Online-Nachricht - Dienstag, 26.01.2016

Einkommensteuer | Rückerstattung von Krankenversicherungsbeiträgen (FG)

Erstattete Krankenversicherungsbeiträge für Jahre bis 2009 sind auch nach dem Systemwechsel ab dem Veranlagungszeitraum 2010 mit den im Erstattungsjahr geleisteten Krankenversicherungsbeiträgen zu verrechnen. Es besteht eine Gleichartigkeit zwischen den rückerstatteten Beiträgen zur Krankenversicherung für die Jahre bis 2009 und den ab dem Jahr 2010 geleisteten Beiträgen (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Nach der bis zum VZ 2009 geltenden Rechtslage waren Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zusammen mit anderen Vorsorgeaufwendungen nur begrenzt abziehbar. Mit dem Bürgerentlastungsgesetz wurde mit Wirkung zum die Berücksichtigung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen neu geregelt (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchstab. a und b i.V. mit Abs. 4 EStG). Seither sind die tatsächlich geleisteten Beiträge grds. in vollem Umfang steuerlich zu berücksichtigen. Strittig ist die Kürzung der als Sonderausgaben abziehbaren Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung um für die Vorjahre erhaltene Erstattungen von zu Unrecht gezahlten Krankenversicherungsbeiträgen.

Sachverhalt: Im Jahr 2010 erstattete die Krankenkasse dem Kläger u.a. für die Jahre 2008 und 2009 zu viel gezahlte Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung nach § 231 SGB V (= Erstattung von Beiträgen des Versicherten, wenn aufgrund des Zusammentreffens mehrerer Einnahmearten insgesamt beitragspflichtige Einnahmen über die Beitragsbemessungsgrenze hinaus zu Beiträgen herangezogen worden sind). Das Finanzamt kürzte daraufhin die Aufwendungen des Klägers im Streitjahr entsprechend.

Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Aus der Verwendung des Begriffs "Aufwendungen" im Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG und dem Sinn und Zweck des § 10 EStG folgt, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet wird.

  • Bei den in der Regel jährlich wiederkehrenden Sonderausgaben steht häufig die endgültige Belastung im Zahlungsjahr noch nicht fest, weil dem Steuerpflichtigen nach Ablauf des VZ ein Teil der Versicherungsbeiträge rückerstattet wird. In diesen Fällen sind die erstatteten Beträge mit den im Jahr der Erstattung gezahlten gleichartigen Sonderausgaben zu verrechnen, so dass nur der Saldo zum Abzug als Sonderausgaben verbleibt.

  • Dem liegt der Gedanke der Verwaltungspraktikabilität und der Rechtskontinuität zugrunde, denn andernfalls wären zahllose Veranlagungen (wegen des Kaskadeneffekts wiederholt) bei zum Teil nur geringfügigen Erstattungen im Jahr der (Zuviel-)Zahlung zu ändern.

  • Im Streitfall hat das beklagte Finanzamt daher zu Recht die für die Jahre 2008 und 2009 rückerstatteten Beiträge der Krankenkasse im Erstattungsjahr 2010 berücksichtigt.

  • Der Senat sieht hier auch eine Gleichartigkeit zwischen den geleisteten und erstatteten Beiträgen. Bei den im Streitfall erstatteten und gezahlten Sonderausgaben handelt es sich jeweils um - wenn auch rechtsgrundlos geleistete - Beiträge zur Krankenversicherung und damit um eine funktionell gleiche Versicherung mit gleicher Risikoabsicherung, die bloß unterschiedliche Veranlagungszeiträume betreffen. Gemessen an der Funktion und des abgesicherten Risikos sind daher gleichartige Versicherungsbeiträge gegeben (so auch: ; a.A.: und ).

Anmerkung: Mit ihrem Einwand, die o.a. Rechtsprechungsgrundsätze und die von der Verwaltung übernommene Vereinfachungsregelung seien im Streitfall nicht anwendbar, weil begrifflich bereits keine Vorsorgeaufwendungen und somit auch keine Erstattung von Vorsorgeaufwendungen, mithin Beitragsrückerstattungen vorlägen, konnten die Kläger nicht durchdringen. Der Kläger habe insoweit tatsächlich Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung geleistet. Er verfolgte mit der Zahlung das Ziel, seine Beitragspflicht zu erfüllen. Dass diese Beitragsleistung (teilweise) ohne Rechtsgrund erfolgt ist, war nach Ansicht des Finanzgerichts unerheblich. Ebenso sei für die Rechtsfrage, ob "Aufwendungen" im Sinne des § 10 EStG vorliegen, der Rechtsgrund für die Erstattung ohne Bedeutung.

Quelle: NWB Datenbank

Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zum BFH zugelassen, weil höchstrichterlich bisher nicht geklärt sei, ob auch nach dem Systemwechsel ab dem Veranlagungszeitraum 2010 die als Sonderausgaben abzugsfähigen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge um rückerstattete Beiträge für in den Jahren vor 2010 gezahlte Versicherungsbeiträge zu kürzen sind. In anderen Rechtssachen sind zu dieser Rechtsfrage bereits Verfahren beim BFH anhängig (BFH-Az. X R 6/14 und X R 22/14).

Fundstelle(n):
NWB AAAAF-48418