BVerwG Beschluss v. - 7 B 67.10

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: OVG Rheinland-Pfalz, OVG 1 A 10547/09 vom

Gründe

I

Die Klägerin ist Eigentümerin einer unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen Klosteranlage. Sie hatte das seit 1984 leer stehende und als grundlegend sanierungsbedürftig eingestufte Anwesen 1996 gegen ein Gebot ersteigert, das deutlich unter dem geschätzten Verkehrswert lag. Im Jahr 2007 beantragte die Klägerin die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung zum Abbruch des Klosters. Denn mit den aus dem Kulturdenkmal erzielbaren Einnahmen könne sie die Erhaltungspflicht nicht erfüllen; eine Vermarktung und Nutzung des Gebäudes scheitere an den erheblichen Investitionskosten. Die gegen den ablehnenden Bescheid des Beklagten erhobene Klage blieb sowohl vor dem Verwaltungsgericht als auch vor dem Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg.

Das Oberverwaltungsgericht führte zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen aus: Die Klägerin habe (derzeit) keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Abbruchgenehmigung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Denkmalschutzgesetzes Rheinland-Pfalz - DSchG -. Nach § 13 Abs. 2 DSchG werde sie unter anderem dann erteilt, wenn private Belange diejenigen des Denkmalschutzes überwögen und diesen Interessen nicht auf sonstige Weise Rechnung getragen werden könne. Das durch Art. 14 GG geschützte Eigentumsrecht sei nach § 2 Abs. 1 DSchG ein solcher Belang, wenn die wirtschaftliche Belastung durch Erhaltungskosten unzumutbar sei und das Denkmal praktisch nicht veräußert werden könne. Hierfür sei der Eigentümer nachweispflichtig. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die Erhaltungskosten nicht dauerhaft durch die Erträge gedeckt werden könnten. Hierzu bedürfte es einer Wirtschaftlichkeitsberechnung (§ 13a Abs. 1 DSchG), wobei zumindest zwei nicht fernliegende und am ehesten erfolgversprechende Varianten geprüft werden müssten und die wirtschaftliche Unzumutbarkeit für jede von ihnen darzulegen sei. Ungeachtet dessen müsse der Antrag der Klägerin auch deshalb erfolglos bleiben, weil sie die als Alternative zu prüfende fehlende Veräußerungsmöglichkeit des Denkmals zu einem angemessenen Preis ebenfalls nicht hinreichend dargelegt habe. Hierzu müsste die Unverkäuflichkeit des Denkmals entweder durch eine an Fakten orientierte fachliche Stellungnahme oder in sonstiger geeigneter Form belegt werden. Erst wenn die Klägerin nachgewiesen habe, dass das Denkmal sich nicht selbst trage und es darüber hinaus zu einem angemessenen Preis nicht verkauft werden könne, sei gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 DSchG zu beurteilen, ob die Eigentümerinteressen der Klägerin den Denkmalschutz überwögen. Allerdings spreche derzeit einiges dafür, dass die Grenzen der verfassungswidrigen Unzumutbarkeit noch nicht erreicht seien; hier sei zu beachten, dass die Klägerin "sehenden Auges" ein instandsetzungsbedürftiges Denkmal erworben habe.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

II

Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das Oberverwaltungsgericht hat den geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer denkmalrechtlichen Abbruchgenehmigung tragend mit der Erwägung verneint, dass die Klägerin ihrer Nachweispflicht weder in Bezug auf die Unzumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals noch in Bezug auf die Unverkäuflichkeit der Anlage nachgekommen sei; dem Urteil liegt demnach eine Mehrfachbegründung zu Grunde. Demgegenüber sind die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zu den rechtlichen Auswirkungen des Umstands, dass die Klägerin das Denkmal in Kenntnis von dessen Sanierungsbedürftigkeit erworben habe, nicht tragend. Sie erweisen sich als bloßes obiter dictum, weil sie ersichtlich nur rechtlich nicht abschließende Hinweise für den Fall enthalten, dass die Klägerin die ihr obliegenden Nachweise erbringt. Dem trägt die Beschwerde nicht hinreichend Rechnung.

Die von der Klägerin unter 1. e) der Beschwerdebegründung als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage

"Kann dem Eigentümer eines Denkmals zugemutet werden, für dessen Erhalt in erheblichem Umfang eigenes, aus dem Denkmal nicht zu finanzierendes Kapital aufzuwenden, nur weil ihm beim Erwerb des Denkmals dessen marode Bausubstanz bekannt war?"

könnte in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Denn sie bezieht sich auf die nicht entscheidungstragenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts. Die Entscheidungserheblichkeit einer Frage ist indessen Voraussetzung für den Erfolg der Grundsatzrüge.

Auch mit den in der Beschwerdebegründung im Übrigen gegen die entscheidungstragenden Erwägungen im angefochtenen Urteil erhobenen Rügen dringt die Klägerin nicht durch.

Ist ein Urteil - wie hier - auf zwei selbstständig tragende Begründungen gestützt worden, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr, vgl. etwa Beschlüsse vom - BVerwG 7 B 40.82 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 209, vom - BVerwG 7 B 141.02 - NJW 2003, 2255 <2256> und vom - BVerwG 9 B 31.08 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 33). Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor.

Gegen die Erwägung, der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung scheitere auch daran, dass die Klägerin die Unverkäuflichkeit des Denkmals nicht nachgewiesen habe, wendet sich die Klägerin - jedenfalls mit hinreichender Deutlichkeit - nur mit der Verfahrensrüge unter II. 1. der Beschwerdebegründung; diese genügt den Darlegungsanforderungen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) aber nicht. Auf die umfangreichen (Grundsatz- und Verfahrens-)Rügen, die sich auf den Nachweis der Unzumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals beziehen, kommt es mithin nicht an.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verletzt ein Gericht seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat. Der Beweisantrag ist förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen (vgl. BVerwG 11 B 61.98 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19). Denn die Aufklärungsrüge kann nicht dazu dienen, Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligen in der Tatsacheninstanz zu kompensieren und insbesondere Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter zumutbarerweise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (stRspr, vgl. BVerwG 8 C 10.84 - BVerwGE 74, 222 <223 f.> = Buchholz 448.0 § 17 WPflG Nr. 7, BVerwG 9 BN 2.01 - Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 7). Einen Beweisantrag, der sich auf die Verkaufsbemühungen der Klägerin bezieht, hat die Klägerin ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht am nicht gestellt (§ 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 2 ZPO; vgl. zur Beweiskraft des Protokolls nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 415 ZPO BVerwG 7 C 10.05 - Buchholz 451.221 § 13 KrW-/AbfG Nr. 10 und vom - BVerwG 7 C 17.80 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 26). Bei den diesbezüglichen Hinweisen in ihren Schriftsätzen handelte es sich vielmehr, wie es die Klägerin an anderer Stelle selbst umschreibt, um bloße Beweisangebote.

Die Tatsache, dass ein Beweisantrag nicht gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Tatsachengericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Eine Aufklärungsrüge ist jedoch nur dann erfolgreich, wenn sie schlüssig aufzeigt, dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung hätte sehen müssen; dieser materiell-rechtliche Standpunkt ist auch dann maßgeblich, wenn er rechtlichen Bedenken begegnen sollte (stRspr, vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 11 B 150.95 - Buchholz 424.5 GrdstVG Nr. 1 und vom - BVerwG 7 B 38.06 - Buchholz 451.171 § 9a AtG Nr. 1 Rn. 28). Mit der Beschwerde muss ferner dargelegt werden, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können (stRspr, BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26).

Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerde nicht. Denn die Klägerin geht insoweit in keiner Weise auf die Ausführungen auf Seite 15 f. des Abdrucks des angefochtenen Urteils ein. Danach ist die wirtschaftliche Unverkäuflichkeit, die sich maßgeblich nach der Möglichkeit des Verkaufs zu einem angemessenen Preis bemesse, in erster Linie durch eine an Fakten orientierte fachliche Stellungnahme zu belegen. Des Weiteren hat das Oberverwaltungsgericht aufgrund des von der Klägerin vorgelegten Aktenordners festgestellt, dass die Klägerin ihre Kaufpreisvorstellungen von ursprünglich 3 Mio. € im Laufe der Jahre reduziert habe, gleichwohl im Jahre 2007 noch von einem Kaufpreis von 1,9 Mio. € (Verhandlungsbasis) ausgegangen sei. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass die pauschalen Angaben der Klägerin insbesondere im Schriftsatz vom dem Oberverwaltungsgericht angesichts der Nachweispflicht der Klägerin zu weiteren Ermittlungen hätten Anlass geben müssen. Denn darin behauptet die Klägerin, dass sämtliche von ihr für den Zeitraum von 2003 bis 2007 benannten Interessenten den Erwerb des Denkmals auch bei einem Kaufpreis von weniger als 1 Mio. € nicht mehr ernsthaft erwogen hätten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. mit § 52 Abs. 1 GKG.

Fundstelle(n):
VAAAD-60249