OFD Nordrhein-Westfalen - S 4501 -2013/4002 - St 255

§ 1 Abs. 3 GrEStG – Beurteilung von wechselseitigen Beteiligungen und Einheitsgesellschaften

Zu der Frage, wie wechselseitige Beteiligungen bei der Berechnung der maßgeblichen Anteilsgrenze i. S. v. § 1 Abs. 3 GrEStG berücksichtigt werden, wird in Abstimmung mit dem FM NRW gebeten, folgende Rechtsauffassung zu vertreten:

a) „Wechselseitige Beteiligungen” sind wie „eigene gehaltene Anteile” (vgl. ) zu behandeln und somit bei der Berechnung des für § 1 Abs. 3 GrEStG maßgeblichen Quantums i. H. v. 95 % auszuscheiden und nicht zu berücksichtigen.

Der von Hofmann (9. Auflage, Rz. 145 zu § 1 GrEStG; m. w. N.) vertretenen Auffassung ist aus nachstehenden Gründen nicht zu folgen.

Unstreitig und durch höchstrichterliche Rechtsprechung entschieden bleiben von einer Gesellschaft unmittelbar gehaltene eigene Anteile bei der Beurteilung der Frage, ob Anteile an ihr in erforderlicher Höhe auf einen anderen Rechtsträger übertragen wurden, unberücksichtigt. Dies hat zur Folge, dass der grunderwerbsteuerliche Tatbestand der Übertragung vereinigter Anteile immer dann erfüllt ist, wenn mindestens 95 % der nicht im eigenen Unternehmensvermögen befindlichen Anteile übertragen werden.

Entsprechendes muss auch gelten, wenn die eigenen Anteile von einer min. 95 %igen Tochtergesellschaft gehalten werden. Dies ergibt sich schon aus der grunderwerbsteuerspezifischen Zurechnung von Grundstücken und Beteiligungen bei der Obergesellschaft, die mindestens 95 % der Anteile an einer grund- und/oder anteilsbesitzenden Gesellschaft hält. Diese grunderwerbsteuerliche Zurechnung von Vermögensgegenständen resultiert aus der Überlegung, dass die Person, die mindestens 95 % der Anteile an einer grund- bzw. anteilsbesitzenden Gesellschaft innehat, diese Gesellschaft in der Weise beherrscht, dass sie auch über den Grund- und Anteilsbesitz der Gesellschaft allein verfügen kann.

Beispiel:

A ist zu 90 % an der M-GmbH beteiligt. Die restlichen 10 % an der M-GmbH hält die grundbesitzende T-GmbH, eine 100 %ige Tochtergesellschaft der M-GmbH. A veräußert seine Anteile an der M-GmbH an den B.

Ist ein Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG aufgrund des Anteilsverkaufs erfüllt worden?

Lösung:

Mit der Übertragung von 90 % der Anteile an der M-GmbH von A an B wird der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG bezogen auf den der T-GmbH gehörenden Grundbesitz erfüllt, da die 10 %, die die T-GmbH an der M-GmbH hält, bei der Berechnung des für § 1 Abs. 3 GrEStG maßgeblichen Quantums i. H. v. 95 % wie eigene gehaltene Anteile auszuscheiden und nicht zu berücksichtigen sind. D. h. die von A an B veräußerten 90 % an der M-GmbH entsprechen einer Beteiligung von A an der M-GmbH i. H. v. 100 %. Es kann keinen Unterschied machen, ob die zu beurteilende Gesellschaft (hier: M-GmbH) unmittelbar selbst oder mittelbar über von ihr beherrschte Gesellschaften (hier: T-GmbH) eigene Anteile hält.

In Bezug auf diese Rechtsauffassung ist eine Revision anhängig (II R 21/12). Gleichgelagerte Fälle können demnach nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO zum Ruhen gebracht werden.

b) In den Fällen einer sog. Einheitsgesellschaft, die in der Regel in der Rechtsform einer GmbH & Co KG auftritt, bei der die GmbH als Komplementärin nicht am Vermögen der GmbH & Co KG beteiligt ist, während die GmbH & Co KG selbst 100 % der Anteile der Komplementär GmbH hält, liegt gleichfalls eine Anteilsvereinigung i. S. des § 1 Abs. 3 GrEStG vor, wenn die Kommanditanteile in einer Hand vereinigt werden.

In Bezug auf diese Rechtsauffassung ist gleichfalls eine Revision anhängig (II R 51/12). Gleichgelagerte Fälle können demnach nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO zum Ruhen gebracht werden.

OFD Nordrhein-Westfalen v. - S 4501 -2013/4002 - St 255

Fundstelle(n):
AAAAE-48995