BGH Beschluss v. - XII ZB 363/10

Rechtsanwaltskosten: Gebührennachfestsetzung trotz rechtskräftiger Kostenfestsetzung; Anrechnung der Geschäftsgebühr nach neuem Recht in Altfällen

Gesetze: § 15a RVG, Nr 3100 RVG-VV

Instanzenzug: Hanseatisches Az: 4 W 105/10 Beschlussvorgehend Az: 316 O 253/09 Beschluss

Gründe

I.

1Die Kläger begehren im Kostenfestsetzungsverfahren gegen die Beklagte im Wege der Nachfestsetzung den Ansatz der ungeminderten Verfahrensgebühr.

2Das Klagverfahren wurde im Juli 2009 eingeleitet und durch Vergleich beendet. Mit Beschluss vom hat das Landgericht den Klägern 2/3 und der Beklagten 1/3 der Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 150.000 € festgesetzt.

3Nachdem im Kostenfestsetzungsbeschluss vom entsprechend dem Antrag der Kläger lediglich eine 0,65-Verfahrensgebühr in Ansatz gebracht wurde, haben sie die Nachfestsetzung auf eine 1,3-Verfahrensgebühr beantragt. Diesen Antrag hat der Rechtspfleger des Landgerichts zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Beschluss mit der Begründung bestätigt, der Rechtspfleger habe die zusätzlich geltend gemachte  0,65-Verfahrensgebühr zu Recht nicht berücksichtigt, weil die Geschäftsgebühr teilweise anzurechnen und § 15 a RVG auf den vorliegenden Fall, einen sogenannten Altfall, nicht anzuwenden sei.

4Hiergegen wenden sich die Kläger mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

51. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft. An die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig.

62. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

7a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, dass auch bei einem rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschluss eine Nachfestsetzung möglich ist, wenn ein bisher nicht begehrter Posten - wie hier die 0,65-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG - erstmals geltend gemacht wird. Die Rechtskraft eines Kostenfestsetzungsbeschlusses bezieht sich nur auf die im Antrag geforderten und im Beschluss beschiedenen Beträge und steht daher einer Nachfestsetzung nicht entgegen ( - AGS 2010, 580, 581 f. mwN).

8b) Die Rechtsbeschwerde führt aber zur Abänderung der Entscheidung des Oberlandesgerichts und Nachfestsetzung. Die 0,65-Verfahrensgebühr wurde zu Unrecht nicht berücksichtigt.

9Der Senat hat in Übereinstimmung mit dem II. Zivilsenat ( - ZIP 2009, 1927, 1928) wiederholt entschieden, dass die Vorschrift des § 15 a RVG eine bloße Klarstellung der bestehenden Gesetzeslage darstellt, so dass die Vorschrift auch in sogenannten Altfällen, also Verfahren, in denen die Auftragserteilung des Erstattungsberechtigten an seinen Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten vor Inkrafttreten der Vorschrift am erfolgt war, Anwendung findet (Senatsbeschlüsse vom 7.  Juli 2010 - XII ZB 79/10 - AGS 2010, 460, 461; vom - XII ZB 58/10 - FamRZ 2010, 1431 Rn. 6; vom - XII ZB 230/09 - AGS 2010, 256, 257 und XII ZB 20/10 - juris Rn. 6; vom - XII ZB 227/09 - FamRZ 2010, 1068 Rn. 6; vom - XII ZB 177/09 - FamRZ 2010, 806 Rn. 10 und vom - XII ZB 175/07 - FamRZ 2010, 456 Rn. 15 ff. mwN). Dieser Auffassung hat sich inzwischen die überwiegende Zahl der Zivilsenate des Bundesgerichtshofs angeschlossen (vgl. BGH Beschlüsse vom - I ZB 95/09 - Magazindienst 2011, 313 Rn. 10; vom - IV ZB 5/10 - AGS 2010, 474, 475; IV ZB 41/09 - AGS 2010, 475, 476 und IV ZB 3/08 - juris Rn. 9; vom 17.  Juni 2010 - V ZB 176/09 - AGS 2010, 459, 460; vom - V ZB 38/10 - AGS 2010, 263 f.; vom - VI ZB 45/10 - AGS 2011, 6, 7; vom - VI ZB 26/10 - juris Rn. 8; vom - VII ZB 15/10 - AGS 2010, 580, 581; VII ZB 99/09 - JurBüro 2011, 78 und VII ZB 55/09 - juris Rn. 5; vom - VIII ZB 33/10 - AGS 2010, 473, 474; vom - VIII ZB 15/10 - AnwBl. 2010, 878 Rn. 10; vom - IX ZB 82/08 - AGS 2010, 159 und vom - XI ZB 7/10 - juris Rn. 8; offen gelassen: BGH Beschlüsse vom - Xa ZB 2/09 - FamRZ 2009, 2082 Rn. 7 und vom - X ZB 1/09 - NJW 2010, 76 Rn. 25).

10Der vorliegende Sachverhalt gibt keine Veranlassung, hiervon abzuweichen. Mit den vom Oberlandesgericht für seine gegenteilige Rechtsauffassung angeführten Argumenten hat sich der Senat bereits in seinen vorstehend genannten Beschlüssen befasst.

11c) Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, hat der Senat gemäß § 577 Abs. 5 ZPO in der Sache abschließend zu entscheiden. Nachdem auch keiner der Ausnahmefälle des § 15 a Abs. 2 RVG ersichtlich ist, ist die 1,3-Verfahrensgebühr in voller Höhe zu berücksichtigen.

12Die von den Klägern der Beklagten zu erstattenden Kosten sind somit auf insgesamt 347,22 € nebst Zinsen festzusetzen.

Hahne                                                 Weber-Monecke                                            Dose

                         Klinkhammer                                                       Günter

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
DAAAD-86380