BMF - IV A 3 - S 0062/08/10007-17 BStBl 2013 I S. 1251

Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO)

Bezug:

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom (BStBl 2008 I S. 26), der zuletzt durch das (BStBl 2013 I S. 933) geändert worden ist, mit sofortiger Wirkung wie folgt geändert:

  1. Nummer 1 der Regelung zu § 8 wird wie folgt gefasst:

    1. „Die Frage des Wohnsitzes ist bei Ehegatten/Lebenspartnern und sonstigen Familienangehörigen für jede Person gesondert zu prüfen. Personen können aber über einen Familienangehörigen einen Wohnsitz beibehalten. Ein Ehegatte/Lebenspartner, der nicht dauernd getrennt lebt, hat seinen Wohnsitz grundsätzlich dort, wo seine Familie lebt (, BStBl 1985 II S. 331). Ein ausländisches Kind, das im Heimatland bei Verwandten untergebracht ist und dort die Schule besucht, hat grundsätzlich keinen Wohnsitz im Inland. Dies gilt auch dann, wenn es sich in den Schulferien bei seinen Eltern im Inland aufhält (, BStBl 1994 II, S. 887).”

  2. Nummer 2.3 der Regelung zu § 37 wird wie folgt gefasst:

    2.3

    Erstattungsanspruch bei der Einkommensteuer

    Zu Besonderheiten bei Bestimmung des Einkommensteuer-Erstattungsanspruchs – insbesondere bei Ehegatten oder Lebenspartnern – vgl. (BStBl 2013 I, S. 70).”

  3. Nummer 2 der Regelung zu § 41 wird wie folgt gefasst:

    2.

    „Nach § 41 Abs. 2 sind z. B. Scheinarbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten/Lebenspartnern oder die Begründung eines Scheinwohnsitzes für die Besteuerung ohne Bedeutung.”

  4. Nummern 5 und 6 der Regelung zu § 46 werden wie folgt gefasst:

    5.

    „Fehlt in der Abtretungsanzeige, nach der die Erstattungsansprüche aus der Zusammenveranlagung abgetreten worden sind, die Unterschrift eines Ehegatten oder Lebenspartners, so wird dadurch die Wirksamkeit der Abtretung des Anspruchs, soweit er auf den Ehegatten bzw. Lebenspartner entfällt, der die Anzeige unterschrieben hat, nicht berührt (BStBl 1997 II S. 522). Zum Erstattungsanspruch bei zusammenveranlagten Ehegatten oder Lebenspartnern vgl. zu § 37, Nr. 2.

    6.

    Für die Anzeige der Abtretung oder Verpfändung eines Erstattungs- oder Vergütungsanspruches wird der in der Anlage abgedruckte Vordruck bestimmt. Die mit (BStBl 2013 I S. 933) veröffentlichte Fassung des Vordrucks kann weiterhin verwendet werden.”

  5. Nummer 5.2 der Regelung zu § 173 wird wie folgt gefasst:

    5.2

    „Bei einer Zusammenveranlagung muss sich jeder Ehegatte bzw. Lebenspartner das grobe Verschulden des anderen Ehegatten/Lebenspartners zurechnen lassen (vgl. BStBl 1997 II S. 115).”

  6. In Nummer 2.4 der Regelung zu § 175 werden die Erläuterungen zu „§§ 26 bis 26b EStG” die wie folgt gefasst:

    – §§ 26 bis 26b EStG

    Wählt ein Ehegatte/Lebenspartner vor Bestandskraft des ihm gegenüber ergangenen Bescheides die getrennte Veranlagung, sind die Ehegatten/Lebenspartner auch dann getrennt zu veranlagen, wenn der gegenüber dem anderen Ehegatten/Lebenspartner ergangene Zusammenveranlagungsbescheid bereits bestandskräftig geworden ist. Der Antrag auf getrennte Veranlagung stellt hinsichtlich des Zusammenveranlagungsbescheides des anderen Ehegatten/Lebenspartners ein rückwirkendes Ereignis mit der Folge dar, dass dieser nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zu ändern ist und die Festsetzungsfrist ihm gegenüber mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Antrag auf getrennte Veranlagung gestellt wird (BStBl 2005 II S. 690 und vom BStBl 2005 II S. 865).

    Widerruft ein Ehegatte/Lebenspartner im Zuge der Veranlagung seinen Antrag auf getrennte Veranlagung, ist die bestandskräftige Veranlagung des anderen Ehegatten/Lebenspartners nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 aufzuheben (vgl. R 26 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 EStR 2005). Zur Verzinsung s. Nr. 10.2.1 zu § 233a.”

  7. Nummer 4 der Regelung zu § 180 wird wie folgt gefasst:

    4.

    „Fälle von geringer Bedeutung, in denen eine gesonderte Feststellung entfällt (§ 180 Abs. 3 Nr. 2), sind beispielsweise bei Mieteinkünften von zusammenveranlagten Eheleuten/Lebenspartnern (BStBl 1976 II S. 305) und bei dem gemeinschaftlich erzielten Gewinn von Landwirts-Eheleuten/-Lebenspartnern (BStBl 1985 II S. 576) gegeben, wenn die Einkünfte verhältnismäßig einfach zu ermitteln sind und die Aufteilung feststeht.

    Auch bei gesonderten Feststellungen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b und Nr. 3 kann in Fällen von geringer Bedeutung auf die Durchführung eines gesonderten Gewinnfeststellungsverfahrens verzichtet werden (§ 180 Abs. 3 Satz 2). Ein Fall von geringer Bedeutung ist dabei insbesondere anzunehmen, wenn dasselbe Finanzamt für die Einkommensteuer-Veranlagung zuständig geworden ist (z. B. bei Verlegung des Wohnsitzes nach Ablauf des Feststellungszeitraumes in den Bezirk des Betriebsfinanzamtes).”

  8. Der Nummer 10.2.1 der Regelung zu § 233a wird folgender Satz angefügt:

    „Für Lebenspartner gelten diese Regelungen ab dem Veranlagungszeitraum 2013 entsprechend.”

  9. Nummer 3.1 der Regelung zu § 235 wird wie folgt gefasst:

    3.1

    „Nach § 235 Abs. 1 Satz 2 ist derjenige Zinsschuldner, zu dessen Vorteil die Steuern hinterzogen worden sind. Durch die Vorschrift soll ausschließlich der steuerliche Vorteil des Steuerschuldners abgeschöpft werden. Der steuerliche Vorteil liegt darin, dass die geschuldete Steuer erst verspätet gezahlt wird. Allein der Steuerschuldner kann daher Zinsschuldner für hinterzogene Steuern i. S. d. § 235 Abs. 1 Sätze 1 und 2 sein, und zwar unabhängig davon, ob er an der Steuerhinterziehung beteiligt war (vgl. BStBl 1991 II S. 822, BStBl 1991 II S. 781, und BStBl 1992 II S. 163).

    Sind Steuerschuldner Gesamtschuldner (§ 44), ist jeder Gesamtschuldner auch Zinsschuldner. Dies gilt auch dann, wenn bei zusammenveranlagten Ehegatten/Lebenspartnern der Tatbestand der Steuerhinterziehung nur in der Person eines der Ehegatten/Lebenspartner erfüllt ist. Da in diesem Fall beide Ehegatten/Lebenspartner Schuldner der Hinterziehungszinsen sind, kann nach § 239 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 155 Abs. 3 ein zusammengefasster Zinsbescheid an die Ehegatten/Lebenspartner ergehen (vgl. BStBl 1995 II S. 484).”

  10. Die Regelung zu § 251 wird wie folgt geändert:

    1. Nummer 4.1.5 wird wie folgt gefasst:

      4.1.5 Wirkungen auf Verfahren gegen Dritte

      Verfahren gegen Dritte, die sich nicht in Insolvenz befinden, bleiben grundsätzlich von den Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt. Dies gilt z. B. für das Besteuerungsverfahren des nichtinsolventen Ehegatten/Lebenspartners des Schuldners, für das Besteuerungsverfahren der nichtinsolventen Gesellschafter einer Personengesellschaft und für Haftungsverfahren gegen GmbH-Geschäftsführer.”

    2. Nummer 4.2 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

      „Der Insolvenzverwalter hat die steuerlichen Pflichten des Schuldners jedoch nur insoweit zu erfüllen, als seine Verfügungsbefugnis reicht. Soweit Besteuerungsgrundlagen den insolvenzfreien Bereich betreffen, insbesondere Umsätze bzw. Einkünfte aus dem nach § 35 Abs. 2 InsO freigegebenen oder pfändungsfreien Vermögen, ist daher nicht der Insolvenzverwalter, sondern der Schuldner zur Erklärung verpflichtet, z. B. zur Abgabe von Umsatzsteuererklärungen für das freigegebene Unternehmen. Entsprechendes gilt für die Erklärung zu Besteuerungsgrundlagen, die den mit dem Schuldner zusammenveranlagten Ehegatten/Lebenspartner betreffen.”

    3. Nummer 9.1.2 wird wie folgt gefasst:

      9.1.2 Zusammenveranlagung

      Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten/Lebenspartnern zur Einkommensteuer wirken sich aufgrund der Gesamtschuldnerschaft (§ 44 Abs. 1) die Einkünfte des nicht insolventen Ehegatten/Lebenspartners auch auf die gegenüber den jeweiligen insolvenzrechtlichen Vermögensbereichen festzusetzenden Steuern bzw. zur Tabelle anzumeldenden Steuerforderungen aus, so dass eine Verteilung der Einkünfte des nicht insolventen Ehegatten/Lebenspartners auf die unterschiedlichen insolvenzrechtlichen Vermögensbereiche zu erfolgen hat.

      Die Verteilung der Einkünfte des nicht insolventen Ehegatten/Lebenspartners auf den Zeitraum vor und nach Insolvenzeröffnung erfolgt zeitanteilig, es sei denn, diese Verteilung ist offensichtlich unzutreffend. Die Verteilung der Einkünfte des nicht insolventen Ehegatten/Lebenspartners, die nach der Insolvenzeröffnung entstanden sind, auf die Insolvenzmasse sowie das insolvenzfreie Vermögen erfolgt im Verhältnis der Einkünfte des insolventen Ehegatten/Lebenspartners in diesen insolvenzrechtlichen Vermögensbereichen.

      Beispiel 3:

      Das Insolvenzgericht eröffnete am das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Der insolvente Ehegatte/Lebenspartner erzielte im Jahr 01 insgesamt Einkünfte von 120.000 €. Hiervon entfallen 100.000 € auf Zeiträume vor Insolvenzeröffnung und 15.000 € auf Einkünfte der Insolvenzmasse sowie 5.000 € auf das insolvenzfreie Vermögen. Der nichtinsolvente Ehegatte/Lebenspartner erzielte 60.000 € im gesamten Jahr. Die festzusetzende Einkommensteuer beträgt insgesamt 18.000 €. Vorauszahlungen leisteten die Steuerpflichtigen sowie der Insolvenzverwalter nicht.

      Die festzusetzende Steuer ist den insolvenzrechtlichen Vermögensbereichen im Verhältnis der Einkünfte aus den unterschiedlichen Vermögensbereichen zu den Gesamteinkünften beider Ehegatten/Lebenspartner zuzuordnen:

      1. Schritt:

      Für die Zuordnung der vorinsolvenzrechtlichen und der nachinsolvenzrechtlichen Einkünfte des nicht in Insolvenz befindlichen Ehegatten/Lebenspartners sind die Einkünfte der Ehegatten/Lebenspartner zeitanteilig zu verteilen:


      Tabelle in neuem Fenster öffnen
       
      Summe
      Insolvenzforderung
      \Masseforderung
      Insolvenzfreies
      Vermögen
      Einkünfte insolventer
      Ehegatte/Lebenspartner
      (s. Sachverhalt Bsp. 3)
      120.000 €
      100.000 €
      15.000 €
      5.000 €
      Einkünfte nicht insolventer
      Ehegatte/Lebenspartner
      60.000 €
      45.000 €
      15.000 €

      Die vorinsolvenzrechtlichen Einkünfte des nichtinsolventen Ehegatten/Lebenspartners betragen 45.000 € (9/12 von 60.000 €).

      2. Schritt:

      In einem zweiten Schritt sind die nachinsolvenzrechtlichen Einkünfte des nicht in Insolvenz befindlichen Ehegatten/Lebenspartner (15.000 €) auf den Vermögensbereich Insolvenzmasse und, sofern vorhanden, auf das insolvenzfreie Vermögen zu verteilen.

      Für diese Zuordnung sind die nachinsolvenzrechtlichen Einkünfte des nichtinsolventen Ehegatten/Lebenspartners nach dem Verhältnis der Einkünfte des insolventen Ehegatten/Lebenspartners in den Vermögensbereichen Insolvenzmasse und insolvenzfreies Vermögen zu verteilen.


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      Summe
      Insolvenzforderung
      Masseforderung
      Insolvenzfreies
      Vermögen
      Einkünfte
       
       
       
      insolventer
      Ehegatte/Lebenspartner
      (s. Sachverhalt)
      120.000 €
      100.000 €
      20.000 €

      15.000 € (3/4)
      5.000 € (1/4)
      nicht insolventer
      Ehegatte/Lebenspartner
      (s. 1. Schritt)
      60.000 €
      45.000 €
      15.000 €

      11.250 € (3/4)
      3.750 € (1/4)
      Zwischensumme
      180.000 €
      145.000 €
      26.250 €
      8.750 €
      Steuer
      18.000 €
      14.500 €
      2.625 €
      875 €

      Ergebnis zu Beispiel 3:

      Insolvenzforderungen sind i. H. v. 14.500 € zur Tabelle anzumelden. Gegen den Insolvenzverwalter sind Masseforderungen i. H. v. 2.625 € festzusetzen und gegen den insolventen Schuldner 875 € für den insolvenzfreien Bereich. Gegen den nicht insolventen Ehegatten/Lebenspartner ist eine Steuer i. H. v. 18.000 € festzusetzen, da er insoweit Gesamtschuldner ist.

      Vorauszahlungen

      Sind Vorauszahlungen gegen den nicht insolventen Ehegatten/Lebenspartner festgesetzt und geleistet worden, sind diese Vorauszahlungen auf die insolvenzrechtlichen Vermögensbereiche Insolvenzmasse und freigegebener Neuerwerb im Verhältnis der Einkünfte des insolventen Ehegatten/Lebenspartners in diesen Vermögensbereichen zu verteilen.

      Beispiel 4 (Fortsetzung von Beispiel 3):

      Der Schuldner leistete keine Vorauszahlungen. Am zahlte der Insolvenzverwalter 600 € Vorauszahlungen. Das Finanzamt setzte gegen den Schuldner keine Vorauszahlungen für das insolvenzfreie Vermögen fest. Der nicht insolvente Ehegatte/Lebenspartner leistete Vorauszahlungen zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten i. H. v. insgesamt 400 € (jeweils 100 €).


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      Summe
      Insolvenzforderung
      Masseforderung
      Insolvenzfreies
      Vermögen
      Einkünfte
       
       
       
       
      insolventer Ehegatte/
      Lebenspartner
      (s. Sachverhalt)
      120.000 €
      100.000 €
      15.000 €
      5.000 €
      nicht insolventer
      Ehegatte/
      Lebenspartner
      (s. 1.+2. Schritt)
      60.000 €
      45.000 €
      11.250 €
      3.750 €
      Zwischensumme
      180.000 €
      145.000 €
      26.250 €
      8.750 €
      Steuer
      18.000 €
      14.500 €
      2.625 €
      875 €
      abzgl. geleistete VZ
      InsO-Schuldner
      abzgl. geleistete VZ
      InsO-Verwalter
      600 €
      600 €
      abzgl. geleistete VZ
      nicht insolventer
      Ehegatte/Lebenspartner
      400 €
      300 €
      100 €

      75 € (3/4)
      25 € (1/4)
      Ergebnis
      17.000 €
      14.200 €
      1.950 €
      850 €

      600 € geleistete Vorauszahlungen sind im Bereich der Insolvenzmasse abzuziehen. Die Vorauszahlungen i. H. v. 300 €, die der nicht insolvente Ehegatte/Lebenspartner vor der Insolvenzeröffnung geleistet hatte, sind im Bereich der Insolvenzforderungen abzuziehen. Die Vorauszahlung für das IV. Quartal i. H. v. 100 € ist im Verhältnis ¾ zu ¼ (= Verhältnis der Einkünfte des insolventen Ehegatten/Lebenspartners in diesem Bereich) in den Bereichen Insolvenzmasse und insolvenzfreies Vermögen zu berücksichtigen.

      Insolvenzforderungen sind i. H. v. 14.200 € zur Tabelle anzumelden. Der Insolvenzverwalter ist zur Zahlung von Masseverbindlichkeiten i. H. v. 1.950 € und der Schuldner für den insolvenzfreien Bereich i. H. v. 850 € aufzufordern.

      Gegenüber dem nicht insolventen Ehegatten/Lebenspartner erfolgt eine Steuerfestsetzung i. H. v. 18.000 €. Ferner ist er als Gesamtschuldner zur Zahlung von 17.000 € aufzufordern.”

    4. Nummer 9.1.4 wird wie folgt gefasst:

      9.1.4 Einkommensteuererstattungen

      Einkommensteuererstattungen, die sich bei einer nach Insolvenzeröffnung vorgenommenen Veranlagung ergeben, stellen, soweit sie nicht ausnahmsweise dem insolvenzfreien Vermögen zuzurechnen sind, grundsätzlich Vermögenswerte der Insolvenzmasse dar (§ 35 Abs. 1 InsO). Sie sind daher grundsätzlich an die Insolvenzmasse auszukehren, sofern keine Aufrechnungsmöglichkeit besteht.

      Einkommensteuererstattungen, die während des Insolvenzverfahrens begründet werden und aus einer Lohnsteuerüberzahlung resultieren, gehören in vollem Umfang zur Insolvenzmasse (vgl. BFH/NV S. 1243).

      Hat der Schuldner nach Freigabe der selbständigen Tätigkeit Einkommensteuervorauszahlungen aus dem insolvenzfreien Vermögen geleistet und ergeben sich hieraus Einkommensteuererstattungen, fallen diese grundsätzlich in das insolvenzfreie Vermögen und sind vorbehaltlich der Aufrechnung mit Insolvenzforderungen an den Schuldner auszukehren.

      Ergibt sich bei Eheleuten/Lebenspartnern bei der Zusammenveranlagung eine Steuererstattung, liegt im Gegensatz zur Gesamtschuldnerschaft bei Steuerschulden keine Gesamtgläubigerschaft vor. Für die Verteilung zwischen ihnen sind die sich aus § 37 Abs. 2 ergebenden Grundsätze anzuwenden (vgl. Regelungen zu § 37 und BStBl 2013 I S. 70).

      Ergibt sich aus dieser Verteilung ein Erstattungsbetrag für den insolventen Ehegatten/Lebenspartner, so ist der Erstattungsbetrag nach den o. g. Grundsätzen auf die Insolvenzmasse oder das insolvenzfreie Vermögen zu verteilen.

      Beispiel 5

      Im Rahmen einer Zusammenveranlagung von Ehegatten/Lebenspartnern, bei denen sich nur ein Ehegatte/Lebenspartner in Insolvenz befindet, ergibt sich eine Jahressteuer von 18.000 €, die i. H. v. 14.500 € auf den vorinsolvenzrechtlichen Vermögensteil und i. H. v. 3.500 € auf die Insolvenzmasse entfallen.

      Folgende geleistete Vorauszahlungen sind anzurechnen:

      • Schuldner: 10.000 €,

      • Insolvenzverwalter: 600 €

        sowie

      • Nicht insolventer Ehegatte/Lebenspartner:

        bis zur Insolvenzeröffnung: 300 €,

        nach Insolvenzeröffnung: 8.100 €.

      Vorauszahlungen und Steueranrechnungsbeträge werden bei dem insolvenzrechtlichen Vermögensbereich berücksichtigt, aus denen sie geleistet wurden.

      Aufgrund der Verteilung einer einheitlichen Steuerschuld ist es nicht möglich, dass sich für einen Vermögensbereich eine Erstattung und für einen anderen Vermögensbereich eine Nachzahlung ergibt.


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      Summe
      Insolvenzforderung
      Masseforderung
      Steuer
      18.000 €
      14.500 €
       
      3.500 €
      abzgl. geleistete VZ
      InsO-Schuldner
      10.000 €
      10.000 €
       
      abzgl. geleistete VZ
      InsO-Verwalter
      600 €
       
      600 €
      abzgl. geleistete VZ
      nicht insolventer
      Ehegatte/Lebenspartner
      8.400 €
      300 €
       
      8.100 €
      Zwischensumme
      – 1.000 €
      4.200 €
       
      – 5.200 €
      Ausgleich
      0 €
      – 4.200 €
       
      4.200 €
      Ergebnis
      – 1.000 €
      0 €
       
      – 1.000 €

      – 515,79 €
      – 484,21 €

      Die Verteilung des Erstattungsbetrages erfolgt nach § 37 Abs. 2 AO.

      Vorauszahlungen aufgrund eines an beide Ehegatten/Lebenspartner gemeinsam gerichteten Vorauszahlungsbescheids ohne individuelle Tilgungsbestimmung sind unabhängig davon, ob die Ehegatten/Lebenspartner später zusammen oder getrennt veranlagt werden, zunächst auf die festgesetzten Steuern beider Ehegatten/Lebenspartner anzurechnen (BStBl 2011 II S. 607 sowie BStBl 2013 I S. 70 zu § 37 Abs. 2). Die vom Insolvenzverwalter geleisteten Vorauszahlungen sind dem insolventen Ehegatten/Lebenspartner zuzurechnen, wobei er ausschließlich die auf die Insolvenzmasse entfallende Steuerschuld zahlt. Die vom nichtinsolventen Ehegatten/Lebenspartner auch nach Insolvenzeröffnung geleisteten Vorauszahlungen sind mangels ausdrücklicher Tilgungsbestimmung beiden Ehegatten/Lebenspartnern zuzurechnen (BStBl 2009 II S. 38).

      Bei der Ermittlung der anteiligen Erstattungsbeträge sind sämtliche Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträge einzubeziehen – unabhängig davon, aus welchem Vermögensbereich sie entstammen.

      Insolventer Ehegatte/Lebenspartner:


      Tabelle in neuem Fenster öffnen
      – 1.000 € × [(10.000 € × ½ + 600 € + 8.400 € × ½)/19.000 €] =
      – 515,79 €.

      Nicht insolventer Ehegatte/Lebenspartner:


      Tabelle in neuem Fenster öffnen
      – 1.000 € × [(10.000 € × ½ + 8.400 € × ½)/19.000 €] =
      – 484,21 €.

  11. Nummer 3 der Regelung zu § 360 wird wie folgt gefasst:

    3.

    „Bei Zusammenveranlagung (z. B. von Ehegatten/Lebenspartnern bei der Einkommensteuer) wird es sich regelmäßig empfehlen, von der Möglichkeit der einfachen Hinzuziehung (§ 360 Abs. 1) Gebrauch zu machen. Das gilt auch dann, wenn der hinzuzuziehende Ehegatte/Lebenspartner nicht über eigene Einkünfte verfügt.”

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BMF v. - IV A 3 - S 0062/08/10007-17

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:


Fundstelle(n):
BStBl 2013 I Seite 1251
BB 2013 S. 2646 Nr. 44
StBW 2013 S. 1088 Nr. 24
ZIP 2013 S. 80 Nr. 41
GAAAE-45947