BGH Beschluss v. - XII ZB 230/09

Kostenfestsetzungsverfahren: Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr in Altfällen

Gesetze: § 15a RVG vom , Teil 3 Vorbem 3 Abs 4 RVG-VV, Nr 2300 RVG-VV

Instanzenzug: Az: I-25 W 486/09 Beschlussvorgehend Az: 2 O 528/06 Kostenfestsetzungsbeschlussvorgehend Az: 30 U 32/08 Urteil

Gründe

I.

1Die Klägerin begehrt im Kostenfestsetzungsverfahren gegen die Beklagten noch den Ansatz der ungeminderten Verfahrensgebühr.

2Rechtspfleger und Oberlandesgericht haben die von der Klägerin für ihre erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten geltend gemachte 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) nicht in voller Höhe berücksichtigt. Denn gemäß Anlage 1, Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sei hier auf die Verfahrensgebühr die halbe vorgerichtlich entstandene 1,3-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) anzurechnen. Daran habe die zwischenzeitlich erfolgte Einführung des § 15 a RVG nichts geändert, denn diese Vorschrift stelle eine Gesetzesänderung dar und finde aufgrund der zumindest entsprechend heranzuziehenden Überleitungsvorschrift des § 60 Abs. 1 RVG auf Altfälle keine Anwendung.

3Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch sonst zulässig. Das Oberlandesgericht hat sie wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechungzugelassen. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

III.

5Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet, denn das Oberlandesgericht hat die geltend gemachte 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) zu Unrecht nicht in voller Höhe berücksichtigt.

61. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung in Übereinstimmung mit dem II. Zivilsenat (vgl. - ZIP 2009, 1927, 1928) wiederholt entschieden, dass die Vorschrift des § 15 a RVG eine bloße Klarstellung der bestehenden Gesetzeslage darstellt. Folglich findet diese - gemäß Art. 10 des am verkündeten Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom (BGBl. I S. 2449) am Tag nach der Verkündung in Kraft getretene - Bestimmung auch Anwendung, wenn die Auftragserteilung des Erstattungsberechtigten an seinen Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten vor dem erfolgt war (vgl. Senatsbeschlüsse vom9. Dezember 2009 - XII ZB 175/07 - FamRZ 2010, 456 Tz. 15 ff. m.w.N. und vom - XII ZB 177/09 - zur Veröffentlichung bestimmt m.w.N.).

72. Der vorliegende Sachverhalt gibt dem Senat keine Veranlassung, hiervon abzuweichen. Mit den vom Oberlandesgericht für seine gegenteilige Rechtsauffassung angeführten Argumenten, namentlich der Frage der Anwendbarkeit des § 60 Abs. 1 RVG und der aufgeworfenen Rückwirkungsproblematik, hat sich der Senat bereits in seinen vorstehend genannten Beschlüssen ausführlich befasst.

8Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, hat der Senat gemäß § 577 Abs. 5 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden. Nachdem keiner der Ausnahmefälle des § 15 a Abs. 2 RVG ersichtlich ist, ist die Verfahrensgebühr antragsgemäß in voller Höhe zu berücksichtigen. Die von den Beklagten der Klägerin zu erstattenden Kosten sind somit auf insgesamt 8.307,30 € nebst Zinsen festzusetzen.

9Die Kostenentscheidungen folgen aus § 97 Abs. 1 ZPO. Danach sind der Klägerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht insoweit aufzuerlegen, als sie ihre Beschwerde bezüglich der geltend gemachten Umsatzsteuer zurückgenommen hatte und das Rechtsmittel darüber hinaus hinsichtlich des Ansatzes weiterer Gerichtskosten zurückgewiesen worden ist.

Dose                                  Vézina                                  Klinkhammer

                  Schilling                                  Günter

Fundstelle(n):
BAAAD-42427