BGH Beschluss v. - 1 StR 162/13

Nötigung durch anwaltliches Mahnschreiben: Aus der Tat erlangter Vermögenswert; Urteilstenor bei Absehen von Verfall wegen entgegenstehender Ansprüche Verletzter

Leitsatz

1. Zur Nötigung durch ein anwaltliches Mahnschreiben.

2. Auch aus einer (versuchten) Nötigung kann der Täter etwas erlangen.

3. Zur Fassung des Urteilstenors bei einer Entscheidung gemäß § 111i Abs. 2 StPO.

Gesetze: § 73c StGB, § 240 Abs 1 StGB, § 240 Abs 2 StGB, § 240 Abs 3 StGB, § 111i Abs 2 StPO, § 260 Abs 4 StPO

Instanzenzug: LG Essen Az: 59 KLs 1/12

Gründe

1Der Angeklagte wurde wegen versuchter Nötigung in zwei Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Zudem wurde festgestellt, dass hinsichtlich eines Geldbetrages in Höhe von 139.690,33 Euro wegen entgegenstehender Ansprüche Verletzter nicht auf den Verfall von Wertersatz erkannt werden konnte (§ 111i Abs. 2 StPO). Die auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Dies bedarf der näheren Ausführung nur zu einigen Aspekten des Schuldspruchs wegen versuchter Nötigung sowie zu einigen Aspekten der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO. Im Übrigen verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts.

A.

I.

2Soweit hier von Bedeutung ergeben die rechtsfehlerfreien Urteilsfeststellungen folgenden Sachverhalt:

31. Zu den Betrügereien des gesondert verfolgten Ö.   :

4Ab März 2009 hatte der gesondert verfolgte Ö.   den Gewinnspieleintragungsdienst „e.    “ über die von ihm in der Schweiz gegründete T.               AG vertrieben, wobei diese sich externer - überwiegend in der Türkei ansässiger - Call-Center bediente. Auch die Verträge wurden in näher bezeichneter Weise telefonisch abgeschlossen; hierbei erteilten die Kunden auch die Ermächtigung zum Lastschrifteinzug. Eine Eintragung der Kunden als Teilnehmer an Gewinnspielen erfolgte nicht. Gleichwohl ließ Ö.    die Teilnehmerbeiträge bei den Kunden mittels des Lastschriftverfahrens einziehen.

5Nachdem es bei immer mehr Kunden aus unterschiedlichen Gründen zu Rücklastschriften gekommen war, wollte Ö.    diese Kunden durch ein Anwaltsschreiben so einschüchtern, dass sie die in Wahrheit unberechtigten Forderungen bezahlten.

6Außerdem hatte Ö.   Rücklastschriften aus einem anderweit vertriebenen „Gewinneintragungsprodukt“ namens „w.    “ angekauft. Er ging dabei davon aus, dass auch hier die Kunden tatsächlich nicht bei Gewinnspielen eingetragen worden waren. Anhaltspunkte dafür, dass er sich insoweit geirrt hätte, sind nicht ersichtlich.

72. Verabredung zwischen Ö.     und dem Angeklagten:

8Ö.    konnte den damals als Syndikus tätigen Angeklagten als „Inkassoanwalt“ für das „Masseninkasso“ gewinnen, nachdem er ihm Inhalt und Vertriebssystem der Gewinnspieleintragungsdienste erläutert hatte.

9Ö.    und der Angeklagte vereinbarten im Wesentlichen Folgendes:

10Der Angeklagte sollte je ein Mahnschreiben an die Kunden von „e.       “ und an die „Rücklastschriftkunden“ von „w.        “ entwerfen. Ö.    würde den jeweiligen Entwurf anschließend um die betreffenden Kundendaten ergänzen und dann als individualisierte Anschreiben an die Kunden von „e.         “ und „w.       “ versenden lassen. Schreiben von Kunden sollte der Angeklagte beantworten; soweit diese sich beschwerten, „kündigten“ oder Strafanzeige erstatteten, sollte er ohne weitere Rücksprache diesen etwa bereits früher geleistete Zahlungen zurückerstatten. Kunden, die nicht zahlten, sollten keinesfalls verklagt oder angezeigt werden.

11Wie viel Geld der Angeklagte für seine Tätigkeit - zur Ermöglichung von Steuerhinterziehung im Wesentlichen in bar - erhalten sollte, sollte letztlich von der Höhe der eingehenden Zahlungen abhängig sein. Weitere Einzelheiten wurden nicht festgelegt.

12Schriftlich niedergelegt wurde - soweit ersichtlich - nichts.

133. Zu den einzelnen „Mahnaktionen“:

14a) Erste „Mahnaktion“ (Tat Ziffer II.1 der Urteilsgründe):

15Abredegemäß entwarf der Angeklagte je ein Mahnschreiben an die Kunden von „e.     “ und an die Kunden von „w.      “.

16(1) Mahnschreiben „e.       “:

17Der Entwurf des Angeklagten für die Kunden von „e.        “ lautet auszugsweise wie folgt:

18Das in dem Entwurf genannte Konto hatte der Angeklagte eigens für Zahlungseingänge der Kunden von „e.      “ eingerichtet.

19(2) Mahnschreiben „w.      “:

20Der Entwurf des Angeklagten für die Kunden von „w.     “ stimmte weitgehend mit dem Entwurf des Schreibens von „e.       “ überein, auch hinsichtlich der geltend gemachten Geldbeträge. Lediglich der Hinweis auf die Teilnahme an „Gewinnspielen nicht jugendfreien Inhalts“ war hier entfallen. Außerdem war ein anderes - ebenfalls eigens hierfür eingerichtetes - Konto angegeben.

21(3) Abwicklung:

22Insgesamt ließ Ö.    ab dem bis Mitte Juli 2009 8.873 Briefe an Kunden von „e.      “ und „w.       “ versenden, was insgesamt zu einem Geldeingang in Höhe von 190.940,97 Euro auf den vom Angeklagten eingerichteten Konten führte. Es ist jedoch nicht sicher, ob die Kunden „nur aufgrund der Androhung mit einer Strafanzeige und nicht schon aufgrund des Drucks eines anwaltlichen Mahnschreibens gezahlt haben“.

23b) Zweite „Mahnaktion“ (Tat Ziffer II.2 der Urteilsgründe):

24Der Erfolg der ersten „Mahnaktion“ veranlasste Ö.    zu einer weiteren, im Ablauf identischen, aber noch umfangreicheren zweiten „Mahnaktion“.

25Er hatte hierfür die Schweizer Gesellschaft U.                AG gegründet. Diese kaufte Forderungen von insgesamt drei Firmen aus behaupteten Gewinnspieleintragungen gegen „Rücklastschriftkunden“. Eine dieser Firmen gehörte Ö.   selbst; an einer weiteren Firma war er hälftig beteiligt. Hinsichtlich der Eintragung dieser Kunden für Gewinnspiele verhielt es sich ebenso wie im Falle der angekauften Forderungen von „w.    “.

26Anfang November 2009 fertigte der Angeklagte auf Anforderung von Ö.    den Entwurf eines Mahnschreibens an diese „Rücklastschriftkunden“.

27Dieser Entwurf stimmte mit dem für „w.      “ erstellten Entwurf im Wesentlichen überein. Abweichungen ergaben sich zur Höhe der Hauptforderung; außerdem war auch hier ein vom Angeklagten ebenfalls neu eingerichtetes Konto angegeben.

28Der weitere Ablauf entspricht dem Ablauf der ersten „Mahnaktion“. Unter dem wurden Mahnschreiben an insgesamt 34.000 „Rücklastschriftkunden“ verschickt. Dies führte zum Eingang von insgesamt 667.715,09 Euro auf dem neuen Konto. Auch hinsichtlich des Grundes der Überweisungen gilt dasselbe wie bei der ersten „Mahnaktion“.

294. Weitere Geldbewegungen:

30a) Mit den Geldern, die auf den für die „Mahnaktionen“ eingerichteten (insgesamt also drei) Konten eingegangen waren, geschah zunächst Folgendes:

31Insgesamt überwies der Angeklagte auf ein Konto der Firma T.                 AG 167.157,20 Euro und auf ein Konto der U.                        AG des Ö. 645.000 Euro. An Kunden, die sich beschwert hatten, überwies der Angeklagte deren frühere Zahlungen von insgesamt 6.808,53 Euro zurück.

32Auf sein eigenes Privatkonto transferierte der Angeklagte insgesamt 38.702,88 Euro. Nachdem zwei der für die Mahnaktionen eingerichteten Konten aufgelöst wurden, weil die Bank diese gekündigt hatte, flossen dem Angeklagten auch die dort noch vorhandenen Restguthaben in Höhe von insgesamt 987,45 Euro zu.

33b) Außerdem erhielt der Angeklagte Ende 2009 von Ö.      in der Schweiz (mindestens) 100.000 Euro in bar.

34Im Zuge der Mahnaktionen flossen dem Angeklagten also dauerhaft insgesamt 139.690,33 Euro zu, ohne dass eine Abrechnung erfolgt wäre.

355. Zu den Vorstellungen des Angeklagten:

36Der Angeklagte hatte es als „pfiffig“ empfunden, dass Ö.     durch die Einschaltung in der Türkei ansässiger Call-Center - so die Auffassung des Angeklagten - die „deutschen Vorschriften des unlauteren Wettbewerbs“ umgangen hätte.

37Er hielt es für möglich, dass Ö.    die Mahnschreiben an alle Kunden versenden würde, bei denen es zu einer Rücklastschrift gekommen war, also auch an solche, die die Lastschrift von sich aus rückgängig gemacht hatten. Er nahm dabei an, dass die Kunden unter anderem wegen der telefonischen Akquise ein „jederzeitiges Widerrufsrecht nach § 312 BGB“ hätten.

38Dies war nach der Auffassung des Angeklagten der Grund dafür, dass bei Strafanzeigen, Beschwerden und „Kündigungen“ durch die Kunden bereits geleistete Zahlungen zurückerstattet werden sollten, während Kunden, die nicht bezahlten, entgegen der Androhung in den Mahnschreiben keinesfalls verklagt oder angezeigt werden sollten.

39Die Strafkammer konnte nicht feststellen, dass der Angeklagte zu irgendeinem Zeitpunkt wusste, dass die Forderungen trotz unterbliebener Eintragung der Kunden in die Gewinnspiele und damit betrügerisch geltend gemacht wurden. Daran änderte sich auch nichts, nachdem der Angeklagte im weiteren Verlauf schon kurz nach Versendung der ersten Mahnschreiben im Juni 2009 von Strafanzeigen gegen die T.              AG erfuhr und er Beschwerdeschreiben von Kunden erhielt, die geltend machten, dass sie den Vertrag schon zuvor „widerrufen“ hätten.

II.

40Die Strafkammer hat diese Feststellungen, soweit hier von Interesse, wie folgt rechtlich gewürdigt:

411. Durch die Ankündigung in den Mahnschreiben, gegebenenfalls behalte sich seine Mandantin die Einschaltung der Staatsanwaltschaft zur Überprüfung des Betrugsverdachts - also eine Strafanzeige - vor, habe der Angeklagte mit einem empfindlichen Übel gedroht. Er habe damit, so bringt die Strafkammer in der Sache zum Ausdruck, nicht etwa nur ein von ihm unbeeinflusstes mögliches Verhalten seiner Mandantin angekündigt; vielmehr habe er aus der Sicht eines verständigen Lesers vorgegeben, Einfluss auf diese Entscheidung der Mandantin zu haben, zumal er in den Schreiben auch ankündigte, er werde die rechtlichen Interessen seiner Mandantin konsequent durchsetzen.

42Auch wenn der Angeklagte vom Kern der Betrügereien des Ö.     keine Kenntnis gehabt habe, folge die Verwerflichkeit seines Verhaltens (§ 240 Abs. 2 StGB) aus seinen tatsächlichen und rechtlichen Vorstellungen beim Abfassen der Mahnschreiben. Da der Grund der Zahlung im Einzelfall nicht genau feststellbar sei (vgl. oben A.I.3.a.3. und A.I.3.b.), sei nur von Versuch auszugehen.

432. Der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO liegt ein Verfallsbetrag in Höhe von 139.690,33 Euro (zu dessen Zusammensetzung vgl. bereits oben unter A.I.4.) zu Grunde. Es bestünde auch keine Veranlassung zu einer Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB, insbesondere sei ein Wegfall der Bereicherung (vgl. § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB) nicht erkennbar.

B.

I.

44Der Schuldspruch wegen versuchter Nötigung enthält keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.

451. Zu Recht hat die Strafkammer den Hinweis des Angeklagten, seine Mandantin behalte sich im Falle der Nichtzahlung die Erstattung einer Strafanzeige vor, als (versuchte) Nötigung im Sinne von § 240 StGB gewertet.

46Eine Nötigung setzt voraus, dass mit einem Übel (a.) gedroht wird (b.), wobei das Übel empfindlich sein muss (c.). Außerdem muss die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck gemäß § 240 Abs. 2 StGB als verwerflich anzusehen sein (d.).

47a) Bei einem Übel handelt es sich um eine künftige nachteilige Veränderung der Außenwelt (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 240 Rn. 32; Toepel in NK-StGB, 4. Aufl., § 240 Rn. 103). Dies trifft für eine Strafanzeige zu, weil daraus zumindest ein Ermittlungsverfahren mit seinen vielfältigen nachteiligen Folgen erwachsen kann (vgl. Kudlich/Melloh, JuS 2005, 912; weitere Nachweise bei Sinn in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 240 Rn. 78).

48b) Der Täter droht mit einem Übel, wenn er (sei es zutreffend oder nicht) behauptet, er habe auf dessen Eintritt Einfluss (vgl. ; zusammenfassend Fischer aaO Rn. 31 mwN). Soll das Übel von einem Dritten verwirklicht werden, muss er also die Vorstellung erwecken wollen, er könne den Dritten in der angekündigten Richtung beeinflussen und wolle dies für den Fall der Verweigerung des verlangten Verhaltens auch tun (vgl. , NStZ 2009, 692, 693; Träger/Altvater in LK-StGB, 11. Aufl., § 240 Rn. 56; insoweit vergleichbar zur Erpressung , NStZ-RR 2007, 16; Urteil vom - 2 StR 284/54, BGHSt 7, 197, 198 jew. mwN). Andernfalls läge lediglich eine nicht von § 240 StGB erfasste Warnung vor (vgl. , NStZ 2009, 692, 693; Urteil vom - 4 StR 393/56, NJW 1957, 596, 598).

49Allerdings kann eine scheinbare Warnung eine Drohung enthalten (Vogel in LK-StGB, 12. Aufl., § 253 Rn. 8). Die Abgrenzung von Warnung und Drohung ist ebenso aus der Sicht des Empfängers zu bestimmen wie die Frage, ob das, was angekündigt ist, ein empfindliches Übel ist (vgl. hierzu ; Vogel aaO Rn. 7).

50Der Angeklagte hat in dem Schreiben mitgeteilt, die rechtlichen Interessen der Mandantin würden nunmehr von ihm wahrgenommen. Die Forderung der Mandantin sei berechtigt und er werde sie konsequent durchsetzen. Zahlungen seien auf sein Konto zu leisten. Dieser Gesamtzusammenhang des Briefes ergibt, dass der Angeklagte mit der von ihm gewählten Formulierung, die „Mandantin“ behalte sich die Erstattung einer Strafanzeige vor, zwar vordergründig lediglich gewarnt hat, aber dennoch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, er habe auf die Erstattung einer Strafanzeige maßgeblichen Einfluss. Daher ist nicht ersichtlich, dass die Strafkammer mit der Annahme, der Angeklagte habe sich selbst Einfluss auf die Erstattung einer Strafanzeige zugeschrieben, die Grenzen möglicher tatrichterlicher Auslegung überschritten haben könnte (vgl. speziell zur Ankündigung eines Rechtsanwalts, der Mandant werde Strafanzeige erstatten Kudlich/Melloh, JuS 2005, 912 Fn. 4).

51c) Empfindlich im Sinne von § 240 Abs. 1 StGB ist ein angedrohtes Übel, wenn der in Aussicht gestellte Nachteil so erheblich ist, dass seine Ankündigung den Bedrohten im Sinne des Täterverlangens motivieren kann (vgl. Fischer aaO § 240 Rn. 32a mwN).

52Die Androhung einer Strafanzeige ist im Grundsatz geeignet, den Bedrohten zur Begleichung geltend gemachter Geldforderungen zu motivieren.

53Besonderheiten des Einzelfalls, die dazu führten, dass die Empfindlichkeit des Übels - auch unter Berücksichtigung normativer Gesichtspunkte - gleichwohl zu verneinen wäre, sind hier nicht zu erkennen.

54Derartige Besonderheiten können insbesondere dann vorliegen, wenn und soweit gerade von dem Bedrohten in seiner (häufig: beruflichen) Lage erwartet werden kann, dass er der Drohung in besonnener Selbstbehauptung standhält (, NStZ 1992, 278 [Bedrohung eines Vorgesetzten mit der Aufdeckung angeblicher Straftaten Untergebener]; , NJW 1976, 760 [Bedrohung eines Beamten mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde]; in vergleichbarem Sinne [zu § 105 StGB] auch , BGHSt 32, 165, 174; vgl. auch Horn/Wolters in SK-StGB, 59. Lfg., § 240 Rn. 10).

55Vergleichbare Besonderheiten liegen hier nicht vor. Die Empfänger der Schreiben befanden sich in keiner Lage, die das Gewicht der Bedrohung mit einer gegen sie gerichteten Strafanzeige verringern könnte. Vielmehr erlangte für sie die Drohung durch das Mahnschreiben eines Rechtsanwalts ein besonderes Gewicht, wie dies auch beabsichtigt war. Ebenso wie die Position des Bedrohten das Gewicht einer Drohung mindern kann, kann es sich - wie hier - durch die berufliche Stellung des Drohenden erhöhen.

56Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Revision, wonach hier deshalb nicht mit einem empfindlichen Übel gedroht sei, weil Verbraucher ein „besonderes Interesse“ daran hätten, sich einem Straf- oder Zivilverfahren zu stellen, in dem es um die von ihnen bestrittene Inanspruchnahme von Leistungen geht (so missverständlich OLG Karlsruhe, NStZ-RR 1996, 296 [unter Hinweis auf , NStZ 1992, 278] für einen Streit über die Inanspruchnahme von Leistungen aus Telefonsexverträgen). Ein derartiger Rechts- oder Erfahrungssatz besteht nicht.

57d) Rechtswidrig im Sinne von § 240 Abs. 2 StGB ist die Androhung eines Übels, wenn sie im Verhältnis zum jeweilig angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

58(1) Dies ist dann der Fall, wenn die Verquickung von Mittel und Zweck mit den Grundsätzen eines geordneten Zusammenlebens unvereinbar ist, sie also »sozial unerträglich« ist (so schon , BGHSt 18, 389, 391; vgl. auch Träger/Altvater in LK-StGB, 11. Aufl., § 240 Rn. 69, 86; die in diesem Zusammenhang auch verwendete, inhaltlich identische Formulierung, wonach verwerflich sei, was »nach richtigem allgemeinem Urteil sittlich zu missbilligen« sei, geht auf noch ältere Rechtsprechung [BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom - GSSt 2/51, BGHSt 2, 194, 196] zurück).

59(2) Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht darin, dass die objektive Lage und die Kenntnis des Angeklagten auseinanderfielen.

60Objektiv hat der Angeklagte Ö.    darin unterstützt, Geld für nicht erfolgte Eintragungen in Gewinnspiele einzutreiben. Es bedarf keiner Darlegung, dass dies im aufgezeigten Sinne verwerflich ist.

61Demgegenüber hat die Strafkammer aber nicht festgestellt, dass der Angeklagte Betrügereien oder sonstiges unseriöses Gebaren von Ö.    für möglich hielt.

62Wäre nicht schon bei dem Sachverhalt, den der Angeklagte sich vorstellte, die Drohung mit der Strafanzeige als verwerflich anzusehen, läge letztlich ein Tatbestandsirrtum vor, der den Vorsatz ausschließt (vgl. schon , LM § 240 StGB Nr. 3; Toepel aaO § 240 Rn. 195).

63So verhält es sich hier nicht.

64aa) Wie dargelegt, gingen die Vereinbarungen zwischen Ö.   und dem Angeklagten dahin, jede Befassung von Staatsanwaltschaft und/oder Gericht mit den Vorgängen zu vermeiden. Eigene Ansprüche sollten dort nicht geltend gemacht, geltend gemachte Ansprüche von Kunden sollten ohne Weiteres umgehend voll erfüllt werden.

65Dies kann den Angeklagten jedenfalls nicht in der Auffassung bestärkt haben, die Forderungen Ö.   s seien ordnungsgemäß zustande gekommen, sondern belegt, dass ihm die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen Ö.   und seinen Kunden gleichgültig waren. Dem entspricht, dass Kundenbeschwerden ohne irgendeine Überprüfung immer Erfolg hatten. Da aber diese zivilrechtlichen Beziehungen von der Frage, ob und inwieweit sich die Kunden in irgendeiner Weise strafbar gemacht haben können, nicht zu trennen ist, war ihm auch dies gleichgültig. Hierauf hebt die Strafkammer zu Recht ab. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Strafkammer eine gebotene Erörterung gegenläufiger Gesichtspunkte (vgl. ) unterlassen hätte. Vielmehr verfasste er auch dann noch weitere, im Kern unveränderte Entwürfe, die er Ö.    uneingeschränkt zur Verfügung stellte, nachdem die erwarteten Beschwerdeschreiben von Kunden und Strafanzeigen kurz nach Versendung der ersten Mahnschreiben im Juni 2009 eingegangen waren.

66bb) Ebenso wenig ist unter diesen Umständen ersichtlich, dass die Strafkammer gehalten gewesen wäre, aus den nur schwer nachvollziehbaren rechtlichen Erwägungen des Angeklagten (sie gingen von Haustürwiderrufsgeschäften aus, obwohl Fernabsatzverträge vorlagen) auf Vorstellungen des Angeklagten zu schließen, die - träfen sie zu - sein Verhalten nicht als verwerflich erscheinen ließen.

67cc) Dies gilt auch, soweit die Revision geltend macht, die Strafkammer hätte näher bezeichnete Möglichkeiten von rechtlichen Detailüberlegungen des Angeklagten über formale Fragen des Widerrufsrechts erwägen müssen.

68Naheliegende und damit erörterungsbedürftige Möglichkeiten zeigt sie damit nicht auf (vgl. , wistra 2013, 67, 68).

69Vielmehr hat der Angeklagte es Ö.    ermöglicht, seine Berufsbezeichnung als Anwalt einzusetzen, um dadurch generell die Position der Adressaten als faktisch aussichtslos erscheinen zu lassen. Letztlich sollten auf diese Weise juristische Laien durch die Autorität eines Organs der Rechtspflege zur Hinnahme der nur scheinbar vom Angeklagten stammenden Wertungen veranlasst werden. Der Angeklagte wollte, dass sie sich lediglich noch vor die Wahl gestellt sahen, entweder - als kleineres Übel - die Forderungen des Ö.   sofort zu erfüllen, ohne dass es aus seiner Sicht darauf ankam, ob die Forderungen berechtigt waren oder nicht, oder andernfalls mit größeren Übeln rechnen zu müssen (vgl. hierzu schon OLG Karlsruhe, Die Justiz 1981, 212, 213). Dies waren neben einer zivilrechtlichen Verurteilung, Konten- und Gehaltspfändungen, Negativeinträgen in Kreditauskunfteien und - teilweise - einer öffentlichen Erörterung der Teilnahme an Gewinnspielen „nicht jugendfreien Inhalts“ auch die Erstattung einer Strafanzeige wegen Betruges.

70dd) Auf dieser Grundlage hat die Strafkammer die Verquickung von Mittel und Zweck im Ergebnis zutreffend als verwerflich im Sinne von § 240 Abs. 2 StGB bewertet.

71Angesichts der Eindeutigkeit dieses Ergebnisses (vgl. allgemein zur revisionsrechtlichen Bedeutung eindeutiger Ergebnisse , NJW 2013, 2530, 2536; Urteil vom - 2 StR 239/02, NStZ 2003, 657) können die weiteren von der Strafkammer noch angestellten Erwägungen (z.B. zur gesonderten Geltendmachung von als nicht gerechtfertigt bewerteten Anwaltsgebühren) ebenso auf sich beruhen wie das hiergegen gerichtete Vorbringen der Revision.

722. Es beschwert den Angeklagten nicht, dass er lediglich wegen versuchter Nötigung verurteilt wurde. Die Strafkammer hat offenbar daraus, dass es im Strafprozess keinen Beweis des ersten Anscheins gibt (st. Rspr.; vgl. nur mwN), gefolgert, dass die Kausalität der Drohung für die Zahlung nur festzustellen sei, wenn hierüber bei jedem einzelnen Kunden - und damit insgesamt in nicht leistbarem Umfang (vgl. , NStZ 2011, 294, 295 mwN) - Beweis erhoben würde (zur sachgerechten Handhabung derartiger Fälle, auch schon im Ermittlungsverfahren, vgl. , NStZ 2013, 422, 423 f.).

II.

73Die Feststellung der Strafkammer, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt werden kann, weil Ansprüche von Verletzten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen (§ 111i Abs. 2 StPO), weist im Ergebnis keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

741. Verfall bzw. Verfall von Wertersatz kann gemäß § 73 StGB, § 73a StGB sowohl dann angeordnet werden, wenn dem Täter etwas »für die Tat« zugeflossen ist, als auch dann, wenn es ihm »aus der Tat« zugeflossen ist. Eine Feststellung, wonach von Verfall bzw. Verfall von Wertersatz im Hinblick auf entgegenstehende Ansprüche Dritter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen wird (§ 111i Abs. 2 StPO), setzt dagegen voraus, dass dem Täter etwas »aus der Tat« zugeflossen ist. Diese Feststellung ist hingegen nicht möglich, wenn dem Täter etwas »für die Tat« zugeflossen ist (vgl. , wistra 2013, 347, 350; Beschluss vom - 4 StR 447/10, BGHR StPO § 111i Abs. 2 Anwendungsbereich 1; zweifelnd demgegenüber noch , wistra 2009, 350).

75Dies beruht letztlich darauf, dass Vermögenswerte des Opfers dem Täter nur »aus der Tat« zufließen können, wie dies insbesondere bei der Tatbeute (vgl. hierzu , NJW 2012, 2051; Beschluss vom - 4 StR 447/10, BGHR StPO § 111i Abs. 2 Anwendungsbereich 1; Beschluss vom - 4 StR 277/10, NStZ-RR 2011, 283; Urteil vom - 1 StR 169/02, BGHR StGB § 73 Erlangtes 4) der Fall ist. Hingegen gehörten Vermögenswerte, die dem Täter »für die Tat« zugeflossen sind (z.B. eine Belohnung; vgl. , NJW 2012, 2051; Beschluss vom - 4 StR 447/10, BGHR StPO § 111i Abs. 2 Anwendungsbereich 1; Beschluss vom - 1 StR 169/02, BGHR StGB § 73 Erlangtes 4), zuvor nicht notwendig zum Vermögen des Opfers.

76Daher unterliegt das für die Tat Erlangte dem Verfall ohne Rücksicht auf Ansprüche Verletzter (vgl. , NJW 2012, 2051 mwN; Schmidt in LK-StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 40; Burghart in SSW-StGB, § 73 Rn. 37).

77Auf dieser Grundlage hat der Bundesgerichtshof in einem Fall, in dem wie hier, nur der Angeklagte Revision eingelegt hatte, aus dem Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) Folgendes gefolgert:

78Der Ausspruch, dass nur deshalb nicht (Wertersatz-)Verfall angeordnet wurde, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen, muss ersatzlos entfallen, wenn das, was dem Täter zugeflossen ist, ihm entgegen der Auffassung des Tatrichters nicht aus der Tat, sondern für die Tat zugeflossen ist (, BGHR StPO § 111i Abs. 2 Anwendungsbereich 1; vgl. auch ).

792. Die Urteilsgründe tragen die (inzident getroffene) Wertung, dass dem Angeklagten etwas aus der Tat zugeflossen ist (a.). Anders als die Revision meint, wird dies auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Angeklagte nur wegen versuchter Nötigung verurteilt wurde (b.) und dass er nicht wusste, dass die von ihm angemahnten Forderungen auf betrügerischer Grundlage beruhten (c.). Ist aber dem Angeklagten etwas »aus der Tat« zugeflossen, so kann ihn die darauf aufbauende Feststellung, von Verfall bzw. Verfall von Wertersatz werde nur wegen entgegenstehender Ansprüche Verletzter abgesehen (§ 111i Abs. 2 StPO), nicht beschweren (d.).

80a) Die Strafkammer hat ohne einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler einen Verfallsbetrag in Höhe von 139.690,33 Euro angenommen.

81Dieser Betrag setzt sich ganz überwiegend aus den Teilbeträgen zusammen, die sich der Angeklagte unmittelbar aus den eingegangen Kundengeldern selbst überwiesen hat, und den 100.000 Euro, die er in bar von Ö.   entgegennahm (zur Berechnung im Einzelnen vgl. unter A.I.4.). Es kann dabei auf sich beruhen, dass die gesamten Kundengelder zunächst auf Konten des Angeklagten eingegangen waren („auf mein unten angegebenes Konto“) und schon deshalb seinem Zugriff unterlagen. Es beschwert den Angeklagten jedenfalls nicht, dass die Strafkammer diesem Gesichtspunkt bei der Berechnung des Verfallsbetrages nicht näher nachgegangen ist (vgl. hierzu , NJW 2012, 92, 93; Beschluss vom - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565).

82(1) Es bedarf keiner näheren Erörterung, dass es sich bei den Kundengeldern, die sich der Angeklagte im Einverständnis mit Ö.   , aber ohne spezifizierte Abrechnung, auf sein Privatkonto weiterleitete, um Anteile der Tatbeute handelte.

83(2) Für die 100.000 Euro, die er in bar von Ö.   entgegennahm, gilt im Ergebnis nichts anderes.

84Der Senat verkennt dabei nicht, dass bei Zahlungen, die ein Rechtsanwalt im Zusammenhang mit dem (sei es auch kriminellen) Eintreiben von Geldforderungen erhält, die Annahme einer Belohnung im Ansatz nicht fernliegend erscheint. In diese Richtung könnte auch die Feststellung die Strafkammer deuten, der Angeklagte habe den Bargeldbetrag in Höhe von 100.000 Euro als „Bezahlung seiner Tätigkeit“ (UA S. 14) entgegengenommen.

85Eine derartige Bewertung widerspräche aber den hier festgestellten Umständen des Einzelfalls:

86Die einzige - jedenfalls ansatzweise - getroffene Vereinbarung über Geld ging dahin, dass die Höhe des Betrages für den Angeklagten letztlich davon abhängen sollte, wie viel Geld aufgrund der Schreiben eingehen würde (zur indiziellen Bedeutung dieses Umstandes vgl. Saliger in NK-StGB, 4. Aufl., § 73 Rn. 5 mwN). Es ist nicht ersichtlich, das jemals - etwa nach den Regeln zur Vergütung von Anwaltstätigkeit - abgerechnet worden wäre; die 100.000 Euro waren ersichtlich eine nicht im Einzelnen errechnete pauschale Summe. Diese Summe hatte der Angeklagte auch „aus der Tat“ erlangt; der Umstand, dass der Angeklagte zuvor den größten Teil der eingegangenen Kundengelder an Firmen des Ö. überwiesen hatte, steht dem nicht entgegen: Vermögenswerte sind auch dann im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aus einer Tat erlangt, wenn sie zwischenzeitlich einem anderen Tatbeteiligten zugeflossen waren (in vergleichbarem Sinne , NStZ-RR 2012, 81, 82 mwN).

87b) Die Revision meint, dem Angeklagten sei schon deswegen nichts „unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands“ zugeflossen, weil die Kunden nicht wegen der Drohung mit der Strafanzeige gezahlt hätten und er dementsprechend nur wegen versuchter Nötigung verurteilt worden sei.

88Der Senat teilt diese Auffassung nicht.

89Die Tat des Angeklagten bestand in einer rechtswidrigen Erklärung, die deren Empfänger zu einer Zahlung veranlassen sollte und auch zu einer Zahlung veranlasst hat. Daher liegt ein unmittelbarer Vermögenszufluss vor, obwohl die Vollendung der beabsichtigten Tat aus Gründen, die vom Verhalten des Angeklagten unabhängig waren, nicht festgestellt werden konnte. Für einen Fall versuchten Betrugs, der in den aufgezeigten zentralen Punkten mit der vorliegenden Fallgestaltung übereinstimmt, hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass der Täter auch aus einer nur versuchten rechtswidrigen Tat etwas im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangen kann (vgl. , NStZ 2011, 83, 85 mwN; zum Verfall bei Erlangung rechtswidriger Vermögensvorteile durch ein nur versuchtes Vermögensdelikt vgl. auch Saliger aaO § 73 Rn. 17b).

90Da einem Täter nicht nur aus einem Vermögensdelikt etwas im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB zufließen kann, gelten hier auch nicht deswegen andere Grundsätze, weil die zugrunde liegende Tat eine versuchte Nötigung und nicht ein versuchter Betrug ist.

91c) Darüber hinaus meint die Revision, Verfall käme auch deswegen nicht in Betracht, weil der Angeklagte nicht „in Kenntnis des Nichtbestehens von Forderungen unter Vorspiegelung von deren Existenz … Gelder eingetrieben“ habe, er also insoweit gutgläubig gewesen sei.

92Auch diese Auffassung teilt der Senat nicht.

93(1) Der Angeklagte war zwar über sein eigenes strafbares Verhalten hinaus nicht auch Tatbeteiligter an der Tat des Ö.   , weil er unbeschadet seines eigenen strafbaren Verhaltens (aus Gleichgültigkeit) davon ausging, dass die von ihm geforderten Zahlungen möglicherweise zivilrechtlich gerechtfertigt seien. Dies ändert aber nichts daran, dass er unmittelbar den von ihm mit Hilfe seines strafbaren Verhaltens erstrebten Vermögenszufluss bewirkte. Dementsprechend sind ihm die hier in Rede stehenden Vermögenswerte unmittelbar aus der Verwirklichung des von ihm erfüllten Tatbestands zugeflossen. Die daher gebotene Verfallsentscheidung kann nicht durch sonstige Irrtümer in Frage gestellt werden, die die Erfüllung des Straftatbestands unberührt lassen.

94(2) Besonderheiten, die für den Fall gelten, dass „der Täter oder Teilnehmer einem gutgläubigen Dritten Tatvorteile … in Erfüllung einer nicht bemakelten entgeltlichen Forderung, deren Entstehung und Inhalt in keinem Zusammenhang mit der Tat stehen“, zuwendet (, BGHSt 45, 235, 247, sog. Erfüllungsfall), haben nur bei in jeder Hinsicht tatunbeteiligten Dritten (§ 73 Abs. 3 StGB) Bedeutung.

95d) Auch im Übrigen weist die Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.

96Der Angeklagte ist in einer Fallgestaltung, bei der ihm - wie hier - »aus der Tat« etwas zugeflossen ist, im Grundsatz nicht beschwert, wenn von der sonst gebotenen Verfallsanordnung nur wegen entgegenstehender Ansprüche Verletzter abgesehen wurde (vgl. umgekehrt zu einer Beschwer durch eine Verfallsanordnung ohne Berücksichtigung von Verletztenansprüchen , NStZ 2010, 693, 694). Dies folgt daraus, dass eine solche Entscheidung keine Ansprüche der Geschädigten begründet. Sie erlangt erst dann Bedeutung, wenn sich der Geschädigte in eigener Verantwortung nach den hierfür geltenden Regeln einen vollstreckbaren Titel gegen den Angeklagten beschafft hat und aus diesem vollstreckt. Dann stehen ihm bei der Vollstreckung in die beschlagnahmten Vermögenswerte privilegierte Möglichkeiten zu.

97Unterbleiben derartige Vollstreckungen, etwa weil die Bemühungen eines Geschädigten um einen Titel scheitern oder - bei kleineren Schadenssummen häufiger - er sich hierum nicht bemüht, fällt beschlagnahmtes, aber wegen entgegenstehender Ansprüche nicht für verfallen erklärtes Vermögen nicht an den (ehemaligen) Angeklagten zurück, sondern es fällt im Rahmen des sog. Auffangrechtserwerbs (vgl. § 111i Abs. 5 StPO) dem Staat zu.

98Dies belegt, dass sich allein die fehlerhafte Annahme von Ansprüchen Verletzter in Fällen, in denen rechtsfehlerfrei festgestellt ist, dass dem Angeklagten aus der Tat etwas zugeflossen ist, nicht zum Nachteil des Angeklagten auswirkt.

99Nach alledem war die Revision als unbegründet zu verwerfen.

C.

100Jedoch hat der Senat entsprechend § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO den Tenor des angefochtenen Urteils hinsichtlich der Verfallsentscheidung dahin neu gefasst, dass die beiden Elemente der Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO

- dem Täter ist aus der Tat ein (ggf. gemäß § 73c StGB und/oder § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO verminderter) Vermögenswert zugeflossen;

- von der sonst gebotenen Anordnung von Verfall bzw. Wertersatzverfall wird gleichwohl wegen entgegenstehender Ansprüche Verletzter abgesehen,

schon im Urteilstenor ausdrücklich genannt sind (so im Ergebnis z.B. auch ; vgl. auch , wistra 2009, 241).

101Die Feststellung, dass dem Täter etwas aus der Tat zugeflossen ist, ist allerdings in der vom Landgericht gebrauchten Fassung, dass „festgestellt (wird), dass gegen den Angeklagten wegen eines Geldbetrages von 139.690,33 Euro lediglich deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen“, inzident enthalten. Dies entspricht nach der Erfahrung des Senats üblicher Handhabung.

102Die aufgezeigte Ergänzung des Tenors erscheint jedoch mit Blick auf die Anfechtungsmöglichkeiten des Angeklagten geboten:

103Dieser kann zwar durch Rechtsfehler im Zusammenhang mit dem ersten der beiden Elemente beschwert sein, nicht aber durch solche, die allein mit dem zweiten der beiden Elemente zusammenhängen. Revisionsentscheidungen, die sich an der Formulierung herkömmlich abgefasster Urteile orientieren und deswegen dahin lauten, die Feststellung, dass der Anordnung von Verfall (oder Wertersatzverfall) Ansprüche Verletzter entgegenstünden, werde aufgehoben (vgl. z.B. ), erwecken einen gegenteiligen Eindruck. Nach dem Entscheidungstenor scheint der Aufhebungsgrund mit den Ansprüchen der Verletzten zusammenzuhängen. Nach den Entscheidungsgründen erfolgt die Aufhebung dagegen wegen eines Rechtsfehlers bei der Bestimmung des erlangten „Etwas“, also nicht deshalb, weil die Ansprüche von Verletzten nicht existierten oder in zu hohem Umfang angenommen worden seien.

104Dies entspricht nicht dem Grundsatz, dass der Kern strafgerichtlicher Entscheidungen schon aus ihrem Tenor und nicht erst aus ihren Gründen ersichtlich sein soll (in vergleichbarem Sinne , NJW 2011, 2448, 2449).

105Unklarheiten werden dagegen vermieden, wenn das Revisionsgericht gegebenenfalls an eine Urteilsformel anknüpfen kann, die den vom Senat hier eingefügten zusätzlichen Ausspruch enthält.

Fundstelle(n):
NJW 2014 S. 401 Nr. 6
NJW 2014 S. 8 Nr. 5
NWB-Eilnachricht Nr. 52/2013 S. 4105
wistra 2014 S. 3 Nr. 1
wistra 2014 S. 57 Nr. 2
DAAAE-51099