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infoCenter (Stand: August 2019)

Haftung des Vertretenen

Catrin Geißler

I. Definition der Haftung des Vertretenen

Wird ein Steuerpflichtiger bei der Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten vertreten und begeht der Vertreter hierbei eine Steuerhinterziehung oder -verkürzung, so haftet der Steuerpflichtige gem. § 70 AO für die hierdurch verkürzten Steuern, soweit er diese nicht ohnehin als Steuerschuldner zu begleichen hat.

II. Der Haftungstatbestand des § 70 AO (Materielles Haftungsrecht)

§ 70 AO liegt der Gedanke zu Grunde, dass jemand, der sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten eines Vertreters bedient, aus dessen Fehlverhalten keinen steuerlichen Vorteil ziehen darf. Durch den Hinweis auf die § 34 AO, § 35 AO wird deutlich, dass nur für das pflichtwidrige Verhalten des dort genannten Personenkreises gehaftet wird. Pflichtverletzungen anderer Personen (z.B. Steuerberater, Angestellter) begründen keine Haftung.

§ 70 Abs. 1 AO setzt voraus, dass der Vertreter eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung in Ausübung seiner Obliegenheiten begangen hat. Der Vertretene kann sich der Haftung unter den Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 AO entziehen, wenn er nachweist, dass er den Vertreter sorgfältig ausgewählt und beaufsichtigt hat.

§ 70 AO kommt im Bereich der Besitz- und Verkehrssteuern nur im Bereich der Abzugssteuern (insbesondere Lohnsteuer) zur Anwendung. So haftet etwa eine GmbH für die Nichtanmeldung bzw. die Nichtabführung von Lohnsteuer für ihre Arbeitnehmer durch ihren Geschäftsführer nicht nur nach § 42d EStG, sondern auch nach § 70 AO, wenn der Geschäftsführer vorsätzlich bzw. leichtfertig gehandelt hat. In allen anderen Fällen ist der Vertretene selbst Steuerschuldner und kommt daher als Haftungsschuldner nicht in Betracht.

Die Bedeutung des § 70 AO liegt vornehmlich auf dem Gebiet des Zoll- und Verbrauchsteuerrechts. Insbesondere dort gibt es Fallkonstellationen, in denen der Vertretene nicht zugleich auch Steuerschuldner ist, zum Beispiel in den Fällen der Art. 202 Abs. 3, 203 Abs. 3, 204 Abs. 3, 205 Abs. 3 Zollkodex.

1. Person i.S.d. §§ 34, 35 AO

Der nach § 70 AO haftende Personenkreis ergibt sich aus den §§ 34, 35 AO.

  • Gesetzliche Vertreter von juristischen Personen des öffentlichen Rechts

    Hierzu gehören:

    • Minister des Bundes oder eines Landes,

    • Regierungspräsident der Bezirksregierung,

    • Landrat eines Kreises,

    • Bürgermeister einer Gemeinde,

    • Vorstand einer Sparkasse,

    • Kirchenvorstand.

  • Gesetzliche Vertreter natürlicher Personen

    Hierzu gehören:

    • Vater und Mutter als gesetzliche Vertreter ihrer Kinder (§ 1626a BGB, § 1629 BGB),

    • der Betreuer als gesetzlicher Vertreter des Betreuten (§ 1902 BGB),

    • der Pfleger als gesetzlicher Vertreter für abwesende Volljährige, deren Aufenthaltsort unbekannt ist ( § 1911 BGB), für die Leibesfrucht (§ 1912 BGB), für unbekannte Beteiligte § 1913 BGB oder für ein Sammelvermögen (§ 1914 BGB), das durch öffentliche Sammlung für einen vorübergehenden Zweck zusammengebracht worden ist,

    • Ehegatten als Vertreter des jeweils anderen Ehegatten (§ 1357 BGB) bei Geschäften zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie.

  • Vertreter nichtrechtsfähiger Personenvereinigungen und Vermögensmassen (§ 34 Abs. 1, 2 AO)

  • Vermögensverwalter (§ 34 Abs. 3 AO)

  • Verfügungsberechtigte (§ 35 AO)

    § 35 AO ergänzt § 34 AO für den Fall, dass jemand als Verfügungsberechtigter auftritt, der nicht unter den Personenkreis des § 34 AO fällt. Hierdurch nimmt der Staat den Verfügungsberechtigten für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Eigentümers in Anspruch.

    Verfügungsberechtigter ist jede Person, die rechtlich und wirtschaftlich, d.h. nach ihrer tatsächlichen Stellung, über fremde Wirtschaftsgüter verfügen kann und als solche nach außen auftritt. Zu den Verfügungsberechtigten gehören insbesondere Treuhänder.

    Eine Verfügung ist jedes Rechtsgeschäft mit unmittelbarer Einwirkung auf die Rechtslage des Verfügungsgegenstands. Diese Einwirkung geschieht durch Übertragung, Belastung, Aufhebung oder Veränderung des Rechts an dem oder auf den Verfügungsgegenstand.

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