Finanzbehörde Hamburg - 53 - S 3812b - 005/12

Erbschaft- und Schenkungsteuer, gesonderte Feststellungen nach § 151 BewG;
Behandlung stimmrechtsloser Vorzugsaktien im Rahmen der Poolregelung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 und § 13b Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 Satz 2 ErbStG

Zu der Frage, inwieweit stimmrechtslose Vorzugsaktien zu dem nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG begünstigten Vermögen gehören und wie diese Aktien im Zusammenhang mit einer Poolvereinbarung im Sinne der § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 und 13b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG zu behandeln sind, gilt Folgendes:

Gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG gehören Anteile an Kapitalgesellschaften zum begünstigten Vermögen, wenn der Erblasser/Schenker zum Zeitpunkt der Übertragung am Nennkapital der Gesellschaft zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt war.

Nennkapital einer Aktiengesellschaft ist deren Grundkapital (vgl. § 5 AktG, R E 13b.6 Abs. 2 Satz 1 ErbStR). Zum Grundkapital einer Aktiengesellschaft gehört auch der Nennwert der Vorzugsaktien. Diese dürfen nach dem Aktienrecht bis zur Hälfte des Grundkapitals ausgegeben werden (§ 139 Abs. 2 AktG). Für die Prüfung der Mindestbeteiligung im Sinne des § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 ErbStG kommt es nicht auf die mit den Anteilen verbundenen Stimmrechte an, sodass auch stimmrechtslose Anteile begünstigungsfähiges Vermögen sein können.

Die gängigsten Fallgestaltungen werden nachfolgend anhand von Beispielen näher erläutert:

Grundfälle (unmittelbare Beteiligung ohne Vorliegen einer Poolvereinbarung)

Sachverhalt 1:

S schenkt B unmittelbar gehaltene stimmrechtslose Vorzugsaktien der S-AG. Seine Beteiligung am Nennkapital (Stammaktien und Vorzugsaktien) beträgt

  1. mehr als 25 %

  2. weniger als 25 %.

Lösung

Bei der Beurteilung der Mindestbeteiligung im Sinne des § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 ErbStG kommt es nicht auf die mit den Anteilen verbundenen Stimmrechte an, sodass auch stimmrechtslose Anteile begünstigungsfähiges Vermögen sein können.

  1. Die Anteile sind begünstigungsfähiges Vermögen, weil die Beteiligung mehr als 25 % beträgt.

  2. Die Anteile gehören nicht zum begünstigungsfähigen Vermögen, weil die Beteiligung nicht mehr als 25 % beträgt.

Sachverhalt 2

S schenkt B gleichzeitig unmittelbar gehaltene stimmberechtigte Stammaktien an der S-AG in Höhe von 8 % sowie unmittelbar gehaltene stimmrechtslose Vorzugsaktien in Höhe von 20 %.

Lösung

Die von S unmittelbar gehaltenen Stamm- und Vorzugsaktien erfüllen die Mindestbeteiligung von mehr als 25 % nach § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 ErbStG. Die übertragenen Anteile (Stamm- und Vorzugsaktien) sind begünstigungsfähiges Vermögen.

Komplexe Fallgestaltungen (unmittelbare Beteiligung + Poolvereinbarung)

Sachverhalt 3

S schenkt B gleichzeitig unmittelbar gehaltene stimmberechtigte Stammaktien an der S-AG in Höhe von 8 % sowie unmittelbar gehaltene stimmrechtslose Vorzugsaktien in Höhe von 20 %. Die Stammaktien von 8 % sind mit stimmberechtigten Anteilen anderer Gesellschafter gepoolt; der Pool erfüllt die Mindestbeteiligung von mehr als 25 %. Die stimmrechtslosen Vorzugsaktien sind in den Pool nicht einbezogen.

Lösung

Die von S unmittelbar gehaltenen Stamm- und Vorzugsaktien erfüllen die Mindestbeteiligung von mehr als 25 % nach § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 ErbStG (siehe auch Beispiel 2). Die übertragenen Anteile (Stamm- und Vorzugsaktien) sind begünstigungsfähiges Vermögen. Dass die Stammaktien gepoolt sind, bleibt hierbei ohne Bedeutung.

Sachverhalt 4

S schenkt B gleichzeitig unmittelbar gehaltene stimmberechtigte Stammaktien an der S-AG in Höhe von 8 % sowie unmittelbar gehaltene stimmrechtslose Vorzugsaktien in Höhe von 10 %. Die Stammaktien von 8 % sind mit stimmberechtigten Anteilen anderer Gesellschafter gepoolt; der Pool erfüllt die Mindestbeteiligung von mehr als 25 %.

Lösung

Über die gepoolten stimmberechtigten Stammaktien erfüllt S die Mindestbeteiligung von mehr als 25 % nach § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 ErbStG. Die insgesamt übertragenen Anteile (Stamm- und Vorzugsaktien) sind begünstigungsfähiges Vermögen. Die stimmrechtslosen Vorzugsaktien könnten nicht in den Pool einbezogen werden (R E 13b.6 Absatz 5 Satz 1 2. Halbsatz ErbStR 2011).

Berechnung der Beteiligungsquote

Zur Berechnung der Beteiligungsquote nach § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 ErbStG ist wie auch bei § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 auf das Verhältnis der gesamten Stamm- und Vorzugsaktien zum Nennkapital der Gesellschaft abzustellen.

Die vorgenannten Ausführungen gelten bei der Prüfung der Mindestbeteiligungsquote an nachgeordneten Kapitalgesellschaften nach § 13b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 ErbStG entsprechend.

Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder.

Finanzbehörde Hamburg v. - 53 - S 3812b - 005/12

Fundstelle(n):
LAAAE-50162