BGH Beschluss v. - 1 StR 153/10

Menschenraub: Aussetzen in hilfloser Lage; Verabredung zu einem Verbrechen

Gesetze: § 30 Abs 2 StGB, § 234 Abs 1 StGB

Instanzenzug: LG Mannheim Az: 1 Ks 300 Js 3061/09 Urteil

Gründe

1Die Strafkammer hat Folgendes festgestellt:

2Der Angeklagte C. beschloss, seine Ehefrau als Strafe dafür zu töten, dass sie sich von ihm getrennt hatte und mit einem anderen Mann zusammenlebte. Mit einem Elektroschockgerät bzw. einem Pfefferspray wollte er sie wehrlos und bewegungsunfähig machen, um sie dann entweder mit einem Messer zu töten, oder zunächst mit Kabelbindern und Klebeband zu fixieren. Den Leichnam oder den bewegungsunfähigen Körper wollte er in einer Folie verpackt in den Rhein werfen. Falls er dies nicht „fertig brächte“, wollte er sie „an einen unbekannten Ort bringen und sie unter Ausnutzung ihrer Hilflosigkeit gefügig“ machen. Es gelang ihm, dass sich der frühere Mitangeklagte Ca. diesen Plan zu Eigen machte und beide verabredeten sich, die Tötung oder gewaltsame Entführung zu begehen. Die Ehefrau wurde von ihren Kindern vorgewarnt und alarmierte die Polizei. Als diese eintraf, befanden sich der Angeklagte und Ca., (u.a.) mit Springmesser, Elektroschockgerät und Pfefferspray bewaffnet, unmittelbar vor der Tür des Hauses, in dem die Ehefrau wohnte.

3Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurden die Angeklagten wegen Verabredung eines Totschlags, „alternativ eines Menschenraubs“ zu Freiheitsstrafen verurteilt.

4Die Revision des Angeklagten führt zum Wegfall des Schuldspruchs auch wegen Verabredung zum Menschenraub (§ 349 Abs. 4 StPO), bleibt aber im Übrigen erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).

5Menschenraub (§ 234 StGB) setzt voraus, dass sich der Täter des Opfers bemächtigt, um es in hilfloser Lage auszusetzen, oder um es - hier offensichtlich nicht einschlägig - dem Dienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung im Ausland zuzuführen. Beim Aussetzen in hilfloser Lage muss es dem Täter darauf ankommen, das Opfer in eine Lage zu bringen, in der es, zur Selbsthilfe unfähig, auf fremde Hilfe angewiesen und konkret an Leib oder Leben gefährdet ist (BGH NStZ 2001, 247; Sonnen in NK-StGB 3. Aufl. § 234 Rdn. 24 jew. m.w.N.). Unbeschadet der Frage nach der hinsichtlich der Leib- oder Lebensgefahr erforderlichen Vorsatzform (vgl. BGH aaO), kann ein hierauf gerichteter Vorsatz der allein getroffenen Feststellung, die Ehefrau hätte nach der Verabredung unter Ausnutzung ihrer Hilflosigkeit an dem unbekannten Ort „gefügig“ gemacht werden sollen, nicht entnommen werden.

6Der danach gebotene Wegfall der Verurteilung wegen Verabredung auch zum Menschenraub gefährdet den Schuldspruch wegen Verabredung zum Totschlag nicht. Der Tatbestand des § 30 Abs. 2 StGB ist auch dann erfüllt, wenn die Teilnehmer an der Verabredung mehrere Begehungsmöglichkeiten ins Auge fassen und in ihren Willen aufnehmen, jedoch nur eine von ihnen ein Verbrechen ist (BGH NStZ 1998, 510; Schünemann in LK 12. Aufl. § 30 Rdn. 70 jew. m.w.N.).

7Soweit der Angeklagte wegen Verabredung zum Totschlag verurteilt ist, bleibt die Revision aus den vom Generalbundesanwalt zutreffend dargelegten Gründen, die auch durch die Erwiderung der Revision nicht entkräftet werden, erfolglos.

8Der Strafausspruch kann ebenfalls bestehen bleiben. Die Strafkammer ist ausdrücklich von dem gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 212 Abs.1 StGB (zwischen zwei Jahren und elf Jahren und drei Monaten) ausgegangen. Die Urteilsgründe enthalten keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Strafkammer wegen der Annahme, der Angeklagte hätte für den Fall, dass der geplante Totschlag nicht gelingen sollte, einen Menschenraub geplant, eine höhere Strafe verhängt hätte. Auch im Übrigen ist der Strafausspruch rechtsfehlerfrei.

9Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO.

10Gemäß § 357 StPO war die Berichtigung des Schuldspruchs auch auf den früheren Mitangeklagten Ca. zu erstrecken. Auch bei ihm bleibt aus den dargelegten Gründen der Strafausspruch bestehen.

Nack                            Wahl                               Elf

                 Graf                              Jäger

Fundstelle(n):
HAAAD-44045