BFH Beschluss v. - VII B 319/04

Instanzenzug:

Gründe

Als Direktor und ständiger Vertreter einer inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft i.S. von § 13e Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 des Handelsgesetzbuchs wurde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) wegen rückständiger Umsatzsteuerschulden nebst steuerlicher Nebenleistungen der Gesellschaft als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Einspruch und Klage gegen den Haftungsbescheid blieben erfolglos.

Mit Schriftsatz vom legte der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision und Revision ein und beantragte, ihm für diese Verfahren Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren. Die Gewährung von PKH wurde mit Beschluss vom VII S 30/04 (PKH) abgelehnt.

Seine Nichtzulassungsbeschwerde hat der Kläger nicht in der hierfür vorgesehenen Frist begründet. Auf einen entsprechenden Hinweis der Geschäftsstelle hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt und zur Begründung ausgeführt, dass dieser sich im Zeitpunkt des Fristablaufs in seiner eigenen Wohnung wegen kritischer Gesundheitslage (mehrere Bypässe) in ambulanter Behandlung befunden habe und es ihm deshalb nicht möglich gewesen sei, zur „Auskunftserteilung in tatsächlichen steuerlichen Vorgängen” zur Verfügung zu stehen. Aus dem beigefügten ärztlichen Attest geht lediglich hervor, dass der Kläger über mehrere Tage nicht in der Lage gewesen sei, das Haus zu verlassen.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil dem Kläger eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Beschwerde nicht gewährt werden kann.

Die innerhalb der Beschwerdefrist durch eine postulationsfähige Person eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils begründet worden ist (§ 116 Abs. 3 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Das erstinstanzliche Urteil ist dem Kläger am zugestellt worden. Die Begründungsfrist war am abgelaufen, so dass die am eingegangene Beschwerdebegründung verspätet ist. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO wegen Versäumung der Begründungsfrist kommt nicht in Betracht.

a) Wird die Fristversäumung mit einer Erkrankung begründet, so ist zur Begründung des Wiedereinsetzungsbegehrens die Angabe von Tatsachen erforderlich, aus denen sich Art und Schwere der Erkrankung sowie die Regelung der Vertretung ergeben (Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 56 FGO Rdnr. 338, m.w.N.). Für den Fall der Erkrankung gilt die Fristversäumung als entschuldigt, wenn es dem Erkrankten unmöglich oder unzumutbar war, die in einer Fristsache notwendigen Überlegungen anzustellen bzw. eine sachgemäße Beratung durch Dritte in Anspruch zu nehmen oder die fristwahrende Handlung selbst oder durch Dritte vornehmen zu lassen. Dies ist nur der Fall, wenn die Krankheit plötzlich eingetreten und/oder so schwer war, dass der Erkrankte zur Fristwahrung außerstande gewesen ist (, BFH/NV 1991, 245, und , BFH/NV 1986, 742). Diese besonderen Umstände sind in der Begründung eines Antrages auf Wiedereinsetzung glaubhaft zu machen.

b) Im Streitfall fehlt es an den erforderlichen Darlegungen. Wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers selbst einräumt, ist die Gesundheit des Klägers durch mehrere Bypässe und aufgrund seines hohen Alters beeinträchtigt. Diese Angaben rechtfertigen die Annahme, dass eine dauerhafte Gesundheitsstörung und nicht eine unerwartete und plötzlich eingetretene Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems vorliegt. Bei dieser Ausgangslage hätte es des Vortrags bedurft, warum —in Kenntnis des angegriffenen Gesundheitszustandes— eine vorausschauende Regelung im Falle einer akuten Erkrankung und auch eine kurzfristige Inanspruchnahme fremder Hilfe, wie z.B. die Information eines Bevollmächtigten, nicht möglich gewesen ist. Wird zur Glaubhaftmachung solcher Umstände ein ärztliches Attest vorgelegt, bedarf es darin genauer Angaben, die dem Gericht die für eine Wiedereinsetzung erforderliche Gewissheit vermitteln, dass der Kläger ohne Verschulden an der Wahrung der Frist gehindert war (Senatsbeschluss vom VII B 349/00, BFH/NV 2001, 1600). Aus dem vom Kläger vorgelegten und am letzten Tag der behaupteten Erkrankung ausgestellten Attest geht lediglich hervor, dass er über mehrere Tage das Haus nicht verlassen konnte. Über die Art und Schwere der Erkrankung sagt dieser Befund nichts aus. Insbesondere wird mit diesen Angaben nicht belegt, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen sein soll, sich telefonisch oder schriftlich mit seinem Prozessbevollmächtigten in Verbindung zu setzen. Auch der Vortrag des Prozessbevollmächtigten, dass der Kläger aufgrund seiner kritischen Gesundheitslage und der in der eigenen Wohnung durchgeführten ambulanten Behandlung zur Erteilung der zur Begründung der Beschwerde erforderlichen Auskünfte zwingend nicht zur Verfügung stand, vermag eine Entschuldbarkeit der Fristversäumung nicht schlüssig zu belegen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 79 Nr. 1
SAAAB-69760