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infoCenter (Stand: August 2019)

Haftung bei Verletzung der Pflicht zur Kontenwahrheit

Catrin Geißler

I. Definition der Haftung bei Verletzung der Pflicht zur Kontenwahrheit

Hat ein Steuerpflichtiger unter falschem Namen (insbesondere) bei einem Kreditinstitut ein Konto errichtet, so darf das Kreditinstitut ohne Zustimmung des Finanzamts keine Abbuchungen dulden. Verstößt das Kreditinstitut vorwerfbar gegen dieses Verbot, so haftet es gem. § 72 AO für entgangene Steuern.

II. Der Haftungstatbestand des § 72 AO (materielles Haftungsrecht)

§ 154 Abs. 1 AO verbietet einem Steuerpflichtigen, auf einen falschen oder erdichteten Namen ein Konto anzulegen oder Buchungen auf einem fremden Konto vornehmen zu lassen.

Die Vorschrift verbietet nicht die Errichtung eines Kontos auf den Namen eines Dritten, allerdings ist die Existenz des Dritten nachzuweisen. Der ausdrücklichen Zustimmung des Dritten bedarf es nicht.

Dem genannten Verbot entspricht die Verpflichtung der kontoführenden Stelle (Kreditinstitut), sich über die Person des Kontoinhabers zu vergewissern (§ 154 Abs. 2 AO). Hat ein Kreditinstitut einem Steuerpflichtigen die Eröffnung eines Kontos unter Verstoß gegen den Grundsatz der Kontenwahrheit gestattet, hat also der Steuerpflichtige (Kunde) gegen § 154 Abs. 1 AO verstoßen, so dürfen Guthaben, Wertsachen und der Inhalt eines Schließfachs nur mit Zustimmung des für die Einkommen- und Körperschaftsteuer des Verfügungsberechtigten zuständigen Finanzamtes herausgegeben werden.

Verstößt das Kreditinstitut gegen das Zustimmungserfordernis, indem es z.B. dem Steuerpflichtigen Verfügungen über das Konto gestattet, so haftet das Kreditinstitut für alle Ansprüche des Staates gegen den Kunden gem. § 37 AO, soweit durch die unbefugte Herausgabe Vollstreckungsmöglichkeiten des Finanzamtes vereitelt werden.

Entsprechendes gilt, wenn ein ehemals Verfügungsberechtigter eines fremden Bankkontos darüber Zahlungsvorgänge aus eigenen Geschäftsvorfällen für eigene Rechnung abwickelt und die Bank weiß, dass der ursprüngliche Kontoinhaber nicht mehr existiert.

Die Haftung trifft nach dem Wortlaut des § 72 AO die zuwider handelnden natürlichen Personen, die gegen das Herausgabeverbot des § 154 Abs. 3 AO verstoßen. Bei juristischen Personen können deren Organe, Vorstände, Geschäftsführer die Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen sich das Verschulden ihrer Angestellten und Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen (§ 278 BGB analog).

Gegen das Herausgabeverbot muss vorsätzlich oder grob fahrlässig verstoßen werden.

Die Haftung entfällt, wenn die Finanzbehörde ihre Zustimmung nachträglich erteilt.

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