BAG Urteil v. - 1 AZR 179/11

Arbeitskampf in kirchlichen Einrichtungen - Dritter Weg

Leitsatz

Verfügt eine Religionsgesellschaft über ein am Leitbild der Dienstgemeinschaft ausgerichtetes Arbeitsrechtsregelungsverfahren, bei dem die Dienstnehmerseite und die Dienstgeberseite in einer paritätisch besetzten Kommission die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten gemeinsam aushandeln und einen Konflikt durch den neutralen Vorsitzenden einer Schlichtungskommission lösen (sog. Dritter Weg), dürfen Gewerkschaften nicht zu einem Streik aufrufen. Das gilt jedoch nur, soweit Gewerkschaften in dieses Verfahren organisatorisch eingebunden sind und das Verhandlungsergebnis für die Dienstgeberseite als Mindestarbeitsbedingung verbindlich ist.

Gesetze: Art 140 GG, Art 137 Abs 3 WRV, Art 9 Abs 3 GG, Art 4 Abs 1 GG, Art 4 Abs 2 GG, § 1004 BGB, Art 28 EUGrdRCh, Art 153 Abs 5 AEUV, Art 267 Abs 3 AEUV, Art 6 Abs 3 EUVtr 2008, Art 9 MRK, Art 11 MRK, Art 6 EuSC, IAOÜbk 87, § 253 Abs 2 Nr 2 ZPO

Instanzenzug: ArbG Bielefeld Az: 3 Ca 2958/09 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 8 Sa 788/10 Urteilnachgehend Az: 2 BvR 2292/13 Beschluss

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Zulässigkeit von Arbeitskämpfen in Einrichtungen der Diakonie.

2Die Klägerin zu 1), die Evangelische Krankenhaus Bielefeld gGmbH, beschäftigt an ihren beiden Standorten in Bielefeld ca. 4.200 Mitarbeiter. Sie ist Mitglied beim Kläger zu 5), dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V. Gesellschafter der Klägerin zu 1) sind neben dem Kläger zu 2) die kirchlichen Stiftungen Bethel, Sarepta und Nazareth. Nach dem Gesellschaftsvertrag erfüllt sie Aufgaben der Krankenpflege und andere soziale Aufgaben in Wahrnehmung des kirchlich-diakonischen Auftrags.

3Der Kläger zu 2), das Evangelische Johanneswerk, Bielefeld, ist ein Zusammenschluss von Trägern diakonischer Anstalten und Einrichtungen in der Rechtsform eines e. V. (im Folgenden: Johanneswerk). In mehr als 70 Einrichtungen beschäftigen die Mitglieder des Klägers zu 2) ca. 6.000 Arbeitnehmer. Seinen karitativen Zweck verwirklicht er nach seiner Satzung durch den Betrieb von Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, Werkstätten für Behinderte sowie in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Er ist Mitglied beim Kläger zu 5). Dem Verwaltungsrat des Klägers zu 2) gehören Amtsträger der Evangelischen Kirche von Westfalen, der Klägerin zu 6), an.

4Die Klägerin zu 3), die Evangelische Jugendhilfe Friedenshort GmbH Heimat für Heimatlose, beschäftigt bundesweit ca. 850 Mitarbeiter. Nach dem Gesellschaftsvertrag ist Zweck der Gesellschaft, die Kinder-, Jugend-, Alten-, und Familienhilfe zu fördern. Sie versteht ihre Arbeit als Lebens- und Wesensäußerung der evangelischen Kirche und als Auftrag zur Ausübung christlicher Nächstenliebe im Sinne der Diakonie in christlich-kirchlicher Verantwortung. Die Klägerin zu 3) ist Mitglied beim Kläger zu 5).

5Der Kläger zu 4), das Diakonische Werk Christophorus, Göttingen, widmet sich in der Rechtsform eines e. V. der Förderung, Pflege und Betreuung von geistig, körperlich und seelisch behinderten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sowie der Pflege älterer Menschen. Er ist Mitglied des Diakonischen Werks der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers e. V., dem Kläger zu 8).

6Der Kläger zu 5), Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V., bildet den Zusammenschluss von ca. 1.250 Trägern diakonisch-missionarischer Dienste im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen. Er verwirklicht seinen diakonischen Auftrag durch rechtlich selbständige Träger diakonisch-missionarischer Arbeit. Grundlage seiner Arbeit ist die Satzung vom idF vom sowie das Kirchengesetz über die Ordnung der diakonischen Arbeit in der Evangelischen Kirche von Westfalen vom (DiakonieG-Westfalen). Danach wird der diakonische Auftrag durch rechtlich selbständige Träger diakonisch-missionarischer Arbeit wahrgenommen, die sich im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen als Landesverband zusammenschließen. Diese sind teils privatrechtlich, teils öffentlich-rechtlich organisiert. Nach § 9 Nr. 1 Buchst. b DiakonieG-Westfalen ist die Satzung des Klägers zu 5) durch die Klägerin zu 6), die Evangelische Kirche von Westfalen, zu genehmigen.

7Die Klägerin zu 6), die Evangelische Kirche von Westfalen, ist die als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierte westfälische Landeskirche. Die Verbindung zum Kläger zu 5) ist durch das DiakonieG-Westfalen geregelt.

8Der Kläger zu 7), der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe e. V., ist der größte regionale kirchliche Sozialverband der freien Wohlfahrtspflege in Deutschland. Zu seinen Gründungsmitgliedern gehören ua. die Diakonischen Werke Rheinland, Westfalen und Lippe sowie diese drei Landeskirchen. In den Einrichtungen der Mitglieder sind ca. 135.000 Mitarbeiter beschäftigt. Zweck des Vereins ist nach § 2 Abs. 1 der Satzung die „Beschaffung von Mitteln zur Förderung aller Gebiete der Diakonie als Religionsausübung der Evangelischen Kirche“. Dieser Zweck wird durch die Unterstützung seiner Mitglieder, namentlich der drei gliedkirchlichen Diakonischen Werke Rheinland, Westfalen und Lippe, sowie deren Mitgliedern verwirklicht. Der Verein berät diese in fachlicher, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht. Gemäß § 2 Abs. 2 der Satzung ist wesentliche Aufgabe des Klägers zu 7), in übergreifenden Grundsatzfragen der diakonisch-missionarischen Arbeit und in Fragen der Zuordnung zu den Kirchen die Abstimmung mit den drei Landeskirchen über deren drei Diakonische Werke nach dem gliedkirchlichen Recht zu gewährleisten.

9Der Kläger zu 8), Diakonisches Werk der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers e. V., unterstützt und koordiniert als Dachverband die ihm angeschlossenen Verbände und Einrichtungen. In ihnen werden etwa 40.000 Mitarbeiter beschäftigt. Grundlage der Tätigkeit ist das Kirchengesetz über die Ordnung der diakonischen Arbeit vom (DiakonieG-Hannovers) sowie das Kirchengesetz der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen zur Regelung des Arbeitsrechts für Einrichtungen der Diakonie (Arbeitsrechtsregelungsgesetz Diakonie, ARRGD-Niedersachsen) vom . Änderungen der Satzung des Klägers zu 8) bedürfen des Einvernehmens mit dem Kirchensenat der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers.

10Die Klägerin zu 9), die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

11Der Rat der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) hat in einer Richtlinie vom empfohlen, die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im kirchlichen Dienst auf der Grundlage eines von ihm verabschiedeten Musterentwurfs eines Kirchengesetzes über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst zu regeln. Dem sind die meisten Landeskirchen gefolgt, wobei die konkrete Ausgestaltung der Kirchengesetze Unterschiede aufweist. Die Synode der EKD hat am das Kirchengesetz über die Grundsätze zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Diakonie (ARRG-Diakonie-EKD) beschlossen. Dieses gilt in den Gliedkirchen der EKD nach deren Zustimmung. Arbeitsbedingungen für die Dienstverhältnisse werden hiernach in einer paritätisch gebildeten Arbeitsrechtlichen Kommission und einer Schiedskommission festgelegt (sog. Dritter Weg). Streik und Aussperrung sind gemäß § 1 Abs. 3 Satz 5 ARRG-Diakonie-EKD ausgeschlossen.

12Für die Evangelische Kirche von Westfalen und ihre Diakonischen Werke werden die Arbeitsrechtsregelungen nach dem Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst vom idF vom (Arbeitsrechtsregelungsgesetz, ARRG-Westfalen) durch eine paritätisch besetzte Arbeitsrechtliche Kommission und eine Schiedskommission geregelt. Voraussetzung der Mitgliedschaft in der Arbeitsrechtlichen Kommission ist die Befähigung zum Amt eines Presbyters oder eines Kirchenältesten in einer Gliedkirche der EKD bzw. ein entsprechendes Amt. Zwei Drittel der von Mitarbeitervereinigungen entsandten Vertreter - also insgesamt sechs - müssen im kirchlichen Dienst tätig sein. Der unparteiische Vorsitzende der Schiedskommission wird grundsätzlich durch Beschlüsse der entsendenden Stellen bestimmt. Persönliche Voraussetzung ist die Befähigung zum Richteramt. Im Wesentlichen Entsprechendes gilt für den Bereich der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers.

13Die Kläger zu 1) bis 3) sind nach § 4 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a der Satzung des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V. verpflichtet, die Mitarbeitenden nach Arbeitsbedingungen zu beschäftigen, die in einem kirchengesetzlich anerkannten Verfahren gesetzt werden, welches auf strukturellem Gleichgewicht der Dienstgeber- und der Dienstnehmerseite beruht. Der Kläger zu 4) hat nach § 8 Abs. 2 Buchst. e Unterpunkt 5 der Satzung des Diakonischen Werks der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers die Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen für Einrichtungen, die sich dem ARRGD-Niedersachsen angeschlossen haben, oder ein anderes kirchliches Arbeitsvertragsrecht in ihrer jeweils gültigen Fassung anzuwenden. Das Präsidium kann auf Antrag ein Mitglied von dieser Verpflichtung befreien, wenn ein zwingender Grund vorliegt.

Die beklagte Gewerkschaft ver.di hatte im Jahr 2009 die Beschäftigten der Kläger zu 1) bis 3) zu Warnstreiks aufgerufen. Des Weiteren hat es bei der B Jugendhilfe gGmbH, Hannover, die Mitglied des Klägers zu 8) ist, am 4. Mai und am von der Beklagten organisierte Streiks gegeben. Dem Kläger zu 4) teilte die Beklagte am Folgendes mit:

15Zu den angestrebten Tarifverhandlungen ist es nicht gekommen.

16Die Kläger haben geltend gemacht, Streiks in diakonischen Einrichtungen verletzten das kirchliche Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV. Dieses erlaube der verfassten Kirche und ihren diakonischen Einrichtungen, die privatrechtlich begründeten Rechtsverhältnisse am Leitbild der christlichen Dienstgemeinschaft auszurichten. Die Dienstgemeinschaft beruhe auf dem Bekenntnis, dass alle in einer diakonischen Einrichtung beschäftigten Dienstnehmer gemeinsam mit dem dortigen Dienstgeber den diakonischen Auftrag der Kirche erfüllen. Diese gemeinsame Verantwortung für den Dienst der Kirche verpflichte zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit und gebiete eine konsensuale Lösung arbeitsrechtlicher Konflikte um den Inhalt von Arbeitsbedingungen. Das verlange nach einem kollektiven Regelungsverfahren, das die von der Dienstgemeinschaft gebotenen Grundsätze der Partnerschaft und Kooperation wahre. Dieses gewährleiste der sog. Dritte Weg, bei dem die Arbeitsbedingungen in paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommissionen verbindlich ausgehandelt und im Konfliktfall durch eine Schlichtungskommission mit einem neutralen Vorsitzenden festgesetzt würden. Mit dem Wesen der Dienstgemeinschaft seien Verhandlungen um den Abschluss eines Tarifvertrags, die systemnotwendig mit der Möglichkeit des Arbeitskampfes verbunden seien, unvereinbar. Dieser zerstöre die Dienstgemeinschaft und hindere die Kirche für dessen Dauer an der Erbringung des diakonischen Auftrags. Die Erfüllung des religiösen Auftrags könne nicht unter dem Vorbehalt eines auf Konfrontation angelegten Arbeitskampfes gestellt werden. Ein Arbeitskampf in diakonischen Einrichtungen verstieße auch gegen den Grundsatz der Kampfparität, da ein auf Kontinuität angelegter diakonischer Dienst sie an Betriebsstilllegungen wie Aussperrungen hindere. Streiks in diakonischen Einrichtungen seien demnach ungeachtet ihres konkreten Verlaufs rechtswidrig. Sie könnten daher von der Beklagten die Unterlassung von Arbeitskämpfen verlangen.

Die Kläger zu 1) bis 3) haben beantragt:

18Die Beklagte hat zur Begründung ihres Abweisungsantrags ausgeführt, die Unterlassungsanträge der Kläger zu 4) bis 9) seien schon deshalb unbegründet, weil es insoweit an einer Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr fehle. Der Kläger zu 4) sei zwar zur Aufnahme von Tarifverhandlungen aufgefordert worden, bei ihm sei es jedoch nicht zu Streiks oder konkreten Streikandrohungen gekommen. In Bezug auf die Kläger zu 5) bis 9) habe es weder eine Aufforderung zu Tarifverhandlungen noch Streikankündigungen gegeben. Im Übrigen stehe das Leitbild der Dienstgemeinschaft Tarifverhandlungen und Arbeitskämpfen in kirchlichen und diakonischen Einrichtungen nicht entgegen. Auch Tarifverhandlungen seien darauf gerichtet, die unterschiedlichen Interessen der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite in einem Vertrag zusammenzuführen und zu befrieden. Der Dritte Weg sei dem nicht ebenbürtig. Das zeige schon ein Vergleich mit Arbeitsbedingungen, die in vergleichbaren Tarifverträgen wie den für den öffentlichen Dienst geregelt und für dessen Beschäftigten durchweg günstiger seien. In den Arbeitsrechtlichen Kommissionen und Schlichtungsausschüssen würden die Arbeitnehmer auch nicht gleichberechtigt beteiligt, weil ohne die Zustimmung des Arbeitgebers Regelungen nicht getroffen werden und Vorsitzende nicht ernannt werden könnten. Schließlich sei das Streikrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG vorbehaltlos gewährleistet. Als Teil des ordre public setze es dem aus Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV hergeleiteten kirchlichen Selbstbestimmungsrecht Grenzen und gehe diesem vor, da dieses nur innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes gewährleistet sei. Der Vorrang des Streikrechts folge auch aus Art. 6 der Europäischen Sozialcharta (ESC), Art. 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie dem Übereinkommen Nr. 87 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO-Übereinkommen Nr. 87). Im Rahmen einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung des Grundgesetzes seien diese völkerrechtlichen Bestimmungen zu berücksichtigen. Schließlich sei das Streikrecht auch durch Art. 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) gewährleistet.

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 1. a), 3. c), 5. d), 7. d) und 9. d) entsprochen und im Übrigen die Klagen abgewiesen. Auf die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Kläger das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klagen insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren uneingeschränkt weiter.

Gründe

20Die Revisionen sind unbegründet.

21A. In der gebotenen Auslegung sind die Anträge nur teilweise zulässig.

22I. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind Anträge, mit denen die Unterlassung von Handlungen verlangt wird, so genau zu bezeichnen, dass der Inanspruchgenommene im Falle einer stattgebenden gerichtlichen Entscheidung eindeutig erkennen kann, unter welchen Voraussetzungen was von ihm verlangt wird, um sich künftig rechtmäßig verhalten zu können ( - Rn. 9, EzA SGB IX § 95 Nr. 4). Der Unterlassungsantrag darf nicht derart ungenau gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe (vgl.  - Rn. 14, EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 4). Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer Verpflichtung nachgekommen ist, und nicht, wie diese aussieht. Gleichwohl sind bei Unterlassungsanträgen bisweilen generalisierende Formulierungen unvermeidlich. Andernfalls würde die Möglichkeit, gerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen, durch prozessuale Anforderungen unzumutbar erschwert, wenn nicht gar beseitigt. Dementsprechend sind die Gerichte auch verpflichtet, Anträge nach Möglichkeit so auszulegen, dass eine Sachentscheidung ergehen kann (vgl.  - Rn. 15 mwN, DB 2012, 2351). Die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe ist deshalb hinnehmbar und im Interesse einer sachgerechten Verurteilung zweckmäßig, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe kein Zweifel besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht ( - Rn. 22, GRUR 2008, 357). Etwas anderes gilt jedoch, wenn zwischen den Parteien Streit besteht, ob das beanstandete Verhalten unter den verwendeten Begriff fällt und dessen Merkmale auch im Wege der Auslegung nicht hinreichend deutlich festzustellen sind. In diesem Fall kann der Begriff nicht in der Urteilsformel verwendet werden, weil sonst der im Erkenntnisverfahren beizulegende Streit in das Vollstreckungsverfahren verlagert würde (vgl.  - zu I 1 der Gründe, BGHZ 143, 214).

23II. Diesen Bestimmtheitsanforderungen werden die Anträge nur zum Teil gerecht.

241. Der Antrag zu 1. a) der Kläger zu 1) bis 3) ist hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

25a) Es handelt sich um einen Globalantrag, der eine unbestimmte Vielzahl möglicher zukünftiger Fallgestaltungen erfasst. Dies steht seiner Bestimmtheit nicht entgegen, weil er auf ausnahmslos alle denkbaren Fälle gerichtet ist. Ob der Antrag für sämtliche Fälle berechtigt ist, betrifft die Begründetheit und nicht dessen Zulässigkeit ( - Rn. 25, BAGE 122, 134).

26b) Was Streiks und Warnstreiks sind, ist im Einzelfall ohne Weiteres feststellbar. Hierüber besteht zwischen den Parteien auch kein Streit. Mit dem Merkmal „sonstige Arbeitsniederlegungen“ wollen die Kläger erkennbar sonstige Arbeitskampfformen in den Antrag einbeziehen, die von einem gewerkschaftlichen Kampfaufruf erfasst sind.

27c) Ebenso ist der Begriff „Einrichtung“ hinreichend konkret. Hierunter sind organisatorische Einheiten mit karitativer Zielsetzung in kirchlicher oder diakonischer Trägerschaft zu verstehen, in denen Mitarbeiter aufgrund von Dienstverträgen tätig sind. Er erfasst alle Organisationseinheiten kirchlicher und karitativer Art, wie etwa Krankenhäuser, Heime und Betreuungseinrichtungen. Von ihm ist der Begriff des „Rechtsträgers“ zu unterscheiden, der eine oder mehrere Einrichtungen haben kann ( - Rn. 35, EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 16). Der Begriff „Einrichtung“ entspricht damit im Wesentlichen dem des Betriebs. In Bezug auf das Evangelische Krankenhaus in Bi hat die Klägerin zu 1) den Begriff „Einrichtung“ im zweiten Rechtszug weiter dahin konkretisiert, dass damit allein das Krankenhaus mit seinen beiden dortigen Standorten und 28 Fachabteilungen in Bi gemeint sei. Der Antrag bezieht sich dagegen nicht auf die Tochtergesellschaften W GmbH, Z GmbH, M GmbH, S GmbH und K GmbH.

282. Die Anträge zu 1. b) und 1. c) genügen nicht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

29a) Das in diesen Anträgen enthaltene Merkmal „regelhaft“ ist nicht hinreichend bestimmt. Nach Auffassung der Kläger soll mit diesem Begriff zum Ausdruck gebracht werden, dass das Arbeitskampfverbot bereits dann eingreife, wenn die ganz überwiegende Zahl der Arbeitnehmer in Einrichtungen der Kläger zu 1) bis 3) nach Regelungen des Dritten Wegs beschäftigt werde. Auch mit dieser Erläuterung der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bleibt jedoch die Quantifizierung des Regelhaften im Ungewissen. Es ist nicht hinreichend bestimmt feststellbar, wann konkret Arbeitnehmer „regelhaft“ nach den auf dem Dritten Weg zustande gekommenen Bestimmungen beschäftigt werden. Nachdem zwischen den Parteien über den Inhalt des Begriffs „regelhaft“ Streit besteht und dieser eine wesentliche Voraussetzung der Anträge zu 1. b) und 1. c) darstellt, kann die Klärung der Frage, ob die auf dem Dritten Weg zustande gekommenen Arbeitsbedingungen „regelhaft“ vereinbart sind, nicht dem Vollstreckungsverfahren vorbehalten bleiben. Entgegen der Auffassung der Kläger führt dieses Verständnis nicht zu einer Verletzung des Gebots effektiven Rechtsschutzes. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Kläger im Einzelfall immer noch die Möglichkeit haben, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen Arbeitskampfmaßnahmen der Beklagten in Einrichtungen vorzugehen, in denen ihrer Auffassung nach die Anwendung der auf dem Dritten Weg zustande gekommenen Arbeitsvertragsbedingungen auf die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten vereinbart ist.

30b) Als nicht hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erweist sich des Weiteren der in den Anträgen zu 1. b) und 1. c) enthaltene Einschub „vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher Verpflichtungen (bspw. aus § 613a BGB)“.

31aa) Soweit sich der Vorbehalt beispielhaft auf § 613a BGB bezieht, genügt er allerdings den Bestimmtheitsanforderungen. Der Verweis auf § 613a BGB macht deutlich, dass hiervon die Fälle eines Betriebsübergangs im Sinne der gesetzlichen Bestimmung erfasst sein sollen. Auch wenn im Einzelfall streitig sein mag, ob der Tatbestand des § 613a BGB erfüllt ist, führt das entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zur Unbestimmtheit des Antrags. Vielmehr hat das Vollstreckungsgericht dann zu klären, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Insoweit gilt für den Rechtsbegriff „Betriebsübergang“ nichts anderes als für den Begriff „Betriebsänderung“ (vgl. dazu  - Rn. 40, BAGE 122, 134). Der Bestimmtheit dieses Vorbehalts steht jedoch entgegen, dass nicht klar ist, was die Kläger zu 1) bis 3) unter „anderslautenden gesetzlichen Verpflichtungen“ verstehen. Es ist schon nicht erkennbar, ob hiermit nur staatlich gesetzte Bestimmungen oder auch kirchengesetzliche Vorschriften gemeint sind.

32bb) Unklar ist ferner, was in dem Antrag zu 1. b) unter einem „kirchengesetzlich anerkannten Verfahren“ zu verstehen ist, das auf „strukturellem Gleichgewicht der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite beruht und ein geregeltes Schlichtungsverfahren beinhaltet“. Diese Formulierung knüpft offenbar an § 4 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a der Satzung des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V. an. Danach sind die Mitglieder des Diakonischen Werks verpflichtet, die Mitarbeitenden nach Arbeitsbedingungen zu beschäftigen, die in einem kirchengesetzlich anerkannten Verfahren gesetzt werden, welches auf strukturellem Gleichgewicht der Dienstgeber- und der Dienstnehmerseite beruht. Wann ein derartiges Verfahren vorliegt und welche Anforderungen an dieses zu stellen sind, ist indessen unbestimmt. Es gibt keine abstrakten Merkmale, anhand derer geprüft werden kann, ob ein kirchengesetzlich anerkanntes Verfahren vorliegt, das auf „strukturellem Gleichgewicht der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite beruht und ein geregeltes Schlichtungsverfahren beinhaltet“. Hierbei handelt es sich - anders als beim Begriff des „Betriebsübergangs“ oder der „Betriebsänderung“ - auch nicht um einen Gesetzesbegriff, der durch die Rechtsprechung näher ausgeformt worden ist. Die Klärung dieser Anforderungen darf deshalb nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden.

333. Der Antrag zu 1. d) der Kläger zu 1) bis 3) genügt in der gebotenen Auslegung den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und ist deshalb zulässig.

34a) Soweit der Antrag voraussetzt, dass in den Arbeitsverträgen die „vollumfängliche Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der EKD“ (AVR) vereinbart ist, ist dies dahin zu verstehen, dass damit die uneingeschränkte Geltung dieser AVR gemeint ist und demzufolge Fälle einer nur teilweisen arbeitsvertraglichen Bezugnahme hierauf vom Antrag nicht erfasst sein sollen. Dieser bezieht sich allerdings auch auf die Fälle, in denen die Kläger in den Arbeitsverträgen auf die AVR verweisen und diese damit vollumfänglich gelten, einzelne Arbeitnehmer jedoch - wie etwa die bei der Klägerin zu 1) beschäftigten Ärzte - darüber hinaus eine Differenzzulage zu den Tabellenwerten des TVöD-K erhalten. Entscheidend ist insoweit, dass die AVR insgesamt gelten. Darüber hinaus gewährte zusätzliche Leistungen stehen dem nicht entgegen.

35b) Der letzte Satzteil des Antrags zu 1. d), wonach die Beklagte verpflichtet werden soll, es zu unterlassen, „Streikaufrufe, die keine auf die arbeitsvertragliche Vereinbarung der AVR-DW-EKD bzw. BAT-KF/MTArb-KF bezogene Differenzierung enthalten, zu verbreiten“, ist nach dem Vortrag der Kläger zu 1) bis 3) so zu verstehen, dass jegliche Streikaufrufe ausdrücklich nur an solche Arbeitnehmer gerichtet werden dürfen, mit denen arbeitsvertraglich keine vollumfängliche Anwendung der genannten Regelungen des Dritten Wegs vereinbart ist. Diese Anforderung ist objektiv bestimmbar. Dass die Beklagte vor einem Streikaufruf nicht zuverlässig feststellen kann, welche Arbeitnehmer derartige arbeitsvertragliche Vereinbarungen getroffen haben, führt nicht zur Unzulässigkeit des Antrags. Die Durchführbarkeit dieser Verpflichtung betrifft vielmehr eine Frage der Begründetheit des Antrags.

364. Der Antrag zu 3. a) des Klägers zu 4) ist zulässig. Insoweit gilt das für die Kläger zu 1) bis 3) zum Antrag zu 1. a) Ausgeführte entsprechend. Die Anträge zu 3. b) bis 3. c) sind aus den zu den Anträgen zu 1. b) und 1. c) ausgeführten Gründen unzulässig. Der Antrag zu 3. d) ist dagegen aus den zum Antrag zu 1. d) ausgeführten Gründen zulässig.

375. In der gebotenen Auslegung sind die Anträge zu 5. a) und 5. e) der Kläger zu 5) und 6) zulässig, die Anträge zu 5. b) bis 5. d) dagegen unzulässig.

38a) Die Anträge zu 5. a) bis 5. d) sind aufgrund des prozessualen Vorbringens der Kläger teilweise einschränkend auszulegen.

39aa) Die Anträge 5. a) bis 5. d) sind aufgrund der Ausführungen der Kläger im zweiten Rechtszug zunächst dahin auszulegen, dass mit dem dort verwendeten Begriff „Mitglieder des Klägers zu 5)“ nur „Vollmitglieder“ gemeint sind. Hierdurch soll eine Abgrenzung von Gastmitgliedern (§ 5 der Satzung des Klägers zu 5)) und ruhenden Mitgliedschaften (§ 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 der Satzung des Klägers zu 5)) erfolgen, die vom Antrag nicht erfasst sind.

40bb) Nach dem Vortrag der Kläger zu 5) und 6) ist in Bezug auf die zu 5. a) bis 5. c) gestellten Anträge des Weiteren die formelle Mitgliedschaft im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V. maßgeblich. Dies ergibt sich insbesondere aus den Ausführungen im Schriftsatz vom . Dort haben die Kläger mit Blick auf den - 7 ABR 72/06 - BAGE 125, 100) geltend gemacht, das vom Bundesarbeitsgericht dort beanstandete Fehlen von Personen, die aufgrund eines kirchlichen Auftrags in entscheidungsbefugten Organen der Einrichtung mitwirkten, habe einen Sonderfall betroffen, der hier nicht vorliege. Dieser Fallkonstellation werde durch die weiteren Hilfsanträge Rechnung getragen. Damit erfassen die Anträge zu 5. a) bis 5. c) als Globalanträge auch Rechtsträger von Einrichtungen, in denen nicht sichergestellt ist, dass die verfasste Kirche ausreichende Einflussmöglichkeiten besitzt, um dauerhaft eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung der Einrichtung mit kirchlichen Zielen sicherzustellen. Nur bei einem solchen Antragsverständnis macht der im Schriftsatz vom angebrachte Hilfsantrag zu 5. d) Sinn.

41cc) Die Anträge zu 5. a) bis 5. c) betreffen nur Streikaufrufe der Beklagten in Einrichtungen des Klägers zu 5), deren Rechtsträger Vollmitglieder des Diakonischen Werks sind. Nicht erfasst sind dagegen Aufrufe zu Arbeitskampfmaßnahmen bei den Klägern zu 5) und 6) selbst. Damit ist ein Streikaufruf der Beklagten beim Kläger zu 5), der als eingetragener Verein eine eigenständige juristische Person darstellt und damit nach dem Verständnis der Beklagten als Arbeitgeber eine mögliche Tarifvertragspartei (§ 3 Abs. 1 TVG), nicht vom Unterlassungsbegehren umfasst. Gleiches gilt für die Klägerin zu 6) als Körperschaft des öffentlichen Rechts.

42b) So verstanden ist der Antrag zu 5. a) zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

43aa) Die formelle Vollmitgliedschaft eines Rechtsträgers beim Kläger zu 5) ist hinreichend bestimmbar. Die Unterscheidung zwischen Gast- und Vollmitgliedern ist zunächst grundsätzlich nach außen sichtbar. Die Mitglieder sind nach § 4 Abs. 3 der Satzung des Klägers zu 5) gehalten, das Kronenkreuz als eingeführtes Markenzeichen der Diakonie zu führen. Gastmitglieder sind demgegenüber nach § 5 Abs. 3 der Satzung des Klägers zu 5) dazu in der Regel ebenso wenig berechtigt wie den Bezeichnungen ihrer Einrichtungen einen Vermerk hinzuzufügen, aus dem sich die Zugehörigkeit zum Diakonischen Werk ergibt. Entscheidend ist jedoch, dass nach § 3 Abs. 2 der Satzung des Klägers zu 5) - abgesehen von Kirchengemeinden, Kirchenkreisen sowie Verbänden von Kirchengemeinden und Kirchenkreisen der Evangelischen Kirche von Westfalen - die Mitgliedschaft im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V. aufgrund eines Aufnahmeantrags erworben wird, der gegenüber dem Vorstand abzugeben ist und über den der Vorstand entscheidet. Eine einem solchen Antrag stattgebende Entscheidung bestätigt die - formelle - Mitgliedschaft beim Kläger zu 5). Ob eine derartige Entscheidung getroffen worden ist, ist in der Zwangsvollstreckung feststellbar. Entsprechendes gilt für die Entscheidung des Vorstands des Klägers zu 5) nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 der Satzung des Klägers zu 5), die Mitgliedschaftsrechte eines Mitglieds ruhen zu lassen. In diesem Fall darf im Übrigen auch das Kronenkreuz nicht mehr verwendet werden.

44bb) Der Antrag zu 5. a) ist in Bezug auf die Tochtergesellschaften einzelner Mitglieder hinreichend bestimmt. Entscheidend ist auch insoweit allein, ob diese formal Mitglied des Diakonischen Werks sind. Ob dies materiellrechtlich ausreichend ist, ist eine Frage der Begründetheit der Anträge.

45cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten bestehen gegen die Bestimmtheit des Begriffs „Rechtsträger“ keine Bedenken. Die Kläger haben diesen Begriff dahin erläutert, dass hiermit gekennzeichnet werde, welcher juristischen Person eine rechtlich selbständige oder unselbständige Organisationseinheit zugeordnet ist. Das genügt den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

46c) Die Anträge zu 5. b) bis 5. d) sind unzulässig. Wie bereits zu den Anträgen zu 1. b) und 1. c) ausgeführt, sind der darin enthaltene Begriff „regelhaft“ sowie der Einschub „vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher Verpflichtungen“ nicht hinreichend bestimmt.

47d) Der Antrag zu 5. e) ist in der das prozessuale Vorbringen der Kläger zu 5) und 6) berücksichtigenden Auslegung hinreichend bestimmt und damit zulässig.

48Soweit der Antrag voraussetzt, dass Arbeitnehmer in „kirchlichen Einrichtungen iSv. § 118 Abs. 2 BetrVG“ beschäftigt sind und deren Arbeitgeber Vollmitglied des Klägers zu 5) ist, bezieht er sich auf karitative und erzieherische Einrichtungen, die der Klägerin zu 6) institutionell zugeordnet sind. Für dieses Antragsverständnis ist maßgeblich, dass die Kläger zu 5) und 6) diese Formulierung erstmals im ersten Rechtszug im Schriftsatz vom in den Hilfsantrag zu 5. d) aufgenommen und dann später im Hilfsantrag zu 5. e) wiederholt haben, nachdem die Beklagte zuvor unter Hinweis auf den - 7 ABR 72/06 - BAGE 125, 100) gerügt hatte, allein aus der Zugehörigkeit zum Diakonischen Werk könne nicht geschlossen werden, dass es sich bei der jeweiligen Einrichtung um eine solche der Evangelischen Kirche handele. Hiernach setzt die Zuordnung zur Kirche iSd. § 118 Abs. 2 BetrVG eine institutionelle Verbindung zwischen der Kirche und der Einrichtung voraus, aufgrund derer die Kirche über ein Mindestmaß an Einflussmöglichkeiten verfügt, um auf Dauer eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung der Einrichtung mit kirchlichen Vorstellungen gewährleisten zu können. Die Kirche muss in der Lage sein, einen etwaigen Dissens in religiösen Angelegenheiten zwischen ihr und der Einrichtung zu unterbinden. Bestehen danach ausreichende inhaltliche und personelle Einflussmöglichkeiten der Kirche auf die religiöse Tätigkeit der Einrichtung, ist das tatsächliche Maß der Einflussnahme oder Kontrolle durch die Amtskirche ohne Bedeutung für die Zuordnung iSd. § 118 Abs. 2 BetrVG ( - Rn. 31 f., aaO unter Bezugnahme auf  - [Goch] zu B II 2 b aa bis kk der Gründe, BVerfGE 46, 73). Im Hinblick darauf ist der Antrag zu 5. e) so zu verstehen, dass „kirchlichen Einrichtungen iSv. § 118 Abs. 2 BetrVG“ nur solche sind, die den dargestellten Anforderungen gerecht werden. Auch wenn dies im Einzelfall nicht einfach feststellbar sein wird, führt dies nicht zur Unbestimmtheit des Antrags (vgl.  - zu B I 1 der Gründe, BAGE 103, 163). Insoweit gilt nichts anderes als für die im Einzelfall schwierige Feststellung der Voraussetzungen eines Betriebsübergangs oder einer Betriebsänderung durch das Vollstreckungsgericht.

496. Die Anträge zu 7. a) bis 7. e) des Klägers zu 7) entsprechen im Wesentlichen denen der Kläger zu 5) und 6). Alle Anträge setzen jedoch zusätzlich voraus, dass die Arbeitnehmer in Einrichtungen beschäftigt sind, „deren Rechtsträger zugleich Mitglieder eines dem Kläger zu 7) angehörenden Diakonischen Werks sind“. Damit nimmt der Kläger zu 7) darauf Bedacht, dass er ein von den Diakonischen Werken des Rheinlands, von Westfalen und der Lippischen Landeskirche gebildeter rechtsfähiger Verein ist. Auch für diesen Antrag gilt, dass von ihm Streikaufrufe beim Kläger zu 7) selbst nicht erfasst sind. Aus den zum Antrag zu 5. a) ausgeführten Gründen ist der Antrag zu 7. a) als Globalantrag zulässig, die Anträge zu 7. b) bis 7. d) sind dagegen wegen des unbestimmten Begriffs „regelhaft“ und des nicht hinreichend bestimmten Vorbehalts anderslautender gesetzlicher Verpflichtungen unzulässig. Der Antrag zu 7. e) ist zulässig.

507. Die Anträge zu 9. a) bis 9. d) der Kläger zu 8) und 9) entsprechen im Wesentlichen den Anträgen der Kläger zu 5) und 6). Demzufolge ist der Antrag zu 9. a) als Globalantrag zulässig. Die Anträge zu 9. b) bis 9. d) sind allerdings aus den in Bezug auf die Kläger zu 5) und 6) dargelegten Gründen unzulässig, der Antrag zu 9. e) ist dagegen zulässig.

51III. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass jeder der Kläger gegen die Beklagte einen eigenen Unterlassungsanspruch geltend macht und nicht etwa - wie noch im ersten Rechtszug erörtert - einen gemeinsamen, den betreffenden Klägern als Gesamtgläubiger zustehenden Anspruch im Wege der subjektiven Klagehäufung verfolgt. Damit erweisen sich die Bedenken der Beklagten gegen eine unzulässige Mehrfachtitulierung als unbegründet. Die örtliche Zuständigkeit für die Anträge der Kläger zu 3), 4), 5), 7), 8) und 9) war in der Revision nicht zu prüfen (§ 73 Abs. 2, § 65 ArbGG).

52B. Die Anträge sind - soweit zulässig - unbegründet. Als Anspruchsgrundlage für die von den Klägern geltend gemachten Unterlassungsansprüche kommt allein § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Betracht. In Bezug auf den Kläger zu 7) fehlt schon die erforderliche Aktivlegitimation, weil er durch die Streikaufrufe der Beklagten nicht in einem eigenen absoluten Recht verletzt ist. Beim Kläger zu 4) sowie den Klägern zu 8) und 9) besteht nicht die Besorgnis weiterer Beeinträchtigungen iSd. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB durch Streikaufrufe der Beklagten. Bezüglich der Kläger zu 1) bis 3) sowie zu 5) und 6) fehlt es hinsichtlich der Globalanträge zu 1. a) und 5. a) an der Gefahr einer ausnahmslosen Beeinträchtigung eines absoluten Rechts. Im Hinblick auf die zulässigen Hilfsanträge zu 1. d) und 5. e) besteht nicht die Sorge weiterer Beeinträchtigungen durch die dort bezeichneten Verletzungshandlungen.

53I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, in Bezug auf die Kläger zu 1) bis 3) könnte ein von der Beklagten geführter rechtswidriger Streik einen Eingriff in deren eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetriebe darstellen, der als „sonstiges Recht“ iSd. § 823 Abs. 1 BGB geschützt sei. Ob dies im Hinblick auf die Gemeinnützigkeit dieser Kläger zutrifft, kann dahinstehen. Das Landesarbeitsgericht wird mit diesem Verständnis des Prozessvortrags der Kläger deren Darlegungen nicht gerecht. Diese haben zur Begründung ihrer Unterlassungsanträge ausschließlich darauf abgestellt, durch Arbeitskampfmaßnahmen in ihrem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht verletzt zu werden. Dieses aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 iVm. Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 WRV folgende Recht ist ein deliktsrechtlich geschütztes sonstiges Recht iSd. § 823 Abs. 1 BGB, zu dessen Schutz § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog anzuwenden ist.

541. Der Anwendungsbereich des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB ist nicht auf Eigentumsbeeinträchtigungen beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle deliktsrechtlich geschützten Rechtsgüter und erfasst auch absolute Rechte ( - zu II 2 a der Gründe, NJW 1998, 2058). Letzteres setzt voraus, dass es dem Gläubiger zugeordnet ist und gegenüber jedermann unabhängig von einer rechtsgeschäftlichen Verbundenheit wirkt (MünchKommBGB/Wagner 5. Aufl. § 823 Rn. 142).

552. Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 iVm. Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 WRV erfüllt die Anforderungen eines absoluten Rechts.

56a) Die durch Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleistete freie Ordnung und Verwaltung der eigenen Angelegenheiten innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine notwendige, rechtlich selbständige Gewährleistung, die der Freiheit des religiösen Lebens und Wirkens der Kirchen und Religionsgesellschaften die zur Wahrnehmung dieser Aufgaben unerlässliche Freiheit der Bestimmung über Organisation, Normsetzung und Verwaltung hinzufügt ( - [Berufsbildung] zu C 1 der Gründe, BVerfGE 72, 278). Beide Gewährleistungen entstammen einem vom Verfassungsgeber anerkannten unantastbaren Freiheitsraum, der nicht etwa vom Staat zur Verfügung gestellt oder von ihm abgeleitet ist ( - [Volmarstein] zu C II 2 der Gründe, BVerfGE 57, 220). Sie kommen nicht nur den Religionsgesellschaften und deren rechtlich selbständigen Teilen zugute, sondern allen der verfassten Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform, wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück des Auftrags der Kirche wahrzunehmen und zu erfüllen (vgl.  - [KrankenhausG-NRW] zu C I 2 a der Gründe, BVerfGE 53, 366).

57Die Religionsgesellschaften iSd. Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV sind unmittelbare Träger des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts, die diesen zugeordneten Einrichtungen leiten dieses Recht von ihnen ab. Religionsgesellschaften vermitteln es ihnen, wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück des Auftrags der Kirche wahrzunehmen und zu erfüllen ( - [Loyalitätspflichten] zu B II 1 a der Gründe, BVerfGE 70, 138). Maßstab für das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist das Ausmaß der institutionellen Verbindung mit einer Religionsgesellschaft oder die Art der mit der Vereinigung verfolgten Ziele (vgl.  - [Goch] zu B II 2 a der Gründe, BVerfGE 46, 73; - 2 BvR 208/76 - [KrankenhausG-NRW] zu C I 2 a der Gründe, BVerfGE 53, 366).

58b) Hiernach erfüllt das kirchliche Selbstbestimmungsrecht aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 iVm. Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 WRV die Anforderungen, die an ein absolutes Recht iSd. § 823 Abs. 1 BGB gestellt werden (vgl.  - zu II 2 der Gründe, NJW 2000, 1555). Es ist Religionsgesellschaften und allen ihnen in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen und damit auch den Diakonischen Werken und den diesen zugeordneten Einrichtungen zugewiesen. Diese können sich hierauf auch gegenüber Dritten berufen.

593. Die Kläger zu 1) bis 6) sowie zu 8) und 9) sind Träger des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts und deshalb aktivlegitimiert, eine Verletzung dieses Rechts geltend zu machen, nicht dagegen der Kläger zu 7).

60a) Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht steht zunächst den Klägern zu 6) und 9) zu. Die Evangelische Landeskirche von Westfalen und die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers sind in der Rechtsform von Körperschaften des öffentlichen Rechts (Art. 4 der Kirchenordnung der Evangelischen Kirche von Westfalen vom idF der Bekanntmachung vom und Art. 2 Abs. 2 der Verfassung der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers vom ) Teil der verfassten Kirche und damit unmittelbare Träger des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts.

61b) Den weiteren Klägern zu 1) bis 5) und zu 8) wird dieses Recht durch die verfasste Kirche vermittelt, da sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück des Auftrags der Kirche wahrzunehmen und zu erfüllen.

62aa) Die Zuordnung des Klägers zu 5) zur Evangelischen Kirche von Westfalen ergibt sich zunächst aus der Kirchenordnung der Evangelischen Kirche von Westfalen vom idF der Bekanntmachung vom (im Folgenden: Kirchenordnung). Nach Art. 164 Kirchenordnung geschieht der Dienst der Verkündung und der Liebe, zu dem alle Glieder der Kirche gerufen sind, in besonderer Weise durch die missionarisch-diakonischen Werke der Kirche. Diese haben gemäß Art. 165 Kirchenordnung innerhalb der kirchlichen Ordnung die Freiheit, ihre Arbeit so zu gestalten, wie es ihrem besonderen Auftrag und ihrer Geschichte entspricht. Die Verbindung der einzelnen Werke mit der Evangelischen Kirche von Westfalen ist entsprechend Art. 166 Kirchenordnung durch das DiakonieG-Westfalen vom geordnet. Nach § 2 DiakonieG-Westfalen wird der diakonische Auftrag durch die Kirchengemeinden, durch rechtlich selbständige Träger diakonisch-missionarischer Arbeit, die sich im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen als Landesverband zusammenschließen, und durch die Evangelische Kirche von Westfalen in Verbindung mit dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen wahrgenommen. Dabei hat die Evangelische Kirche von Westfalen gemäß § 8 Abs. 1 DiakonieG-Westfalen die Verantwortung für die diakonische Ausrichtung der kirchlichen Arbeit und für die Förderung diakonischer Arbeit in ihrem Bereich. Näheres regelt die Satzung des Diakonischen Werks. Deren Erlass, Änderung und Aufhebung kann wiederum nur im Einvernehmen mit der Kirchenleitung erfolgen (§ 9 Nr. 1 Buchst. b DiakonieG-Westfalen). Ebenso erfolgt die Wahl des Vorsitzenden des Verwaltungsrats des Diakonischen Werks im Einvernehmen mit der Kirchenleitung (§ 9 Nr. 1 Buchst. e DiakonieG-Westfalen). Der Hauptversammlung des Diakonischen Werks gehören gemäß § 10 DiakonieG-Westfalen bis zu zehn von der Landessynode entsandte Vertreter an. Daneben gehören dem Verwaltungsrat des Diakonischen Werks der Präses und ein Beauftragter der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen an. In diesen kirchenrechtlichen Regelungen kommt eine hinreichende institutionelle Verbundenheit zwischen dem Diakonischen Werk und der Evangelischen Kirche zum Ausdruck (dazu  - [Goch] zu B II 2 a der Gründe, BVerfGE 46, 73;  - Rn. 35, BAGE 125, 100). Die Evangelische Kirche von Westfalen ist in den Organen des Klägers zu 5) vertreten. Sie hat damit ausreichende Einflussmöglichkeiten, um auf Dauer eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung der Einrichtung mit den kirchlichen Vorstellungen zu gewährleisten.

63bb) Gleiches gilt für das Diakonische Werk der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers (Kläger zu 8)). Die institutionelle und personelle Verbundenheit mit der Landeskirche folgt aus kirchengesetzlichen und satzungsrechtlichen Bestimmungen. Nach § 2 DiakonieG-Hannover ist das Diakonische Werk der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers mit den ihm angehörenden Einrichtungen, Werken, Verbänden und sonstigen Diensten auf der Grundlage seiner Satzung gemäß Art. 118 Abs. 1 der Kirchenverfassung als landeskirchliches Werk anerkannt. Es erfüllt seine Aufgaben in Bindung an die Kirchenverfassung und unter Mitwirkung der kirchenleitenden Organe der Landeskirche. Nach § 10 Abs. 1 DiakonieG-Hannover achten diese im Rahmen ihrer Aufgaben darauf, dass die Arbeit des Diakonischen Werks auf der Grundlage dieses Kirchengesetzes geschieht. Gemäß § 2 Abs. 1 der Satzung des Klägers zu 8) nimmt das Diakonische Werk diakonische Aufgaben der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers wahr und sorgt für die Ausrichtung kirchlicher Arbeit in diakonischer Verantwortung. Gemäß § 13 Abs. 1 und Abs. 2 der Satzung des Klägers zu 8) müssen die Mitglieder des Präsidiums evangelischen Bekenntnisses sein. Zwei Mitglieder des Präsidiums werden dabei vom Landeskirchenamt entsandt. Der Landesbischof ist nach § 13 Abs. 5 der Satzung des Klägers zu 8) zu den Sitzungen des Präsidiums einzuladen. Er kann dabei jederzeit das Wort ergreifen und Anträge stellen. Nach § 18 Abs. 3 der Satzung des Klägers zu 8) fällt bei Auflösung oder Aufhebung des Diakonischen Werks dessen Vermögen der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers zu (vgl. dazu  - Rn. 35 mwN, BAGE 125, 100).

64cc) Des Weiteren kann sich die Klägerin zu 1) auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht berufen.

65(1) Sie ist Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V. Aufgrund der Regelungen des Gesellschaftsvertrags hat die Evangelische Kirche von Westfalen hinreichende institutionelle und personelle Möglichkeiten, um eine Übereinstimmung der Betätigung der Klägerin zu 1) mit kirchlichen Vorstellungen sicherzustellen.

66(a) Nach § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags sind die Anstalt Bethel, kirchliche Stiftung des privaten Rechts, die Westfälische Diakonissenanstalt Sarepta, kirchliche Stiftung des privaten Rechts, die Westfälische Diakonenanstalt Nazareth, kirchliche Stiftung des privaten Rechts und das Johanneswerk Gesellschafter der Klägerin zu 1). Nach § 2 der Satzung der Stiftung Bethel ist Zweck dieser Stiftung die Unterstützung hilfsbedürftiger Personen, die Förderung der Wohlfahrtspflege, des öffentlichen Gesundheitswesens, der Jugend- und Altenhilfe, der Bildung und Erziehung, der Wissenschaft und Forschung. Die Stiftung verfolgt ausschließlich gemeinnützige Zwecke. Sie ist Mitglied des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V. Nach § 7 Nr. 2 der Satzung der Stiftung Bethel sollen im Verwaltungsrat in angemessener Weise die Verbindung der Stiftung mit Kirche und Diakonie, die Zusammenarbeit mit Repräsentanten des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens, fachliche Beratungsmöglichkeiten des Vorstands sowie Mitverantwortung und Mitarbeit zum Ausdruck kommen. Der Verwaltungsrat bestellt nach § 8 Nr. 1 der Satzung der Stiftung Bethel die einzelnen Vorstandsmitglieder und auch den Vorstandsvorsitzenden. Dieser soll Pastor sein. Entsprechendes gilt für die Satzungen der Stiftungen Nazareth und Sarepta. Auch diese verfolgen ausschließlich gemeinnützige Zwecke und gehören der Evangelischen Kirche von Westfalen und dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V. an. Ebenso wie bei der Stiftung Bethel soll auch in diesen beiden Stiftungen der Vorstandsvorsitzende ein Pastor sein.

67(b) Der vierte Gesellschafter der Klägerin zu 1), das Johanneswerk, will nach seiner Satzung als karitative und erzieherische Einrichtung der Evangelischen Kirche von Westfalen Menschen in leiblicher Not, seelischer Bedrängnis und in sozial belasteten Verhältnissen helfen. Dieser Satzungszweck wird insbesondere verwirklicht durch den Betrieb von Krankenhäusern, Wohnheimen, Wohn- und Pflegeheimen sowie Werkstätten für Behinderte. Das Johanneswerk verfolgt gemeinnützige Zwecke. Den Organen des Vereins, Mitgliederversammlung und Verwaltungsrat, können nach § 5 Abs. 2 der Satzung des Johanneswerks nur Personen angehören, die Mitglied der Evangelischen Kirche oder einer anderen der in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Bundesrepublik e. V. vertretenen evangelischen Kirche sind. Der Vorstand des Johanneswerks besteht aus bis zu fünf Mitgliedern, die vom Verwaltungsrat berufen werden. Der Vorsitzende oder sein Stellvertreter muss ordinierter Theologe sein. Die Berufung oder Abberufung der einzelnen Mitglieder des Vorstands erfolgt nach Beratung mit dem Vorsitzenden Geschäftsführer des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V. und im Benehmen mit der Leitung der Evangelischen Kirche von Westfalen (§ 8 Abs. 1 und Abs. 2 der Satzung des Johanneswerks).

68(c) Dem Aufsichtsrat der Klägerin zu 1) obliegt nach § 18 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags die Überwachung der Geschäftsführung. Er ist zuständig für die Bestellung, Abberufung und Entlastung der Geschäftsführung. Diese benötigt im Innenverhältnis für alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens hinausgehen, die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats. Dieser hat ein Vetorecht bei der Einstellung und Entlassung leitender Ärzte einschließlich späterer Änderungen ihrer Anstellungsverträge (§ 18 Abs. 3 Buchst. b des Gesellschaftsvertrags). Gemäß § 16 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags werden drei Aufsichtsratsmitglieder von den Stiftungen Bethel, Nazareth und Sarepta nominiert und zwei weitere Aufsichtsratsmitglieder vom Johanneswerk. Dem Handelsregister ist zu entnehmen, dass derzeit drei Pastoren, ein Diplom-Kaufmann und ein Jurist dem Aufsichtsrat angehören.

69(2) Aufgrund dieser Gesellschafterstruktur und Besetzung des Aufsichtsrats ist ein ausreichender personeller Einfluss der Kirche auf die Arbeit der Klägerin zu 1) sichergestellt. Anders als in dem vom Bundesarbeitsgericht am (- 7 ABR 72/06 - BAGE 125, 100) entschiedenen Fall, in dem eine nicht kirchliche Stiftung Alleingesellschafterin eines Krankenhauses war und eine Beteiligung von Vertretern der Evangelischen Kirche oder ihres Diakonischen Werks in den entscheidungsbefugten Organen der Arbeitgeberin nicht vorgesehen war, ist hier aufgrund der Gesellschafterstruktur und der Vorschriften über die Bestellung des Aufsichtsrats bereits eine ausreichende Einflussnahme der Kirche sichergestellt. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Klägerin zu 1) um eine historisch mit der Evangelischen Kirche verbundene Einrichtung handelt. Diese ist im Jahre 2005 nach einer Fusion des evangelischen Krankenhauses Gilead und des Johannes-Krankenhauses entstanden. Bei diesen beiden handelt es sich um evangelische Krankenhäuser mit einer zum Teil über hundertjährigen kirchlichen Tradition.

70dd) Auch der Kläger zu 2) (Johanneswerk) kann sich auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht berufen. Er gehört dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V. an. Wie bereits ausgeführt, ergibt sich aus seiner Satzung eine hinreichende Einflussmöglichkeit der Landeskirche auf die Arbeit dieses Vereins.

71ee) Schließlich können sich auch die Kläger zu 3) und 4) auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht berufen.

72(1) Die Klägerin zu 3) (Evangelische Jugendhilfe Friedenshort GmbH Heimat für Heimatlose) verfolgt nach ihrem Gesellschaftsvertrag den Zweck, die Kinder-, Jugend-, Alten- und Familienhilfe zu fördern. Die Gesellschaft versteht ihre Arbeit als Lebens- und Wesensäußerung der evangelischen Kirche und als Auftrag zur Ausübung christlicher Nächstenliebe im Sinne der Diakonie in christlich-kirchlicher Verantwortung (§ 2 des Gesellschaftsvertrags). Die Stammeinlage wird nach § 3 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin zu 3) von der Diakonissenmutterhaus Stiftung Friedenshort gehalten. Die Gesellschaft verfolgt nach § 4 ihres Gesellschaftsvertrags ausschließlich gemeinnützige Zwecke. Der Gesellschafterversammlung gehören nach § 6 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin zu 3) neben dem Vorstand der Diakonissenmutterhaus Stiftung Friedenshort die Mitglieder ihres Kuratoriums an. Nach § 9 des Gesellschaftsvertrags werden zu Geschäftsführern diejenigen Personen bestellt, die dem Vorstand der Diakonissenmutterhaus Stiftung Friedenshort angehören. Damit ist sowohl personell wie institutionell ein ausreichender Einfluss der Kirche auf die Arbeit der Gesellschaft gewährleistet.

73(2) Der Kläger zu 4) (Diakonisches Werk Christophorus e. V.) widmet sich nach § 2 seiner Satzung der Förderung, Pflege und Betreuung von geistig, körperlich, seelisch und mehrfach behinderten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit dem Ziel, ein Höchstmaß an Selbständigkeit und Lebensqualität zu vermitteln. Der Verein ist nach § 3 Nr. 2 seiner Satzung Mitglied des Diakonischen Werks der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers e. V. und verfolgt nach § 4 Nr. 1 der Satzung ausschließlich gemeinnützige Zwecke. Die Mitglieder des Aufsichtsrats müssen nach § 8 Nr. 1 der Satzung des Klägers zu 4) einer christlichen Kirche angehören und in ihrer Mehrheit Mitglieder der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers sein. Ein Mitglied des Aufsichtsrats soll Pastor und Inhaber einer Pfarrstelle sein. Nach § 10 Nr. 1 der Satzung des Klägers zu 4) fällt das Vermögen im Falle der Auflösung oder Aufhebung des Vereins oder bei Wegfall seines bisherigen Zwecks an einen anderen diakonischen oder kirchlichen Rechtsträger, der die Vereinszwecke weiterverfolgt. Aufgrund dieser Satzungsbestimmungen ist institutionell und personell ein hinreichender kirchlicher Einfluss auf die Vereinsarbeit gewährleistet.

74c) Der Kläger zu 7) (Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe e. V.) kann sich nicht auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht berufen. Der Satzung ist nicht zu entnehmen, dass er die Aufgabe hat, ein Stück des Auftrags der Kirche wahrzunehmen und zu erfüllen.

75aa) Nach der Präambel der Satzung des Klägers zu 7) sind das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche im Rheinland e. V., das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V. und das Diakonische Werk der Lippischen Landeskirche e. V. aufgrund der sozialen, ökonomischen und finanziellen Entwicklung übereingekommen, den Kläger zu 7) zu bilden (dazu im Einzelnen Linzbach KuR 2008, 155, 156 ff.). Nach § 2 der Satzung des Klägers zu 7) ist Zweck des Vereins insbesondere die Beschaffung von Mitteln zur Förderung aller Gebiete der Diakonie als Religionsausübung der Evangelischen Kirche, namentlich zur Förderung der Religion, der Jugend- und Altenhilfe, des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege, der Bildung und Erziehung, des Wohlfahrtswesens und des Schutzes der Familie. Dieser Zweck wird satzungsgemäß insbesondere verwirklicht durch die Unterstützung der Mitglieder des Vereins, namentlich der drei gliedkirchlichen Werke Rheinland, Westfalen und Lippe. Dazu berät der Verein in fachlicher, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht. In Grundsatzfragen der diakonisch-missionarischen Arbeit und in Fragen der Zuordnung zu den Kirchen organisiert der Verein die Abstimmung mit den drei Landeskirchen über deren Diakonische Werke nach gliedkirchlichem Recht. Der Verein ist gemäß § 3 seiner Satzung ausschließlich gemeinnützig tätig. Der Vorstand besteht nach § 12 der Satzung des Klägers zu 7) aus mindestens zwei Personen, von denen jeweils eine vom Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche im Rheinland e. V. und eine vom Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V. vorgeschlagen wird. Der Sprecher muss ordinierter Theologe sein. Dem Verwaltungsrat gehören nach § 9 Abs. 1 der Satzung des Klägers zu 7) der jeweilige Vorsitz und der stellvertretende Vorsitz des Diakonischen Rats des Diakonischen Werks Rheinland und des Verwaltungsrats des Diakonischen Werks Westfalen an sowie zwei weitere Mitglieder des Diakonischen Rats des Diakonischen Werks Rheinland und des Verwaltungsrats des Diakonischen Werks Westfalen sowie ein Mitglied der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland, das wiederum dem Diakonischen Rat des Diakonischen Werks angehört.

76bb) Aufgrund dieser Satzungsbestimmungen ist zwar davon auszugehen, dass ein personeller Einfluss der Evangelischen Kirche von Westfalen auf den Kläger zu 7) gewährleistet ist. Dem in § 2 der Satzung des Klägers zu 7) beschriebenen Vereinszweck ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der Kläger zu 7) dazu berufen ist, ein Stück des Auftrags der Kirche wahrzunehmen oder zu erfüllen. Zu seinen Aufgaben gehört gerade nicht ein karitatives Wirken im Sinne tätiger Nächstenliebe, sondern die Beratung namentlich der drei gliedkirchlichen Diakonischen Werke Rheinland, Westfalen und Lippe in fachlicher, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht. Des Weiteren koordiniert er die Abstimmung mit den drei Landeskirchen. Aufgabe des Klägers zu 7) ist demzufolge nicht, sich der Menschen in leiblicher Not, seelischer Bedrängnis und in sozial ungerechten Verhältnissen anzunehmen und die Ursache dieser Nöte zu beheben, wie es nach § 1 DiakonieG-Westfalen Auftrag der Diakonie ist. Dieser vollzieht sich nach dieser Bestimmung in Wort und Tat als ganzheitlicher Dienst mit und an den Menschen. Er richtet sich an Einzelne und Gruppen ungeachtet des Geschlechts, der Abstammung, der Herkunft oder der Religion. Mit allen diesen Zielsetzungen der Diakonie hat der Kläger zu 7) nichts gemein. Es handelt sich bei ihm letztlich um eine Art „Unternehmensberatung“ in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins, dessen Aufgabe die Beratung der drei gliedkirchlichen Diakonischen Werke Rheinland, Westfalen und Lippe in fachlicher, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht ist (§ 2 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 der Satzung des Klägers zu 7)).

77cc) Ist der Kläger zu 7) danach nicht Träger des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts, ist seine Klage unbegründet und schon deshalb im vollen Umfang abzuweisen, weil die Verletzung dieses absoluten Rechts nicht zu besorgen ist. Eine Beeinträchtigung durch Verletzung anderer absoluter Rechte hat der Kläger zu 7) nicht behauptet. Im Übrigen ist die Klage aus denselben Gründen abzuweisen wie die der Kläger zu 5) und 6) (dazu unten zu B III 11 a dd und ee der Gründe).

78II. Weitere Aufrufe zu Arbeitskampfmaßnahmen und daraus nach Auffassung der Kläger folgende weitere Beeinträchtigungen des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB) haben nur die Kläger zu 1) bis 3) sowie zu 5) und 6) zu besorgen, nicht dagegen die Kläger zu 4), 8) und 9).

791. Künftige Beeinträchtigungen eines geschützten Rechts sind grundsätzlich zu besorgen, wenn sie auf einer bereits erfolgten Verletzungshandlung beruhen (Wiederholungsgefahr) oder eine solche ernsthaft zu befürchten ist (Erstbegehungsgefahr).

80a) Wiederholungsgefahr ist die objektive Gefahr der erneuten Begehung einer konkreten Verletzungshandlung. Sie ist nicht auf die identische Verletzungsform beschränkt, sondern umfasst alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen (st. Rspr., vgl.  - zu II 4 b der Gründe, GRUR 2005, 443).

81b) Eine Erstbegehungsgefahr besteht, wenn ein rechtswidriger Eingriff in ein absolutes Recht oder ein sonst vom Recht geschütztes Gut oder Interesse unmittelbar bevorsteht. Dafür muss die Beeinträchtigung eines geschützten Rechts konkret drohen (vgl.  - Rn. 12, NJW 2009, 3787), sie muss ernsthaft und greifbar zu befürchten sein ( - zu II 2 b der Gründe, NJW-RR 1999, 1563). Berühmt sich eine Partei eines Rechts, begründet dies eine Erstbegehungsgefahr, wenn den Erklärungen bei Würdigung der Einzelumstände des Falles auch die Bereitschaft zu entnehmen ist, sich unmittelbar oder in naher Zukunft in dieser Weise zu verhalten ( - Rn. 14, GRUR-RR 2009, 299). Anders als bei der Wiederholungsgefahr spricht für das Vorliegen einer Erstbegehungsgefahr keine Vermutung, so dass derjenige, der sie geltend macht, alle Umstände darlegen und beweisen muss, aus denen sie sich im konkreten Fall ergeben soll (Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren 10. Aufl. Kap. 10 Rn. 8 mwN).

822. Bei der Erstbegehungs- und der Wiederholungsgefahr handelt es sich um materielle Anspruchsvoraussetzungen des Unterlassungsanspruchs (vgl.  - zu II 3 a der Gründe, NJW 2005, 594). Stützt der Kläger sein Unterlassungsbegehren sowohl auf eine Wiederholungsgefahr wegen einer behaupteten Verletzungshandlung als auch auf eine Erstbegehungsgefahr wegen bestimmter Erklärungen des Beklagten, handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände, da die einheitliche Rechtsfolge aus unterschiedlichen Lebenssachverhalten hergeleitet wird ( - Rn. 25, BGHZ 166, 253). Hat der Kläger sein Unterlassungsbegehren zunächst nur mit einer Wiederholungsgefahr begründet, kann er sich in der Revision nicht auf eine Erstbegehungsgefahr stützen, da in das Revisionsverfahren kein neuer Streitgegenstand eingeführt werden kann (vgl.  - Rn. 58, NJW-RR 2009, 1558).

833. Die Beurteilung der Erstbegehungsgefahr ebenso wie die einer Wiederholungsgefahr ist im Wesentlichen tatsächlicher Natur und in der Revisionsinstanz nur beschränkt darauf nachprüfbar, ob das Berufungsgericht von richtigen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen ist und keine wesentlichen Tatumstände außer Acht gelassen hat ( - zu B II 1 b der Gründe, GRUR 1987, 45).

844. Nach diesen Grundsätzen besteht bei den Klägern zu 1) bis 3) sowie zu 5) und 6) hinsichtlich der in den Anträgen zu 1. a) und 5. a) bezeichneten Arbeitskampfmaßnahmen wegen in der Vergangenheit bereits durchgeführten Streiks die Gefahr, dass die Beklagte zu derartigen Arbeitsniederlegungen erneut aufrufen wird. Für die in den Anträgen zu 1. d) und 5. e) beschriebenen Streiks besteht eine derartige Gefahr dagegen nicht.

85a) In Bezug auf den Antrag zu 1. a) der Klägerin zu 1) ist von einer Wiederholungsgefahr auszugehen. Deren Beschäftigte wurden im Oktober 2008 und im Mai 2009 von der Beklagten zu einem befristeten Warnstreik aufgerufen. Dies begründet die Vermutung, dass es zukünftig zu weiteren Streikaufrufen kommen kann, da die Beklagte nicht erklärt hat, künftig keine Streiks mehr durchführen zu wollen. Von der Vermutung erfasst werden nicht nur befristete Warnstreiks, sondern auch die weiteren im Antrag bezeichneten Streikaufrufe der Beklagten. Im Hinblick auf die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts handelt es sich hierbei um im Kern gleiche Verletzungshandlungen. Entsprechendes gilt für den Kläger zu 2) und die Klägerin zu 3). Deren Beschäftigte hat die Beklagte im Mai und September 2009 zu Warnstreiks aufgerufen. Da die Kläger zu 1) bis 3) ihr Selbstbestimmungsrecht von der verfassten Kirche ableiten, begründet die bei ihnen bestehende Wiederholungsgefahr zugleich in Bezug auf den Antrag zu 5. a) eine Begehungsgefahr bei den Klägern zu 5) und 6), da diese den Klägern zu 1) bis 3) aufgrund deren Zuordnung zur Evangelischen Kirche von Westfalen diese Rechtsposition abgestuft vermitteln.

86b) Bezüglich der Anträge zu 1. d) und 5. e) besteht dagegen keine Wiederholungsgefahr. Streikaufrufe der Beklagten, die sich nur an solche Arbeitnehmer richten, die arbeitsvertraglich die vollumfängliche Anwendung der im Antrag genannten Regelungen des Dritten Wegs vereinbart haben, hat es in der Vergangenheit nicht gegeben. Hierbei handelt es sich auch nicht um Streikaufrufe, die mit den bereits erfolgten im Kern gleichartig sind. Während sich diese - wie üblich - auf alle Beschäftigten der Kläger zu 1) bis 3) bezogen haben, würde ein den Anträgen zu 1. d) und 5. e) entsprechender Aufruf eine Personengruppe erfassen, deren Größe die Beklagte im Voraus nicht einmal annähernd bestimmen kann, weil sie die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Beschäftigten nicht kennt und auch nicht rechtssicher in Erfahrung bringen kann. Der in diesem Antrag formulierte Streikaufruf weicht deshalb von den typischen Aufrufen zu Arbeitsniederlegungen ganz erheblich ab und ist letztlich wirklichkeitsfremd. Für das Bestehen einer Erstbegehungsgefahr haben die Kläger nichts vorgetragen.

875. Für den Kläger zu 4) hat das Landesarbeitsgericht eine Wiederholungs- und Erstbegehungsgefahr in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint.

88a) Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, es habe bislang beim Kläger zu 4) noch keine Arbeitsniederlegungen gegeben. Eine Wiederholungsgefahr bestehe deshalb nicht. Auch eine Erstbegehungsgefahr sei nicht feststellbar. Diese setze einen aktuell drohenden Eingriff voraus, was sich aus bereits begonnenen Vorbereitungshandlungen ergeben könne. Die Aufforderung zu Tarifverhandlungen könne jedoch nicht als Vorbereitungshandlung zu Streikmaßnahmen verstanden werden. Zwar könne sich eine Erstbegehungsgefahr im Einzelfall auch schon daraus ergeben, dass der Gegner sich einer diesbezüglichen Berechtigung berühme. Voraussetzung für eine aus der bloßen Berühmung folgende Begehungsgefahr sei jedoch, dass der abzuwehrende Angriff allein vom Willen des Gegners abhänge. Andernfalls fehle es trotz des Berühmens an einer aktuellen Begehungsgefahr. Diese Voraussetzungen einer Erstbegehungsgefahr hat das Landesarbeitsgericht dem Schreiben der Beklagten vom nicht entnehmen können. Dies enthalte eine Aufforderung zur Aufnahme von Tarifverhandlungen verbunden mit der ganz allgemein gehaltenen Androhung von Arbeitskampfmaßnahmen. Auch wenn es für die Durchführung von Warnstreiks keiner Urabstimmung bedürfe und im Übrigen die Rechtmäßigkeit von Streiks im Verhältnis zum Gegner nicht von der Einhaltung satzungsmäßiger Regelungen der Gewerkschaft abhänge, bedürfe es doch vor Durchführung eines Streiks zumindest der Klärung, ob tatsächlich in der Belegschaft eine ausreichende Zahl von Personen vorhanden ist, welche zu offen bekundetem Protest bereit seien und Kampfeswillen bekennen wollten. Anders als bei überwiegend gewerkschaftlich organisierten Betrieben könne dies bei Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft nicht als selbstverständlich angesehen werden. Dementsprechend folge aus der Verknüpfung zwischen der Aufforderung zu Tarifverhandlungen und der allgemeinen Androhung von Maßnahmen eines Arbeitskampfes noch keine aktuelle Begehungsgefahr. Anderes käme in Betracht, wenn die Gewerkschaft nach Zurückweisung der Verhandlungsaufforderung „nunmehr“ mit Kampfmaßnahmen drohe und ihre in der Einrichtung tätigen Mitglieder zur Teilnahme auffordere.

89b) Die hiergegen von der Revision erhobenen Rügen sind unbegründet. Das Berufungsgericht ist in seinen Obersätzen von richtigen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen und hat keine wesentlichen Tatumstände außer Acht gelassen. Soweit der Kläger zu 4) unter Bezug auf die Senatsrechtsprechung versucht, einen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts aufzuzeigen, übersieht er, dass es in den von ihm hierbei angeführten Fällen in der Vergangenheit entweder einen konkreten Streikaufruf gegeben hat oder sogar Streikaktionen stattgefunden haben. Dies war jedoch beim Kläger zu 4) nach den insoweit nicht angegriffenen und damit nach § 559 Abs. 1 ZPO bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gerade nicht der Fall. Soweit die Revision ausführt, bei lebensnaher Betrachtung des Schreibens vom habe ein verständiger Arbeitgeber davon ausgehen können, dass nach fruchtlosem Ablauf des Ultimatums Streikmaßnahmen folgen, setzt sie lediglich ihre Auffassung an die Stelle der Würdigung des Landesarbeitsgerichts. Dies genügt nicht, weil nicht aufgezeigt wird, aus welchen konkreten Gründen die vom Berufungsgericht vorgenommene Sachverhaltswürdigung fehlerhaft sein soll. Die Rüge der Revision, die Begründung des Landesarbeitsgerichts, aufgrund des niedrigen Organisationsgrads beim Kläger zu 4) sei auch die Streikbereitschaft gering, sei nicht nachvollziehbar und bloße Spekulation, viel naheliegender sei vielmehr die Annahme, die Beklagte habe gerade den Kläger zu 4) zum Opfer von Streikmaßnahmen auserkoren, weil dort sämtliche Mitglieder der Mitarbeitervertretung zugleich Mitglieder der Beklagten seien, genügt nicht zur Begründung einer Erstbegehungsgefahr. Auch wenn man diese Annahme als zutreffend unterstellt, ergibt sich daraus noch kein hinreichend konkreter Anhaltspunkt für einen unmittelbar bevorstehenden, greifbar nahen Streik. Die bloße Mitgliedschaft der Mitglieder einer Mitarbeitervertretung bei der Beklagten ist auch in der Zusammenschau mit dem Schreiben vom nicht geeignet, einen solchen zu begründen.

906. Da es in Bezug auf den Kläger zu 4) an einer Begehungsgefahr fehlt, kann er sie auch nicht den Klägern zu 8) und 9) (Diakonisches Werk der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers e. V. und Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers) vermitteln. In Bezug auf diese ist auch aus anderen Gründen nicht von einer Wiederholungsgefahr auszugehen.

91a) Nach dem Vortrag beider Parteien hat es im Bereich der B Jugendhilfe gGmbH, Hannover, im Mai und September 2009 Streiks gegeben. Hierauf haben sich die Kläger auch ausdrücklich berufen. Diese Streiks sind zwar an sich geeignet, die tatsächliche Vermutung einer erneuten Beeinträchtigung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts zu begründen. Die Kläger haben jedoch nicht dargelegt, dass es sich bei dieser Gesellschaft um eine der Kirche zugeordnete Einrichtung handelt, die nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck und ihrer Aufgabe entsprechend berufen ist, ein Stück des Auftrags der Kirche wahrzunehmen oder zu erfüllen. Hierzu fehlt jeglicher Vortrag. Die bloße Mitgliedschaft der B Jugendhilfe gGmbH beim Kläger zu 8) genügt hierfür nicht. Die Kläger hätten vielmehr aufzeigen müssen, dass der Kirche ein hinreichender institutioneller und personeller Einfluss auf die B Jugendhilfe gGmbH ermöglicht ist. Dies ist indes nicht erfolgt.

92b) Ein Hinweis an die Kläger nach § 139 Abs. 2 ZPO war nicht geboten. Diesen ist nach dem gesamten Akteninhalt bekannt, dass nach der einschlägigen Rechsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts die bloße Mitgliedschaft im Diakonischen Werk keine hinreichende Bedingung für die Zuordnung einer Einrichtung zur Kirche darstellt. Des Weiteren bestand für die Kläger zu 4), 8) und 9) aufgrund der im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze hinreichende Veranlassung, hierzu weiteren Vortrag zu halten. Es lag damit an ihnen, den Vortrag zu vervollständigen.

93III. Die von den Klägern zu 1) bis 3) sowie zu 5) und 6) zu besorgenden weiteren Aufrufe der Beklagten zu Arbeitskampfmaßnahmen im Sinne der als Globalanträge gestellten Unterlassungsanträge zu 1. a) und 5. a) führen nicht ausnahmslos zu einer rechtswidrigen Beeinträchtigung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts. Zwar ist die Entscheidung der betroffenen Kirchen, ihre kollektive Arbeitsrechtsordnung nicht mit Gewerkschaften durch erstreikbare Tarifverträge zu gestalten, sondern paritätisch besetzten, am Leitbild der Dienstgemeinschaft ausgerichteten Arbeitsrechtlichen Kommissionen und Schiedskommissionen zu überlassen (sog. Dritter Weg), von ihrem Selbstbestimmungsrecht umfasst. Doch führt ein Arbeitskampf in ihren diakonischen Einrichtungen zur Durchsetzung von Tarifforderungen nur dann zu einer rechtswidrigen Beeinträchtigung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts, wenn in den jeweiligen Einrichtungen die auf dem Dritten Weg zustande gekommenen Arbeitsrechtsregelungen verbindlich sind und Gewerkschaften in dieses Arbeitsrechtsregelungsverfahren organisatorisch eingebunden werden.

941. Der Schutzbereich des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts erfasst die individualrechtliche wie kollektivrechtliche Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen der in kirchlichen Einrichtungen beschäftigten Arbeitnehmer.

95a) Nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze. Hierzu gehören alle Maßnahmen, die in Verfolgung der vom kirchlichen Grundauftrag her bestimmten Aufgaben zu treffen sind, wie zB Vorgaben struktureller Art, aber auch die Personalauswahl und die mit diesen Entscheidungen untrennbar verbundene Vorsorge zur Sicherstellung der „religiösen Dimension“ des Wirkens im Sinne kirchlichen Selbstverständnisses. Dies schließt die rechtliche Vorsorge für die Wahrnehmung kirchlicher Dienste durch den Abschluss privatrechtlicher Arbeitsverträge ein (vgl.  - [Loyalitätspflichten] zu B II 1 b bis c der Gründe, BVerfGE 70, 138). Die Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse in das staatliche Arbeitsrecht hebt deren Zugehörigkeit zu den „eigenen Angelegenheiten“ der Kirche nicht auf. Sie darf deshalb die verfassungsrechtlich geschützte Eigenart des kirchlichen Dienstes, das kirchliche Proprium, nicht in Frage stellen. Die Verfassungsgarantie des Selbstbestimmungsrechts bleibt daher für die Gestaltung dieser Arbeitsverhältnisse wesentlich (vgl.  - [Loyalitätspflichten] zu B II 1 d der Gründe, aaO).

96b) Erstreckt sich der Schutzbereich des Selbstbestimmungsrechts auf die Entscheidung, die Arbeitsverhältnisse kirchlicher Arbeitnehmer einheitlich auszugestalten, also das „Ob“, kann die Religionsgesellschaft auch das „Wie“ der Ausgestaltung bestimmen. Dazu gehört die Entscheidung über die Art und Weise der kollektiven Arbeitsrechtssetzung, also der Gestaltungsmittel. Danach kann eine Religionsgesellschaft grundsätzlich darüber befinden, ob sie die Arbeitsbedingungen durch den Abschluss von Tarifverträgen regelt oder in Arbeitsrechtlichen Kommissionen und Schiedskommissionen vereinbart (von Campenhausen/de Wall Staatskirchenrecht 4. Aufl. S. 184; Kästner in Bonner Kommentar zum Grundgesetz Stand November 2012 Art. 140 Rn. 326; Korioth in Maunz/Dürig Komm. z. GG Stand November 2012 Art. 140 GG/Art. 137 WRV Rn. 42; Robbers Streikrecht in der Kirche S. 27 ff.; Schubert RdA 2011, 270, 274).

972. Entscheidet sich eine christliche Religionsgesellschaft dazu, das Verfahren zur kollektiven Arbeitsrechtssetzung am Leitbild der Dienstgemeinschaft auszurichten, wird auch diese Entscheidung vom Selbstbestimmungsrecht umfasst. Das gilt unabhängig davon, ob dieser Begriff in seinem theologischen Ursprung völlig geklärt oder im Bereich der Evangelischen Kirche völlig einheitlich ist oder nicht (vgl. dazu Jurina ZevKR 1984, 171 ff.; Heinig ZevKR 2009, 62 f., 72; Joussen RdA 2007, 328, 331; Lührs Die Zukunft der Arbeitsrechtlichen Kommissionen S. 115 ff.; Robbers Streikrecht in der Kirche S. 34 ff.).

98a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehört zu den eigenen Angelegenheiten der Religionsgesellschaften, dass diese der Gestaltung des kirchlichen Dienstes auch dann, wenn sie ihn auf der Grundlage von Arbeitsverträgen regeln, das Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft ihrer Mitarbeiter zugrunde legen können ( - [Loyalitätspflichten] zu B II 1 d der Gründe, BVerfGE 70, 138). Die Dienstgemeinschaft wurzelt nach dem Selbstverständnis der Kirche einerseits im Priestertum aller Gläubigen, in dem mit der Taufe einhergehenden Auftrag, Gott in geistiger Einkehr und Zuwendung an die Welt zu dienen, andererseits knüpft sie funktional an den Missionsauftrag der Kirche an (Heinig ZevKR 2009, 62, 73; Robbers Streikrecht in der Kirche S. 35). Sie verbindet alle am kirchlichen Auftrag Teilnehmenden unabhängig davon, auf welcher vertraglichen Grundlage und in welcher Einrichtung sie tätig sind (Joussen RdA 2007, 328, 333). Mit Dienstgemeinschaft wird damit das theologisch geprägte Selbstverständnis des Dienstes der Gläubigen in der Kirche und durch die Kirche an der Welt umschrieben, nach dem jede Arbeitsleistung ein Stück kirchlichen Auftrags in der Welt verwirklicht. Ausfluss dessen ist eine gemeinsame Verantwortung der jeweiligen Dienstgeber und der Dienstnehmer für das gedeihliche Wirken der Kirche und ihrer Diakonie (vgl. KGH-EKD - II-0124/M35-06 - Rn. 58, NZA 2007, 761).

99b) Danach verlangt das Bestehen einer Dienstgemeinschaft keine konfessionelle Gebundenheit aller Beschäftigten zu einer christlichen - hier zur evangelischen - Kirche. Es ist vielmehr Ausdruck des kirchlichen Dienstes selbst, der durch den Auftrag bestimmt wird, das Evangelium in Wort und Tat zu verkünden. Hieran wirken alle Beschäftigten durch ihre Tätigkeit und demnach ungeachtet ihres individuellen Glaubens oder ihrer weltanschaulichen Überzeugungen mit (vgl. Hammer Kirchliches Arbeitsrecht S. 175; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 6. Aufl. § 4 Rn. 24). Die Dienstgemeinschaft hängt deshalb nicht davon ab, ob oder in welchem Umfang nicht evangelische Christen oder Nichtchristen in einer kirchlichen Einrichtung beschäftigt sind. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die jeweiligen Arbeitsverhältnisse verkündigungsnahe oder verkündigungsferne Tätigkeiten betreffen. Auch insoweit entscheidet die Kirche darüber, was Teil ihres Bekenntnisses ist, ob eine solche Differenzierung ihrem Bekenntnis entspricht und sich auf die Dienstgemeinschaft auswirkt (vgl.  - [Loyalitätspflichten] zu B II 2 a der Gründe, BVerfGE 70, 138).

100c) Die Ausrichtung des kollektiven Arbeitsrechtsregelungsverfahrens am Leitbild der Dienstgemeinschaft bezweckt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht die Sicherung einer sog. haushaltsmäßigen Beweglichkeit, also die Förderung wirtschaftlicher Belange (dazu  - [Loyalitätspflichten] zu B II 4 a der Gründe, BVerfGE 70, 138). Es ist seiner Zwecksetzung nach auf das Gegenteil gerichtet, nämlich einer allein an wirtschaftlichen Interessen der Dienstgeberseite orientierten Festsetzung der Arbeitsbedingungen und der einseitigen Entgeltfindung entgegenzuwirken.

1013. Das Selbstbestimmungsrecht erfasst auch die Erstreckung des Dritten Wegs auf die Arbeitnehmer diakonischer Einrichtungen. Zu den eigenen Angelegenheiten iSd. Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV gehört nach kirchlichem Selbstverständnis das diakonische Wirken als Ausdruck des christlichen Bekenntnisses (vgl.  - [KrankenhausG-NRW] zu C I 3 der Gründe, BVerfGE 53, 366). Dabei kommt es nicht darauf an, in welcher Weise eine Einrichtung ihren diakonischen Auftrag wahrnimmt. Erfasst sind vielmehr alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform, wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück des Auftrags der Kirche wahrzunehmen und zu erfüllen ( - [Loyalitätspflichten] zu B II 1 a der Gründe mwN, BVerfGE 70, 138). Ohne Bedeutung ist deshalb, ob sich der Betrieb einer diakonischen Einrichtung substanziell von dem nichtkirchlicher Träger unterscheidet. Die Religionsgesellschaft hat grundsätzlich die Kompetenz zur Qualifizierung einer Angelegenheit als eigene (Hesse in HdbStKirchR 2. Aufl. Bd. 1 S. 521, 541 f.; Kästner in Bonner Kommentar zum Grundgesetz Stand November 2012 Art. 140 Rn. 304). Sie entscheidet darüber, wie sie ihr Glaubensbekenntnis lebt. Da sie ihr Wirken in diakonischen Einrichtungen als tätige Nächstenliebe und sozialen Dienst am Menschen begreift, ist dies zugleich Ausdruck ihres Glaubensbekenntnisses (Schubert RdA 2011, 270, 273). Dies gilt auch dann, wenn die Religionsgesellschaft beim Betrieb diakonischer Einrichtungen im Wettbewerb mit nichtkirchlichen Trägern steht.

102Der Einwand der Beklagten, die Kirche bediene sich wie die Privatwirtschaft der Instrumente der Ausgliederung und der Leiharbeit durch eigene Personalservicegesellschaften, betrifft nicht den Umfang des Schutzbereichs, sondern ist bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob solche Einrichtungen Träger des Selbstbestimmungsrechts sein können, also ihrer Zwecksetzung nach der Glaubensverwirklichung dienen. Nach der Rechtsprechung des Kirchengerichtshofs der Evangelischen Kirche in Deutschland steht substituierende Leiharbeit dem Wesen der Dienstgemeinschaft entgegen (KGH-EKD - II-0124/M35-06 - Rn. 58, NZA 2007, 761). Ist Gegenstand einer Einrichtung das Verleihen von Arbeitnehmern für diakonische Einrichtungen (Servicegesellschaften) oder setzen Einrichtungen Leiharbeitnehmer dauerhaft ein, kann diese Form der Personalgestellung oder des Personaleinsatzes Auswirkungen auf das Bestehen einer Dienstgemeinschaft haben oder die Einordnung als diakonische Einrichtung in Frage stellen. Auf die Inhaltsbestimmung der grundrechtlichen Gewährleistung des Selbstbestimmungsrechts hat das jedoch keinen Einfluss.

1034. Die Ausrichtung der kollektiven Arbeitsrechtsordnung am Leitbild der Dienstgemeinschaft ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

104a) Die Behauptung einer Religionsgesellschaft, eine Angelegenheit sei ihre eigene, unterliegt einer eingeschränkten gerichtlichen Plausibilitätskontrolle. Genügen die einzelnen Vorgaben einer derartigen Kontrolle, sind staatliche Gerichte hieran gebunden, es sei denn, sie begäben sich dadurch in Widerspruch zu Grundprinzipien der Rechtsordnung, wie sie im allgemeinen Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG), sowie den guten Sitten iSd. § 138 BGB oder dem sog. ordre public ihren Niederschlag gefunden haben ( - [Loyalitätspflichten] zu B II 2 a der Gründe, BVerfGE 70, 138).

105b) Danach betrifft die Entscheidung der Kirche, ihre kollektive Arbeitsrechtsordnung auf dem Dritten Weg zu regeln, eine eigene Angelegenheit iSd. Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 iVm. Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 WRV. Es ist nachvollziehbar, dass es nach kirchlichem Selbstverständnis Auftrag des kirchlichen Dienstes ist, das Evangelium in Wort und Tat zu verkünden, hierbei Dienstgeber und Dienstnehmer eine Dienstgemeinschaft bilden und darin versuchen, die nicht zu leugnenden Interessenkonflikte kooperativ und nicht konfrontativ zu lösen. Das Leitbild der Dienstgemeinschaft und seine Auswirkungen auf das Verfahren zur kollektiven Arbeitsrechtsordnung stehen auch nicht im Widerspruch zu sonstigen Prinzipien der Rechtsordnung. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind grundrechtliche Gewährleistungen und damit auch Art. 9 Abs. 3 GG nicht ohne Weiteres Teil des ordre public (so aber Kühling AuR 2001, 241, 243 f.). Ein solches Verständnis führte zu einer unmittelbaren Grundrechtsbindung der Kirchen. Diese könnten ihr Selbstbestimmungsrecht nur insoweit in Anspruch nehmen, wie andere grundrechtliche Gewährleistungen hiervon nicht beeinträchtigt werden. Eine derartige Grundrechtsbindung käme einer von Art. 1 Abs. 3 GG für die staatliche Gewalt angeordneten Grundrechtsbindung weitgehend gleich und ginge darüber hinaus, als sie bereits den Schutzbereich des Selbstbestimmungsrechts begrenzte. Konflikte des Selbstbestimmungsrechts mit anderen grundrechtlichen Gewährleistungen betreffen jedoch nicht den Schutzbereich, sondern dessen Beschränkbarkeit (dazu  - [Zeugen Jehovas] zu C V 1 b der Gründe, BVerfGE 102, 370).

1065. Die Entscheidung der beteiligten Kirchen, das Verfahren ihrer kollektiven Arbeitsrechtssetzung am bekenntnismäßigen Leitbild der Dienstgemeinschaft auszurichten und nach den Grundsätzen einer partnerschaftlichen Lösung von Interessengegensätzen auszugestalten, schließt den Arbeitskampf zur Gestaltung von Arbeitsverhältnissen durch Tarifvertrag aus.

107a) Nach der am Leitbild der Dienstgemeinschaft orientierten Verfahrenskonzeption des Dritten Wegs obliegt es Arbeitsrechtlichen Kommissionen, Regelungen zu schaffen, die den Abschluss, den Inhalt und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen betreffen. Arbeitsrechtliche Kommissionen sind paritätisch mit Vertretern der Dienstnehmer- und der Dienstgeberseite besetzt und können von beiden Seiten angerufen werden. Kommt es zu keiner Einigung, kann jede Seite eine ebenfalls paritätisch besetzte Schiedsstelle (Schlichtungskommission) mit der streitigen Angelegenheit befassen. Dieser sitzt ein neutraler Dritter vor. Die in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen und Schlichtungskommissionen gefundenen Regelungen wirken zwar nicht normativ (st. Rspr., vgl.  - Rn. 21 mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 57 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 18), doch hat der Dienstgeber sie kraft kirchenrechtlicher oder satzungsrechtlicher Verpflichtung anzuwenden, indem er sie durch vertragliche Inbezugnahme zur Geltung bringt.

108b) Entsprechend dem Leitbild der Dienstgemeinschaft sollen damit die Interessenkonflikte zwischen Dienstnehmern und Dienstgebern nicht im Wege wechselseitiger Konfrontation, sondern durch Kooperation unter Wahrung des Gebots der Parität verbindlich zum Ausgleich gebracht werden (Joussen RdA 2007, 328, 333). Diese Konzeption beruht auf der Überzeugung, dass nach dem Selbstverständnis der Kirchen jede Arbeitsleistung ein Stück kirchlichen Auftrags in der Welt verwirklicht und in einer darauf gerichteten Dienstgemeinschaft Interessengegensätze durch Verhandlungen und wechselseitiges Nachgeben ggf. mit Hilfe eines neutralen Dritten überwunden werden.

109c) Ein solches Verfahren kollektiver Arbeitsrechtssetzung schließt den Arbeitskampf zur Regelung von Arbeitsbedingungen durch einen Tarifvertrag aus. Dieser ist darauf gerichtet, durch das Vorenthalten von Arbeitskraft und einen hierdurch ausgelösten wirtschaftlichen Schaden Druck auf die Arbeitgeberseite auszuüben, damit diese über die Arbeitsbedingungen überhaupt verhandelt und somit jenes Kräftegleichwicht geschaffen wird, das ein Zustandekommen einer Regelung und die sachgerechte Lösung des zugrunde liegenden Interessenkonflikts erst ermöglicht. Diese Kampfmöglichkeit widerspricht jedoch dem Grundgedanken der Dienstgemeinschaft. Die damit verbundene Arbeitsniederlegung würde nicht nur den kirchlichen Dienst am Nächsten suspendieren und damit die Erfüllung des Missionsauftrags hindern, sondern aus Sicht der Kirchen auch eine bestehende Gemeinsamkeit von Dienstnehmern und Dienstgebern auflösen (Joussen RdA 2007, 328, 333).

1106. Ein Ausschluss von Arbeitskampfmaßnahmen in diakonischen Einrichtungen kollidiert mit der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Koalitionsfreiheit einer Gewerkschaft, mit dem Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder kollektiv im Wege von Tarifverträgen auszuhandeln und hierfür Arbeitskämpfe zu führen.

111a) Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet nicht nur die Bildung und den Bestand einer Arbeitnehmerkoalition, sondern auch deren koalitionsmäßige Betätigung. Der Schutzbereich dieses Grundrechts ist dabei nicht von vornherein auf einen Kernbereich koalitionsmäßiger Betätigungen beschränkt, die für die Sicherung des Bestands der Koalitionen unerlässlich sind, er erstreckt sich vielmehr auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen ( - Rn. 21 ff., BVerfGK 10, 250). Dazu gehört auch die Tarifautonomie als das Recht, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen mit der Arbeitgeberseite auszuhandeln und durch Verträge verbindlich für die Mitglieder zu regeln. Die Regelung der Arbeitsbedingungen in Kollektivverträgen dient der Verwirklichung der Interessen der strukturell unterlegenen Arbeitnehmer. Eine wirkungsvolle Interessendurchsetzung ist den Gewerkschaften nur möglich, wenn sie ihren Forderungen durch Streiks Nachdruck verleihen können. Der Arbeitskampf ist deshalb funktional auf die Tarifautonomie bezogen und insoweit grundrechtlich geschützt (vgl.  - zu C I 1 a der Gründe, BVerfGE 84, 212; - 1 BvR 1191/03 - zu B II 1 der Gründe, BVerfGK 4, 60). Ein Grundrecht auf Streik, losgelöst von seiner funktionalen Bezugnahme auf die Tarifautonomie, gewährleistet Art. 9 Abs. 3 GG nicht.

112b) In den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG ist grundsätzlich auch die koalitionsmäßige Betätigung in diakonischen Einrichtungen einbezogen. Dieses Grundrecht entfaltet gemäß Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG unmittelbare Drittwirkung gegenüber privatrechtlich als eingetragener Verein oder gemeinnützige GmbH oder in sonstiger Weise organisierte kirchliche Einrichtungen (Richardi in HdbStKirchR 2. Aufl. Bd. 2 S. 929 f.; Schubert RdA 2011, 270, 272). Bedienen sich diese zur Begründung von Arbeitsverhältnissen des Privatrechts, nehmen sie grundsätzlich in Bezug auf ihre Beschäftigten eine Arbeitgeberstellung ein. Insoweit gewährleistet Art. 9 Abs. 3 GG den Gewerkschaften auch das Recht, mit der Arbeitgeberseite über Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder zu verhandeln, verbindliche Abreden vor allem durch den Abschluss von Tarifverträgen zu treffen und ihren Forderungen nach der Aufnahme von Verhandlungen und der Durchsetzung bestimmter Regelungen mit Streik Nachdruck zu verleihen.

1137. Für die Auflösung dieser Kollisionslage ist es ohne Belang, ob Art. 9 Abs. 3 GG wegen seiner unmittelbaren Drittwirkung den Anforderungen des Schrankenvorbehalts aus Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV genügt oder nicht. Diese im Schrifttum kontrovers diskutierte Frage bedarf keiner Entscheidung des Senats (ablehnend Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 6. Aufl. § 9 Rn. 30 f.; Robbers Streikrecht in der Kirche S. 55 f.; auch Korioth in Maunz/Dürig Komm. z. GG Stand November 2012 Art. 140 GG/Art. 137 WRV Rn. 45; zweifelnd offenbar Richardi/Thüsing AuR 2002, 94, 96; dies befürwortend Oswald Streikrecht im kirchlichen Dienst und in anderen karitativen Einrichtungen S. 88; Czycholl Anm. LAGE GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 88; Kühling AuR 2001, 241, 247; Gamillscheg FS Zeuner S. 39, 45; Waldhoff GS Heinze S. 995, 1004). In beiden Fällen wären die Arbeitsgerichte wegen ihrer durch Art. 1 Abs. 3 GG angeordneten Grundrechtsbindung gehindert, bei einer - wie vorliegend - Auslegung und Anwendung einer zivilrechtlichen Unterlassungsnorm das völlige Zurückweichen eines Grundrechts zugunsten eines anderen hinzunehmen. Sie sind vielmehr gehalten, im Wege einer Güterabwägung nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz einen Ausgleich der jeweils konfligierenden grundrechtlichen Gewährleistungen herbeizuführen. Diese Pflicht entfällt nicht schon deswegen, weil es sich bei Art. 9 Abs. 3 GG ebenso wie bei Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG um vorbehaltlos gewährleistete Grundrechte handelt. Das hindert ein Zurückweichen einer grundrechtlichen Gewährleistung zum Schutz einer anderen nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können auch vorbehaltlos gewährte Grundrechte zum Schutz anderer Grundrechte oder grundrechtlicher Gewährleistungen eingeschränkt werden (vgl.  - Rn. 147, BVerfGE 128, 1). In diesem Sinne hat das Bundesverfassungsgericht etwa die Kollision des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts mit der durch Art. 5 Abs. 3 GG vorbehaltlos gewährleisteten Wissenschaftsfreiheit unter Heranziehung des Grundsatzes der praktischen Konkordanz aufgelöst ( - [Lüdemann] Rn. 47, 65, BVerfGE 122, 89).

1148. Der Grundsatz praktischer Konkordanz verlangt nach einem schonenden Ausgleich der gegenläufigen, gleichermaßen verfassungsrechtlich geschützten Interessen mit dem Ziel ihrer Optimierung ( ua. - zu B II 2 a der Gründe, BVerfGE 81, 278). Die durch die Rücksichtnahme auf kollidierende Verfassungswerte notwendig werdende Annäherung kann nicht generell, sondern nur im Einzelfall durch Güterabwägung vorgenommen werden. Eine damit einhergehende Begrenzung verfassungsrechtlich geschützter Interessen darf dabei nicht weiter gehen, als es notwendig ist, um die Konkordanz konfligierender Rechtsgüter herzustellen (Hesse Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland 20. Aufl. Rn. 72; ebenso Stern Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland Bd. III/2 S. 656). Das Zurückweichen einer grundrechtlichen Gewährleistung muss zum Schutz der anderen geboten sein (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth GG 11. Aufl. Vorb. vor Art. 1 Rn. 52). Für die erforderliche Abwägung gibt die Verfassung kein bestimmtes Ergebnis vor, verwehrt aber pauschale Vorrangentscheidungen, wie sie die Parteien des Verfahrens jeweils für sich in Anspruch nehmen (für die Kläger insbesondere Robbers Streikrecht in der Kirche S. 26 ff.; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 6. Aufl. § 10 Rn. 20 f.; Stern Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland Bd. IV/1 S. 2091; Kemper in v. Mangoldt/Klein/Starck GG Bd. I 6. Aufl. Art. 9 Abs. 3 Rn. 200; Manterfeld KuR 2011, 86, 100; für die Beklagte Kühling AuR 2001, 241 ff.).

1159. Die hiernach vorzunehmende Güterabwägung betrifft nicht den gesamten Bereich der jeweiligen verfassungsrechtlichen Gewährleistungen, sondern ist auf den Ausgleich der konkreten Kollisionslage beschränkt. Das Selbstbestimmungsrecht einer Religionsgesellschaft und die Koalitionsfreiheit einer Gewerkschaft schließen sich nicht wechselseitig völlig aus. Zur Kollision führt vielmehr erst die Ausübung einer bestimmten verfassungsrechtlichen Gewährleistung. Das ist hier die Entscheidung für ein bestimmtes Verfahren zur kollektiven Regelung der Arbeitsbedingungen von Beschäftigten, die auf der Grundlage privatrechtlicher Arbeitsverhältnisse in der Diakonie tätig sind und staatlichem Arbeitsrecht unterliegen (Schubert RdA 2011, 270, 274). Während die Kirche sich hierzu eines am Leitbild der Dienstgemeinschaft ausgerichteten kooperativen Verfahrens bedient, in dem letztlich die Möglichkeit einer Schlichtung durch einen neutralen Dritten, also den Vorsitzenden einer Schlichtungskommission einen fairen Interessenausgleich garantieren soll, setzt die Gewerkschaft auf das damit unvereinbare Regelungsmodell des staatlichen Tarifrechts, in dem erst durch Druck und Gegendruck angemessene Verhandlungsergebnisse erreicht werden. Das Gebot praktischer Konkordanz verlangt daher nur einen Vergleich dieser beiden Regelungskonzepte und deren schonendste Annäherung.

116Ein Vergleich beider Regelungsmodelle zeigt, dass sie sich nicht im Ziel, sondern nur in der Wahl der zu dessen Erreichung gebotenen Mittel unterscheiden. Sowohl das Regelungsverfahren der Kirche als auch das der Koalitionen ist darauf gerichtet, den von der staatlichen Rechtsordnung frei gelassenen Raum des Arbeitslebens sinnvoll zu ordnen, indem der typische Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch kollektives Handeln zu einem angemessenen Ausgleich gebracht wird. Dieses Interessengegensatzes wie der strukturellen Unterlegenheit des einzelnen Arbeitnehmers ist sich auch die Kirche bewusst (Robbers Streikrecht in der Kirche S. 16; Schubert RdA 2011, 270, 277). Sie zu überwinden bedarf auch aus ihrer Sicht eines kollektiven Ausgleichsmechanismus, der die schwächere Verhandlungsposition des Arbeitnehmers gegenüber der des Arbeitgebers kompensiert. Diese Grunderkenntnis, auf der die verfassungsrechtliche Gewährleistung von Koalitionsfreiheit mit Tarifautonomie und Arbeitskämpfen aufbaut (vgl.  - [Aussperrung] zu C I 3 b aa der Gründe, BVerfGE 84, 212), will die Kirche allerdings mit einem Regelungskonzept erfassen, das sich mit dem Leitbild der Dienstgemeinschaft vereinbaren lässt und damit ihrem durch Art. 4 GG geschützten Bekenntnis Rechnung trägt. Ein solches Regelungsmodell ist zwar zum Schutz religiöser Betätigungsfreiheit von Verfassungs wegen zu respektieren. Doch sind die Kirchen in der Ausgestaltung dieses Konzeptes nicht völlig frei, sondern müssen Rücksicht auf die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen des Art. 9 Abs. 3 GG nehmen. Ihr Regelungsmodell darf die Koalitionsfreiheit und das Konzept der Tarifautonomie nur insoweit verdrängen, wie es für die Wahrung ihres Leitbildes von der Dienstgemeinschaft erforderlich ist und das angestrebte Ziel eines fairen, sachgerechten und verbindlichen Interessenausgleichs tatsächlich und in kohärenter Weise erreicht. Nur insoweit ist es mit dem sozialstaatlichen Gesamtkonzept, das Art. 9 Abs. 3 GG zugrunde liegt, vereinbar.

117a) Ein fairer und angemessener Ausgleich widerstreitender Arbeitsvertragsinteressen im Wege kollektiver Verhandlungen verlangt nach annähernd gleicher Verhandlungsstärke und Durchsetzungskraft (vgl.  - [Aussperrung] zu C I 3 b aa der Gründe, BVerfGE 84, 212). Diese lassen sich weder formal und situationsungebunden feststellen noch normativ anordnen ( - zu A IV 1 a der Gründe, BAGE 33, 140). Im System der Koalitionen und der Tarifautonomie werden sie durch die Androhung oder den Einsatz von Kampfmaßnahmen gesichert. Ein Regelungsmodell, das den Arbeitskampf ausschließt, muss diese Funktionsbedingung eines angemessenen und sachlich richtigen Interessenausgleichs durch entsprechende Verfahrensgestaltung gewährleisten. Dazu muss es darauf angelegt sein, die strukturelle Verhandlungsschwäche der Dienstnehmer auszugleichen. Paritätische Besetzungsregeln genügen hierfür allein nicht. Vielmehr bedarf es weiterer Instrumente, die geeignet sind, Verhandlungsblockaden zu lösen und die Kompromissbereitschaft der Gegenseite zu fördern. Dieser Erkenntnis verschließt sich der Dritte Weg grundsätzlich nicht. Auch er ist letztlich darauf angelegt, ein Verhandlungsgleichgewicht zu schaffen. Kommt es in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen nicht zu einer Einigung, werden die gescheiterten Verhandlungen paritätisch besetzten Schiedskommissionen übertragen, die ein unabhängiger und neutraler Dritter leitet und mit seiner Stimme zu einem Ergebnis führt. Ein solches Schlichtungsverfahren kann dem Grunde nach zur Herstellung eines Verhandlungsgleichgewichts geeignet sein, wenn die mit dessen Entscheidungsstrukturen verbundenen Unwägbarkeiten sowie die Verlagerung der Konfliktlösung auf eine andere Verhandlungsebene schon in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen die Bereitschaft zum Kompromiss fördert und so ein „kollektives Betteln“ der Dienstnehmerseite ausschließt. Das setzt aber voraus, dass die Anrufung der Schiedskommission und die Überleitung des Verfahrens in dieses Gremium der Dienstnehmerseite uneingeschränkt offensteht und im Falle einer Nichteinigung beider Seiten die Unabhängigkeit und Neutralität des Vorsitzenden der Schlichtungskommission nicht in Frage steht und auch durch das Bestellungsverfahren gewährleistet wird.

118b) Ein am Leitbild der Dienstgemeinschaft ausgerichtetes kollektives Regelungsverfahren steht zudem einer gewerkschaftlichen Unterstützung der Dienstnehmerseite nicht entgegen. Das Leitbild der Dienstgemeinschaft ist nicht darauf gerichtet, Gewerkschaften von Verhandlungen in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen oder Schiedskommissionen fernzuhalten und sie daran zu hindern, aufgrund eigener Entscheidung ihr Sach- und Fachwissen in das Verfahren zugunsten der Dienstnehmer einzubringen. Eine organisatorische Einbindung von Gewerkschaften in das Verfahren des Dritten Wegs zu regeln ist zwar Aufgabe der Kirche, der hierbei ein Gestaltungsspielraum zur Verfügung steht. Sie darf diesen jedoch nicht dazu nutzen, Gewerkschaften durch Besetzungsregeln für Arbeitsrechtliche Kommissionen und Schiedskommissionen von einer frei gewählten Mitwirkung am Dritten Weg auszuschließen. Das würde die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Freiheit koalitionsspezifischer Betätigung über Gebühr beschneiden. Diese vom Leitbild der Dienstgemeinschaft nicht gebotene Beschränkung ist von besonderem Gewicht, da sie sich auch verzerrend auf die Tarifpolitik der einzelnen Gewerkschaften auswirkt. Die Attraktivität und Wirkkraft einer Gewerkschaft wird erheblich eingeschränkt, wenn sie gehindert wird, die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber dem Arbeitgeber im Wege von Kollektivverhandlungen zu verfolgen. Denn von der Zahl ihrer Mitglieder hängt nicht nur die finanzielle Leistungsfähigkeit ihrer Organisation ab, sondern auch die Wahrnehmung ihrer ureigensten Aufgabe, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu fördern. Das wiegt umso schwerer, als die in Diakonie und Caritas Beschäftigten mit etwa 1,3 Mio. Arbeitnehmern keine Randgruppe darstellen.

119c) Das Verfahrenskonzept des Dritten Wegs ist darauf gerichtet, das auch im kirchlichen und diakonischen Bereich vorhandene Kräfteungleichgewicht zwischen Dienstnehmern und Dienstgebern unter Beachtung der bekenntnismäßigen Besonderheiten des kirchlichen oder diakonischen Dienstes auszugleichen. Dieses Ziel kann jedoch nur erreicht werden, soweit das Ergebnis dieser Verhandlungen einschließlich einer darauf gerichteten Schlichtung für die Arbeitsvertragsparteien verbindlich und einer einseitigen Abänderung durch den Dienstgeber entzogen ist. Im Konzept der Tarifautonomie wird dieses Ziel durch § 4 Abs. 1 TVG erreicht, der den Rechtsnormen eines Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses betreffen, zwischen den Tarifgebundenen unmittelbare und zwingende Wirkung verleiht. Ausnahmen hiervon lässt § 4 TVG nur zu, soweit der Tarifvertrag sie gestattet oder es sich um Änderungen zugunsten des Arbeitnehmers handelt (§ 4 Abs. 3 TVG). Diese, die Tarifautonomie ausgestaltende und sichernde Regelung des staatlichen Rechts, steht für den Dritten Weg nicht zur Verfügung. Dem trägt die Kirche dem Grunde nach Rechnung, indem die jeweiligen Dienstgeber durch Kirchen- oder Satzungsrecht verpflichtet werden, das Ergebnis der Kollektivverhandlungen des Dritten Wegs durch einzelvertragliche Inbezugnahme zur Geltung zu bringen. Beide Regelungskonzepte erreichen durch unterschiedliche Regularien, dass die von Repräsentanten der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite ausgehandelten Vertragsbedingungen das einzelne Arbeitsverhältnis gestalten. Dieses Ziel wird allerdings verfehlt, wenn der Dienstgeberseite die Möglichkeit eröffnet ist, zwischen mehreren auf einem Dritten Weg zustande gekommenen Regelungen wählen zu können. Ein solches Wahlrecht verlagert faktisch die Festlegung von Arbeitsbedingungen auf die jeweilige Einrichtungsebene und überlässt sie dem Dienstgeber. Nicht eine im Voraus feststehende Arbeitsrechtliche Kommission, in der die Repräsentanten der Einrichtung mitwirken, bestimmt über die Arbeitsbedingungen der Dienstnehmer, sondern der dortige Dienstgeber. Das ist mit den Strukturprinzipien des Dritten Wegs ebenso unvereinbar wie kirchen- oder satzungsrechtlich geregelte einseitige Abweichungsbefugnisse für Einrichtungen (vgl. Joussen in Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche Bd. 46 [2012] S. 53, 75; Schliemann NZA 2011, 1189, 1193). In all diesen Fällen wird gerade nicht dem Leitbild der Dienstgemeinschaft entsprechend gemeinsam durch Vertreter der Dienstgeber- und Dienstnehmerseite in einem von der Einrichtung losgelösten Gremium über den Inhalt von Arbeitsrechtsregelungen gleichberechtigt verhandelt. Vielmehr legt der Dienstgeber einseitig die Arbeitsbedingungen für seine Einrichtung fest (sog. Erster Weg, vgl.  - zu III 2 b cc (2) der Gründe, BAGE 101, 9). Solch einseitige Bestimmungsrechte sind mit der Konzeption des Dritten Wegs unvereinbar und bedürfen zugunsten religiöser Betätigungsfreiheit keines Schutzes. Wählt eine Kirche oder eine ihrer Einrichtungen diesen Weg, stellt sie sich einem sonstigen Arbeitgeber gleich, der sich nach der Wertentscheidung des Grundgesetzes Verhandlungen mit einer Gewerkschaft über den Abschluss eines Tarifvertrags nicht entziehen und ggf. durch einen Arbeitskampf hierzu gezwungen werden kann. Für ein Zurückweichen des Rechts einer Gewerkschaft, sich koalitionsmäßig zu betätigen und ihren Forderungen mit Streikmaßnahmen Nachdruck zu verleihen, fehlt es in einem solchen Fall an einem schützenswerten Bedürfnis der Kirche.

12010. Diese Güterabwägung steht im Einklang mit Unions- und Völkerrecht.

121a) Art. 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta, GRC) ist vorliegend nicht anwendbar.

122aa) Nach dieser Vorschrift haben alle Arbeitnehmer sowie die Arbeitgeber oder ihre jeweiligen Organisationen nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten das Recht, Tarifverträge auf den geeigneten Ebenen auszuhandeln und zu schließen sowie bei Interessenkonflikten kollektive Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Interessen, einschließlich Streiks, zu ergreifen (dazu Bryde SR 2012, 2, 9 ff.; Thüsing/Traut RdA 2012, 65). Allerdings ist der Geltungsbereich des Unionsrechts nicht eröffnet. Die Europäische Union hat gemäß Art. 153 Abs. 5 AEUV keine Kompetenz zur Regelung des Koalitionsrechts, Streikrechts sowie des Aussperrungsrechts. Gemäß Art. 51 Abs. 2 GRC dehnt die Grundrechtecharta den Geltungsbereich des Unionsrechts auch nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus aus und begründet weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Union und ändert auch nicht die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben. Der Gerichtshof der Europäischen Union überprüft lediglich im Licht der Grundrechtecharta das Unionsrecht in den Grenzen der der Union übertragenen Zuständigkeiten ( - [Dereci] Rn. 71, NVwZ 2012, 97).

123bb) Eine Anwendungspflicht für Unionsrecht wird auch nicht durch Art. 6 Abs. 3 EUV eröffnet. Zwar sind nach Art. 6 Abs. 3 EUV die Grundrechte der Europäischen Menschenrechtskonvention und die darin geregelte Religions- und Vereinigungsfreiheit als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts. Doch regelt diese Vorschrift nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht das Verhältnis zwischen der Europäischen Menschenrechtskonvention und den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten und bestimmt auch nicht, welche Konsequenzen ein nationales Gericht aus einem Widerspruch zwischen den durch die Konvention gewährleisteten Rechten und einer Regelung des nationalen Rechts zu ziehen hat. Die in Art. 6 Abs. 3 EUV enthaltene Verweisung auf die Europäische Menschenrechtskonvention gebietet einem nationalen Gericht nicht, im Falle eines Widerspruchs zwischen einer Regelung des nationalen Rechts und der Konvention deren Bestimmungen unmittelbar anzuwenden und eine mit ihr unvereinbare nationale Regelung unangewendet zu lassen ( - [Kamberaj] Rn. 62 f., NVwZ 2012, 950).

124cc) Zur Anwendbarkeit der GRC und des EUV ist kein Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 Abs. 3 AEUV durchzuführen. Aufgrund der Entscheidung des - C-361/07 - [Polier] Slg. 2008, I-6) ist hinreichend geklärt, dass ein nationaler Sachverhalt ohne Anknüpfungspunkt an das Unionsrecht den Geltungsbereich der GRC nicht eröffnet. Gleiches gilt für die aus Art. 6 EUV folgenden Anwendungspflichten nationaler Gerichte (vgl.  - [Kamberaj] Rn. 62 f., NVwZ 2012, 950).

125b) Die gebotene völkerrechtsfreundliche Auslegung des Grundgesetzes fordert ebenfalls kein anderes Ergebnis.

126aa) Die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle sind ebenso wie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bei der Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes als Auslegungshilfe heranzuziehen. Dies verlangt allerdings keine schematische Gleichsetzung der Aussagen des Grundgesetzes mit denen der Europäischen Menschenrechtskonvention, sondern ein Aufnehmen der Wertungen der Konvention, soweit dies methodisch vertretbar und mit den Vorgaben des Grundgesetzes vereinbar ist. Das Grundgesetz setzt der völkerrechtsfreundlichen Auslegung allerdings auch Grenzen: Diese darf nicht zu einer Beschränkung des durch das Grundgesetz gewährleisteten Grundrechtsschutzes führen. Das schließt auch Art. 53 EMRK aus ( ua. - [Sicherungsverwahrung] Rn. 93 f. mwN, BVerfGE 128, 326).

127bb) Vorliegend sind die durch Art. 9 EMRK gewährleistete Religionsfreiheit und die durch Art. 11 EMRK geschützte Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zu berücksichtigen.

128(1) Gemäß Art. 9 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Diese Freiheitsrechte dürfen nach Abs. 2 dieser Bestimmung nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die öffentliche Sicherheit, zum Schutz der öffentlichen Ordnung, Gesundheit oder Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist die in Art. 9 EMRK garantierte Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler der „demokratischen Gesellschaft“ im Sinne der Konvention. Sie ist in ihrer religiösen Dimension eines der wichtigsten Elemente, das die Identität der Gläubigen und ihre Auffassung vom Leben bestimmt. Aus dem Recht des Gläubigen auf Religionsfreiheit einschließlich des Rechts, seine Religion in Gemeinschaft mit anderen zu bekennen, folgt die Erwartung, dass Gläubige sich frei und ohne willkürliche staatliche Eingriffe zusammenschließen können. Das unabhängige Bestehen von Religionsgemeinschaften ist unabdingbare Voraussetzung für den Pluralismus in einer demokratischen Gesellschaft und damit Kernstück des durch Art. 9 EMRK gewährten Schutzes (EGMR [I. Sektion] - 18147/02 - [Scientology Kirche Moskau/Russland] Rn. 71 f., NJW 2008, 495). Das Recht auf Religionsfreiheit schließt dabei jede Beurteilung der Legitimität der religiösen Überzeugungen oder deren Ausdrucksformen durch den Staat aus (EGMR [III. Sektion] - 2330/09 - [Sindicatul Pastorul cel Bun] Rn. 74).

129(2) Nach Art. 11 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht, sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen; dazu gehört auch das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu gründen oder ihnen beizutreten. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung darf die Ausübung dieser Rechte nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale oder öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Das Recht, Tarifverhandlungen mit dem Arbeitgeber zu führen, ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein wesentliches Element des in Art. 11 EMRK garantierten Rechts (dazu EGMR [Große Kammer] - 34503/97 - [Demir u. Baykara] Rn. 144, 154, NZA 2010, 1425; EGMR [III. Sektion] - 68959/01 - [Enerji Yapi-Yol Sen] Rn. 24, NZA 2010, 1423; dazu Claudia Schubert AöR 137 [2012] S. 92 ff.). Allerdings kann ein Arbeitgeber, dessen Berufsethos auf der Religion beruht, von seinen Angestellten besondere Loyalitätspflichten verlangen, soweit diese nach einer Abwägung der maßgeblichen Interessen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten (EGMR [V. Sektion] - 1620/03 - [Schüth] Rn. 69, NZA 2011, 279).

130cc) Danach ist die von den Klägern vertretene Rechtsauffassung, das kirchliche Selbstbestimmungsrecht schließe von vornherein die Koalitionsbetätigungsfreiheit der Beklagten in diakonischen Einrichtungen aus, nicht haltbar (ebenso Joussen in Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche Bd. 46 [2012] S. 53, 89 f.; Walter ZevKR 2012, 233, 259 f.). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit seinen Entscheidungen zu Art. 11 EMRK vielmehr verdeutlicht, dass an die Rechtfertigung einer Einschränkung der Vereinigungsfreiheit und des damit verbundenen Streikrechts nicht unerhebliche Anforderungen zu stellen sind. Gleichwohl kann entgegen der Auffassung der Beklagten der Entscheidung in der Sache „Sindicatul Pastorul cel Bun“ (EGMR [III. Sektion] - 2330/09 -) sowie den zum Streikrecht im öffentlichen Dienst ergangenen Urteilen (EGMR [Große Kammer] - 34503/97 - [Demir u. Baykara] NZA 2010, 1425 und EGMR [III. Sektion] - 68959/01 - [Enerji Yapi-Yol Sen] NZA 2010, 1423) nicht die uneingeschränkte Zulässigkeit von Streiks in diakonischen Einrichtungen entnommen werden. In Bezug auf Letztere lässt die Beklagte außer Acht, dass sich Kirchen - anders als der öffentliche Dienst - ihrerseits auf die durch die Europäische Menschenrechtskonvention geschützte Religionsfreiheit berufen können. Dementsprechend fordert der Gerichtshof bei einer Kollision dieser beiden Rechte eine verhältnismäßige Abwägung (EGMR [III. Sektion] - 2330/09 - [Sindicatul Pastorul cel Bun] Rn. 79 f.). Das geht über die Anforderungen einer Abwägung zur Herstellung praktischer Konkordanz für die Auflösung einer konkreten Grundrechtskollision nicht hinaus.

131c) Der Beschränkung des Streikrechts der Beklagten in diakonischen Einrichtungen steht schließlich weder die Europäische Sozialcharta (ESC, BGBl. 1964 II S. 1262) noch das ILO-Übereinkommen Nr. 87 entgegen.

132aa) Die ESC stellt eine von der Bundesrepublik Deutschland eingegangene völkerrechtliche Verpflichtung dar, deren Regeln die Gerichte beachten müssen, wenn sie die im Gesetzesrecht bezüglich der Ordnung des Arbeitskampfes bestehenden Lücken anhand von Wertentscheidungen der Verfassung ausfüllen ( - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 104, 155; Bepler FS Wißmann S. 97, 106). Eine Einschränkung oder Begrenzung des in Teil II Art. 6 Nr. 4 ESC anerkannten Streikrechts ist nach Teil V Art. 31 Abs. 1 ESC nur zulässig, wenn diese gesetzlich vorgeschrieben und in einer demokratischen Gesellschaft zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer oder zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Sicherheit des Staates, der Volksgesundheit und der Sittlichkeit notwendig ist ( - zu B II 2 c der Gründe, BAGE 46, 322). Rechte und Freiheiten anderer, die geeignet sind, das Streikrecht einzuschränken, ergeben sich aus der verfassungsrechtlich und völkerrechtlich anerkannten Religionsfreiheit. Insoweit bedarf es auch hier einer verhältnismäßigen Abwägung beider Gewährleistungen.

133bb) Auch das ILO-Übereinkommen Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes vom lässt eine Beschränkung des Streikrechts der Beklagten in diakonischen Einrichtungen zu. Es gehört zum einfachen innerstaatlichen Recht (Zustimmungsgesetz vom , BGBl. II S. 2072, in Kraft seit dem laut Bekanntmachung vom , BGBl. II S. 113). Seine Gewährleistungen gehen jedoch nicht über die Grundsätze hinaus, die ohnehin durch Art. 9 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gelten ( - zu B I 5 c der Gründe, BVerfGE 58, 233).

13411. Nach diesen Grundätzen gilt für die zulässigen Klageanträge Folgendes:

135a) Der Antrag zu 1. a) der Kläger zu 1) bis 3) ist als Globalantrag unbegründet. Die Kläger werden durch Streikaufrufe der Beklagten mangels Verbindlichkeit der auf dem Dritten Weg zustande gekommenen Regelungen schon nicht ausnahmslos in ihrem durch die Kläger zu 5) und 6) vermittelten Selbstbestimmungsrecht verletzt.

136aa) Die kirchengesetzlichen Regelungen der Evangelischen Kirche von Westfalen ordnen für die in diakonischen Einrichtungen Beschäftigten keine ausreichend verbindliche Geltung der in einer bestimmten Arbeitsrechtlichen Kommission oder deren Schiedskommission beschlossenen Arbeitsrechtsregelungen an. Nach § 2 Abs. 2 ARRG-Westfalen hat die für diesen Bereich gebildete Arbeitsrechtliche Kommission die Aufgabe, Regelungen zu finden, die den Inhalt, die Begründung und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen betreffen. Kommt es hierbei zu keiner Einigung, entscheidet die nach § 16 ARRG-Westfalen gebildete Schiedskommission. Auf diesem Weg zustande gekommene Regelungen sind zwar nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ARRG-Westfalen verbindlich. Auch dürfen nach Abs. 2 dieser Vorschrift nur Arbeitsverhältnisse geschlossen werden, denen solche Arbeitsrechtsregelungen zugrunde liegen. Diese Vorschriften gelten jedoch nach der Rechtsprechung des Kirchengerichtshofs der EKD nicht für die einzelnen Dienststellen oder Einrichtungen der Träger diakonischen Wirkens, auch wenn sie Mitglieder des Diakonischen Werks sind, da der in § 23 Abs. 1 ARRG-Westfalen geregelte Geltungsbereich nur die Beschäftigten der Evangelischen Kirche von Westfalen selbst und die bei deren Diakonischem Werk unmittelbar Beschäftigten erfasst (vgl. KGH-EKD - I-0124/R12-09 - zu II 2 b der Gründe, ZMV 2010, 91 zur wortgleichen Regelung im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland).

137bb) Die vom Prinzip der praktischen Konkordanz geforderte Verbindlichkeit folgt auch nicht aus satzungsrechtlichen Bestimmungen des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V. (Kläger zu 5)), die nach § 2 Abs. 1 ARRG-Diakonie-EKD den nach diesem Gesetz getroffenen Regelungen vorgehen. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a der Satzung des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V. sind dessen Mitglieder lediglich verpflichtet, die Mitarbeitenden nach Arbeitsbedingungen zu beschäftigen, die in einem kirchengesetzlich anerkannten Verfahren gesetzt werden, das auf strukturellem Gleichgewicht der Dienstgeber- und Dienstnehmerseite beruht. Hierdurch wird den Dienstgebern nach der Rechtsprechung des Kirchengerichtshofs der EKD zumindest ein stichtagbezogenes Wahlrecht zwischen unterschiedlichen Arbeitsrechtsregelungswerken eröffnet (KGH-EKD - I-0124/R12-09 - zu II 2 c der Gründe, ZMV 2010, 91 zu einer entsprechenden Regelung im Bereich des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche im Rheinland). Eine derartige einseitige Auswahlmöglichkeit für die Dienstgeberseite, die durch eine entsprechende einzelvertragliche Gestaltung von Bezugnahmeklauseln noch erweitert werden kann und bereits durch die übliche Personalfluktuation auch tatsächlich erweitert wird, kommt dem sog. Ersten Weg gleich, bei dem der kirchliche Dienstgeber die Arbeitsbedingungen letztlich einseitig festsetzt (dazu  - zu III 2 b cc (2) der Gründe, BAGE 101, 9).

138cc) Die Kläger zu 1) bis 3) können sich zur Begründung einer generellen Rechtswidrigkeit von Kampfmaßnahmen nicht auf den Grundsatz der Arbeitskampfparität berufen. Das von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelte Prinzip zur Bestimmung des äußeren Rahmens eines auf Art. 9 Abs. 3 GG beruhenden Arbeitskampfsystems (dazu ErfK/Dieterich 13. Aufl. Art. 9 GG Rn. 112 ff.) findet in dem davon abweichenden Regelungsmodell des Dritten Wegs keine Anwendung und lässt sich wegen der unterschiedlichen Regularien zur Herstellung von Verhandlungsparität hierauf auch nicht übertragen. Fehlt es an einer verfassungskonformen Ausgestaltung des Dritten Wegs oder weicht eine Einrichtung hiervon ab, besteht für einen weitergehenden Schutz religiöser Betätigungsfreiheit kein Raum (Schubert RdA 2011, 270, 279).

139dd) Aus den vorstehenden Gründen ist auch der Antrag zu 5. a) der Kläger zu 5) und 6) abzuweisen. Ebenso ist der Antrag zu 7. a) des Klägers zu 7) selbst dann als unbegründet abzuweisen, wenn man ihn als Träger des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts ansieht und bei ihm eine durch die Kläger zu 1) bis 3) vermittelte Begehungsgefahr bejaht. Insoweit gilt nichts anderes als für die Kläger zu 5) und 6).

140ee) Die Hilfsanträge zu 1. d) und 5. e) der Kläger zu 1) bis 3) sowie zu 5) und 6) sind - wie oben dargelegt - wegen fehlender Begehungsgefahr unbegründet und daher abzuweisen. Entsprechendes gilt im Übrigen für den Antrag zu 7. e).

141b) Selbst wenn beim Kläger zu 4) die für den erhobenen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr vorläge, wären die Anträge zu 3. a) und 9. a) der Kläger zu 4), 8) und 9) abzuweisen. Auch diese Kläger werden durch Streikaufrufe der Beklagten mangels Verbindlichkeit der nach dem dort geltenden Kirchenrecht zustande gekommenen Regelungen nicht ausnahmslos in ihrem Selbstbestimmungsrecht verletzt. Es kann deshalb dahinstehen, ob das für diese Kläger geltende Verfahren des Dritten Wegs geeignet ist, eine gleichgewichtige Konfliktlösung zu gewährleisten und ob sich Gewerkschaften in verfassungskonformer Weise darin einbringen können.

Nach § 8 Abs. 2 Buchst. e der Satzung des Diakonischen Werks der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers e. V. sind dessen Mitglieder lediglich verpflichtet, die unmittelbar geltenden oder die vom Präsidium oder der Mitgliederversammlung für das Diakonische Werk übernommenen Rechtsvorschriften, insbesondere die Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen für Einrichtungen, die sich dem ARRGD- Niedersachsen angeschlossen haben, oder ein anderes kirchliches Arbeitsvertragsrecht in ihrer jeweils gültigen Fassung anzuwenden. Hierdurch wird der Dienstgeberseite ein Wahlrecht eingeräumt, weil die von den zuständigen Arbeitsrechtlichen Kommissionen nach § 2 Abs. 2 ARRGD-Niedersachsen beschlossenen Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation, die nach § 3 Satz 1 ARRGD-Niedersachsen an sich verbindlich sind, nicht zwingend auf die Arbeitsverhältnisse der im Zuständigkeitsbereich der Arbeitsrechtlichen Kommission Beschäftigten zur Anwendung kommen. Hinzu kommt, dass nach § 8 Abs. 2 Buchst. e der Satzung des Diakonischen Werks der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers e. V. dessen Präsidium auf Antrag ein Mitglied von der dort geregelten Verpflichtung befreien kann, wenn ein zwingender Grund vorliegt. Auch dies ist mit der geforderten Verbindlichkeit nicht zu vereinbaren, da nicht die Arbeitsrechtliche Kommission oder die zuständige Schiedskommission hierüber befindet, sondern die Dienstgeberseite.

Fundstelle(n):
BB 2012 S. 3072 Nr. 49
BB 2013 S. 947 Nr. 16
DB 2012 S. 19 Nr. 47
DB 2013 S. 822 Nr. 15
DB 2013 S. 9 Nr. 14
NJW 2013 S. 1550 Nr. 21
NJW 2013 S. 36 Nr. 17
QAAAE-32777