BMF - IV C 4 - S 2223/07/0015: 015 BStBl 2015 I S. 745

Steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Hilfe für Flüchtlinge

Deutschland ist für viele Menschen, die ihr Heimatland verlassen, das Ziel einer langen und oft auch gefahrvollen Reise. Sie suchen Schutz, Sicherheit und Unterstützung. Bürgerinnen und Bürger und auch Unternehmen helfen mit persönlichem und finanziellem Engagement, um die Betreuung und Versorgung der vielen Ankommenden sicherzustellen. Zur Förderung und Unterstützung dieses gesamtgesellschaftlichen Engagements bei der Hilfe für Flüchtlinge werden im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder die nachfolgenden Verwaltungsregelungen getroffen.

Sie gelten für die nachfolgenden Maßnahmen, die vom bis durchgeführt werden.

I. Spenden

Vereinfachter Zuwendungsnachweis

Für alle Sonderkonten, die von inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, inländischen öffentlichen Dienststellen oder von den amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege einschließlich ihrer Mitgliedsorganisationen zur Förderung der Hilfe für Flüchtlinge eingerichtet wurden, gilt ohne betragsmäßige Beschränkung der vereinfachte Zuwendungsnachweis. Nach § 50 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a EStDV genügt in diesen Fällen als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung (z. B. Kontoauszug) eines Kreditinstitutes oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking. Nach § 50 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b Satz 1 EStDV gilt der vereinfachte Zuwendungsnachweis auch, soweit bis zur Errichtung eines Sonderkontos Zuwendungen auf ein anderes Konto der genannten Zuwendungsempfänger geleistet wurden.

Haben auch nicht steuerbegünstigte Spendensammler Spendenkonten zur Förderung der Hilfe für Flüchtlinge eingerichtet und zu Spenden aufgerufen, sind diese Zuwendungen steuerlich abziehbar, wenn das Spendenkonto als Treuhandkonto geführt wird und die Zuwendungen anschließend entweder an eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zur Förderung der Hilfe für Flüchtlinge weitergeleitet werden. Zur Erstellung von Zuwendungsbestätigungen muss dem Zuwendungsempfänger auch eine Liste mit den einzelnen Spendern und dem jeweiligen Anteil an der Spendensumme übergeben werden.

Unter folgenden Voraussetzungen ist bei Spendensammlungen nicht steuerbegünstigter Spendensammler zur Förderung der Hilfe für Flüchtlinge über ein als Treuhandkonto geführtes Spendenkonto auch ein vereinfachter Zuwendungsnachweis möglich:

Die gesammelten Spenden werden auf ein Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen überwiesen. Nach § 50 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b Satz 2 EStDV genügt als Nachweis in diesen Fällen der Bareinzahlungsbeleg, die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking des Spenders zusammen mit einer Kopie des Barzahlungsbelegs, der Buchungsbestätigung des Kreditinstituts oder des PC-Ausdrucks bei Online-Banking des nicht steuerbegünstigten Spendensammlers.

II. Spendenaktionen von gemeinnützigen Körperschaften zur Förderung der Hilfe für Flüchtlinge

Einer gemeinnützigen Körperschaft ist es grundsätzlich nicht erlaubt, Mittel für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden, die sie nach ihrer Satzung nicht fördert (§ 55 Absatz 1 Nummer 1 AO). Ruft eine gemeinnützige Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine hier in Betracht kommenden Zwecke – wie insbesondere mildtätige Zwecke oder Förderung der Hilfe für Flüchtlinge – verfolgt (z. B. Sportverein, Musikverein, Kleingartenverein oder Brauchtumsverein), zu Spenden zur Hilfe für Flüchtlinge auf, gilt Folgendes: Es ist unschädlich für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine zum Beispiel mildtätigen Zwecke fördert oder regional gebunden ist, wenn sie Mittel, die sie im Rahmen einer Sonderaktion für die Förderung der Hilfe für Flüchtlinge erhalten hat, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung für den angegebenen Zweck verwendet. In entsprechender Anwendung des AEAO zu § 53, Nr. 11, kann bei Flüchtlingen auf den Nachweis der Hilfebedürftigkeit verzichtet werden.

Es reicht aus. wenn die Spenden entweder an eine steuerbegünstigte Körperschaft, die zum Beispiel gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verfolgt, oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zur Förderung der Hilfe für Flüchtlinge weitergeleitet werden. Die gemeinnützige Einrichtung, die die Spenden gesammelt hat, muss entsprechende Zuwendungen, die sie für die Hilfe für Flüchtlinge erhält und verwendet, bescheinigen. Auf die Sonderaktion ist in der Zuwendungsbestätigung hinzuweisen.

III. Maßnahmen steuerbegünstigter Körperschaften zur Unterstützung von Flüchtlingen

Neben der Verwendung der eingeforderten Spendenmittel (Abschnitt II) ist es ausnahmsweise auch unschädlich für die Steuerbegünstigung der Körperschaft, wenn sie sonstige bei ihr vorhandene Mittel, die keiner anderweitigen Bindungswirkung unterliegen, ohne Änderung der Satzung zur unmittelbaren Unterstützung von Flüchtlingen einsetzt. In entsprechender Anwendung des AEAO zu § 53, Nr. 11, kann bei Flüchtlingen auf den Nachweis der Hilfebedürftigkeit verzichtet werden.

Werden vorhandene Mittel an andere steuerbegünstigte Körperschaften, die zum Beispiel mildtätige Zwecke verfolgen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Unterstützung von Flüchtlingen stehen, oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zu diesem Zweck weitergeleitet, ist dies nach § 58 Nummer 2 AO unschädlich für die Steuerbegünstigung der Körperschaft.

IV. Steuerliche Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen

Zuwendung als Sponsoring-Maßnahme

Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen sind entsprechend dem (BStBl 1998 I S. 212) zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen. Aufwendungen des sponsernden Steuerpflichtigen sind danach Betriebsausgaben, wenn der Sponsor wirtschaftliche Vorteile, die in der Sicherung oder Erhöhung seines unternehmerischen Ansehens liegen können, für sein Unternehmen erstrebt. Diese wirtschaftlichen Vorteile sind u. a. dadurch erreichbar, dass der Sponsor öffentlichkeitswirksam (z. B. durch Berichterstattung in Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen usw.) auf seine Leistungen aufmerksam macht.

V. Lohnsteuer

Arbeitslohnspende

Aus Billigkeits- und Vereinfachungsgründen gilt Folgendes:

Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung im Sinne des § 10b Absatz 1 Satz 2 EStG, bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert.

Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen (§ 4 Absatz 2 Nummer 4 Satz 1 LStDV). Auf die Aufzeichnung kann verzichtet werden, wenn stattdessen der Arbeitnehmer seinen Verzicht schriftlich erklärt hat und diese Erklärung zum Lohnkonto genommen worden ist.

Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 EStG) anzugeben.

Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht als Spende berücksichtigt werden.

VI. Aufsichtsratsvergütungen

Verzichtet ein Aufsichtsratsmitglied vor Fälligkeit oder Auszahlung auf Teile seiner Aufsichtsratsvergütung, gelten die unter Abschnitt V genannten Grundsätze sinngemäß. Da es sich auf Seiten der Gesellschaft gleichwohl um Aufsichtsratvergütungen und nicht um Spenden handelt, bleibt die Anwendung des § 10 Nummer 4 KStG davon unberührt.

VII. Umsatzsteuer

Das Umsatzsteuerrecht ist in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union insbesondere durch die Vorschriften der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) weitgehend harmonisiert. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die dort getroffenen Regelungen in nationales Recht umzusetzen. Die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie kennt keine Regelung, die es einem Mitgliedstaat zur Förderung der Hilfe für Flüchtlinge, wenn auch nur zeitlich und sachlich begrenzt, gestatten würde, von den verbindlichen Richtlinienvorschriften abzuweichen.

Sachliche Billigkeitsmaßnahmen bei unentgeltlichen Zuwendungen aus einem Unternehmen nach § 3 Absatz 1b und Abs. 9a UStG sind daher ebenso wenig möglich wie eine Ausweitung der Steuervergütung nach § 4a UStG.

VIII. Schenkungsteuer

Nach § 13 Absatz 1 Nummer 17 ErbStG sind Zuwendungen von der Schenkungsteuer befreit, die ausschließlich mildtätigen Zwecken im Sinne des § 53 AO gewidmet sind und sofern die Verwendung zu diesem Zweck gesichert ist.

BMF v. - IV C 4 - S 2223/07/0015: 015


Fundstelle(n):
BStBl 2015 I Seite 745
AO-StB 2015 S. 281 Nr. 10
DB 2015 S. 2302 Nr. 40
DStR 2015 S. 2240 Nr. 40
EStB 2015 S. 363 Nr. 10
ErbBstg 2015 S. 278 Nr. 11
ErbStB 2015 S. 325 Nr. 11
KSR direkt 2015 S. 12 Nr. 10
StB 2015 S. 345 Nr. 10
StBW 2015 S. 984 Nr. 25
UR 2015 S. 806 Nr. 20
JAAAF-04561