konsolidierte Fassung: BMF - IV B 9 - S 7279/0 BStBl 2009 I S.1298

Steuerschuldnerschaft eines Leistungsempfängers nach§ 13b Abs. 2 Satz 2 UStG, der selbst Bauleistungen erbringt

Bezug: BStBl 2010 I S.254

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung der Steuerschuldnerschaft eines Leistungsempfängers nach § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG, der selbst Bauleistungen erbringt, in Ergänzung von Abschn. 182a Abs. 10, 11 und 17 UStR Folgendes:

(1) Bei Werklieferungen und sonstigen Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen, (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG) ist der Leistungsempfänger derartiger Leistungen Steuerschuldner, wenn er Unternehmer ist und selbst derartige Leistungen erbringt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 UStG). Dies gilt auch, wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird.

(2) Der Leistungsempfänger muss derartige Bauleistungen nachhaltig erbringen oder erbracht haben. Unternehmer, die im Zeitpunkt der an sie ausgeführten Bauleistungen nicht nachhaltig Bauleistungen erbracht haben, sind als Leistungsempfänger grundsätzlich nicht Steuerschuldner, selbst wenn sie im weiteren Verlauf des Kalenderjahres derartige Umsätze erbringen.

(3) Es ist davon auszugehen, dass der Leistungsempfänger nachhaltig Bauleistungen erbringt, wenn er im vorangegangenen Kalenderjahr Bauleistungen erbracht hat, deren Bemessungsgrundlage mehr als 10 % der Summe seiner steuerbaren und nicht steuerbaren Umsätze (Weltumsatz) betragen hat. Die 10 %-Grenze ist eine Ausschlussgrenze. Unternehmer, die Bauleistungen unterhalb dieser Grenze erbringen, sind danach grundsätzlich keine bauleistenden Unternehmer.

(4) Hat der Unternehmer zunächst keine Bauleistungen ausgeführt und beabsichtigt er, derartige Leistungen zu erbringen, ist er – abweichend von den Absätzen 2 und 3 – auch schon vor der erstmaligen Erbringung von Bauleistungen als bauleistender Unternehmer anzusehen, wenn er nach außen erkennbar mit ersten Handlungen zur nachhaltigen Erbringung von Bauleistungen begonnen hat.

(5) Abschnitt 182a Abs. 12 bis 16 UStR bleibt unberührt.

(6) Der Leistungsempfänger ist für an ihn erbrachte, in § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG genannte Leistungen nicht Steuerschuldner, wenn er nicht nachhaltig Bauleistungen selbst erbringt. Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gilt deshalb vor allem nicht für Nichtunternehmer sowie für Unternehmer mit anderen als den vorgenannten Umsätzen, z. B. Baustoffhändler, die ausschließlich Baumaterial liefern oder Unternehmer, wenn sie ausschließlich Lieferungen – und keine Werklieferungen im Sinne des § 3 Abs. 4 UStG – erbringen, die unter das GrEStG fallen.

(7) Bei Unternehmern (Bauträgern), die sowohl Umsätze erbringen, die unter das GrEStG fallen, als auch Bauleistungen im Sinne von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, sind die allgemeinen Grundsätze des Abschnitts 182a Abs. 10 bis 16 UStR sowie der Absätze 1 bis 4 dieses Schreibens anzuwenden. Unternehmer, die eigene Grundstücke zum Zweck des Verkaufs bebauen (z. B. Bauträger), sind danach nur dann für die von anderen Unternehmern an sie erbrachten Bauleistungen nicht Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG, wenn die Bemessungsgrundlage der von ihnen getätigten Bauleistungen – einschließlich Grundstücksgeschäfte, soweit es sich um Werklieferungen (§ 3 Abs. 4 UStG) im Sinne von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG handelt – nicht mehr als 10 % der Summe seiner steuerbaren und nicht steuerbaren Umsätze beträgt (vgl. Absatz 3).

(8) Bei der Behandlung von Umsätzen, die nach dem ausgeführt worden sind, für die aber Entgeltzahlungen, Zahlungen von Teilentgelten oder Anzahlungen vor dem geleistet worden sind, und bei denen auf Grund der Regelungen der Absätze 3, 4 oder 7 der Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 UStG wird, kann von folgenden Anwendungsregelungen Gebrauch gemacht werden:

1. Schlussrechnung über nach dem erbrachte Bauleistungen bei Abschlagszahlungen oder Anzahlungen vor dem

Hat der leistende Unternehmer das Entgelt oder Teile des Entgelts vor dem vereinnahmt und hierfür auch eine Rechnung mit offenem Steuerausweis erstellt, hat er die Rechnung(en) über diese Zahlungen im Voranmeldungszeitraum der tatsächlichen Ausführung der Bauleistung zu berichtigen (§ 27 Abs. 1 Satz 3 UStG, § 14c Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG). In der Schlussrechnung sind die gezahlten Abschlagszahlungen nur dann mit ihrem Bruttobetrag (einschließlich Umsatzsteuer) anzurechnen, wenn die Umsatzsteuer bis zum Zeitpunkt der Erteilung der Schlussrechnung nicht an den Leistungsempfänger zurückerstattet wurde.

Es ist nicht zu beanstanden, wenn bei der Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nur das um das vor dem vom leistenden Unternehmer vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts geminderte Entgelt zugrunde gelegt wird. Voraussetzung hierfür ist, dass das vor dem vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert (= in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung oder in einer Steuererklärung für das Kalenderjahr angemeldet) wurde. In derartigen Fällen ist keine Berichtigung der über geleistete Abschlagszahlungen erteilten Rechnungen durchzuführen.

2. Berichtigung einer vor dem erstellten Rechnung über Anzahlungen, wenn die Zahlung erst nach dem erfolgt

Wurden für die Erbringung von Bauleistungen Abschlagszahlungen oder Anzahlungen vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder Teilentgelt vereinnahmt worden ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, § 13b Abs. 1 Satz 3 UStG). Entscheidend für die Steuerentstehung ist nicht, wann die Rechnung erstellt worden ist, sondern der Zeitpunkt der Vereinnahmung des entsprechenden Entgelts oder des Teilentgelts. Vereinnahmt der leistende Unternehmer das Entgelt oder Teilentgelt für Bauleistungen im Sinne des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG nach dem , ist hierfür der Leistungsempfänger Steuerschuldner (§ 13b Abs. 1 und 2 Satz 2 UStG). Ist die hierfür vom leistenden Unternehmer erstellte Rechnung vor dem erstellt worden und wurde die Umsatzsteuer offen ausgewiesen, ist die Rechnung entsprechend zu berichtigen.

3. Abrechnungen nach dem über Leistungen, die vor dem erbracht worden sind

Für Bauleistungen im Sinne des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, die von einem im Inland ansässigen Unternehmer vor dem erbracht worden sind, ist der leistende Unternehmer nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG Steuerschuldner. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 und Abs. 2 UStG ist nicht anzuwenden. Der leistende Unternehmer muss entsprechend eine Rechnung ausstellen, die die in § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG vorgeschriebenen Angaben enthält. Hierzu gehört auch die Angabe des anzuwendenden Steuersatzes sowie des auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrags (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG).

4. Berichtigung einer vor dem erstellten und bezahlten Rechnung über Anzahlungen nach diesem Zeitpunkt

Hat der leistende Unternehmer für eine Bauleistung im Sinne des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG einen Teil des Entgelts vor dem vereinnahmt und wurde die Leistung oder die Teilleistung danach ausgeführt, entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Teilentgelt vereinnahmt worden ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG). Steuerschuldner ist der leistende Unternehmer.

Stellt sich nach dem heraus, dass die in Rechnung gestellte und vom leistenden Unternehmer vereinnahmte Anzahlung in der Höhe unrichtig war, ist die ursprüngliche Rechnung zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 UStG), sofern der überzahlte Betrag zurückgezahlt wurde und insoweit die Grundlage für die Versteuerung der Anzahlung entfallen ist.

Hinsichtlich einer berichtigten Anzahlung wird der Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldner nach § 13b Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 UStG, soweit ein weiteres Teilentgelt nach dem vom leistenden Unternehmer vereinnahmt wird.

Beispiel 1:

Unternehmer A und Unternehmer B (Bauträger) geben monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab. Sie vereinbaren, dass A an B Bauleistungen im Sinne des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG ausführen soll. A und B gehen davon aus, dass B kein Unternehmer ist, der nachhaltig Bauleistungen erbringt, weil er nur Umsätze erbringt, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen. B erbringt jedoch an seine Abnehmer Bauleistungen, die als Werklieferungen im Sinne des vorstehenden Absatzes 7 anzusehen sind A stellt am eine Abschlagsrechnung über 100.000 € zuzüglich 19.000 € Umsatzsteuer aus. Die Rechnung wird von B noch im September 2009 bezahlt. Im Januar 2010 stellt sich heraus, dass der Anzahlung ein falsches Aufmaß zugrunde gelegen hat. Danach hätte nur eine Anzahlung mit einem Entgelt von 90.000 € in Rechnung gestellt werden dürfen. Der überzahlte Betrag wird B zurückerstattet. Die Bauleistung wird im Februar 2010 erbracht.

A hat seine Rechnung dergestalt zu korrigieren, dass nur noch ein Entgelt in Höhe von 90.000 € zuzüglich 17.100 € Umsatzsteuer auszuweisen ist. Die Änderungen gegenüber der ursprünglichen Rechnung hat er in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Januar 2010 entsprechend zu berücksichtigen. B hat den in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für September 2009 geltend gemachten Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Januar 2010 entsprechend zu mindern.

Beispiel 2:

Sachverhalt wie in Beispiel 1, jedoch hätte eine Anzahlung mit einem Entgelt von 110.000 € in Rechnung gestellt werden müssen. B zahlt den Mehrbetrag im Januar 2010.

A hat seine Rechnung dergestalt zu korrigieren, dass sie ein Entgelt in Höhe von 110.000 € enthält. Hinsichtlich der vor dem geleisteten Anzahlung bleibt es bei der Steuerschuld des A, so dass insoweit weiterhin eine Umsatzsteuer von 19.000 € auszuweisen ist. Die ursprüngliche Besteuerung (A erklärt den Umsatz in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für September 2009, B hat den Vorsteuerabzug in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für September 2009 geltend gemacht) bleibt unverändert. Für die (Rest-)Anzahlung, die im Januar 2010 geleistet wird, ist in der Rechnung nur das (Netto-)Entgelt von 10.000 € anzugeben. Außerdem muss A den B insoweit auf dessen Steuerschuldnerschaft hinweisen. B muss das (Netto-)Entgelt von 10.000 € sowie die Steuer hierauf von 1.900 € in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Januar 2010 anmelden und kann gleichzeitig diese Steuer als Vorsteuer abziehen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG).

(9) Dieses BMF-Schreiben ist auf Umsätze anzuwenden, die nach dem ausgeführt werden.

BMF v. - IV B 9 - S 7279/0


Fundstelle(n):
BStBl 2009 I Seite 1298
DB 2009 S. 2350 Nr. 44
DStR 2009 S. 2197 Nr. 43
DStZ 2010 S. 90 Nr. 4
GStB 2010 S. 68 Nr. 2
StB 2009 S. 425 Nr. 12
UStB 2009 S. 356 Nr. 12
UStB 2010 S. 110 Nr. 4
WPg 2009 S. 1201 Nr. 23
MAAAD-99804