAAAF-09673