BGH Beschluss v. - IV ZR 213/21

Beiordnung eines Notanwalts für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde: Mandatsniederlegung durch den zunächst beauftragten Rechtsanwalt; Nichtzulassungsbeschwerdebegründung nach den Vorstellungen der Partei

Gesetze: § 78 Abs 1 S 3 ZPO, § 78b ZPO, § 544 ZPO

Instanzenzug: Az: 9 U 20/21vorgehend Az: 20 O 335/19nachgehend Az: IV ZR 213/21 Beschluss

Gründe

1I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Leistungen aus einem Vertrag über eine Gebäudeversicherung in Anspruch.

2Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

3Gegen die Nichtzulassung der Revision in der Berufungsentscheidung hat der Kläger fristgerecht Beschwerde durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt. Nachdem auf dessen Antrag die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbe-schwerde antragsgemäß bis zum verlängert worden war, hat er mit Schriftsatz vom angezeigt, dass er das Mandat niederlege.

4Mit einem am beim Bundesgerichtshof eingegangenen Telefaxschreiben hat der Kläger persönlich beantragt, ihm einen Notanwalt für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde beizuordnen.

5II. Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts ist unbegründet.

61. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht nach § 78b Abs. 1 ZPO einer Partei auf ihren Antrag einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

72. Die erstgenannte Voraussetzung des § 78b Abs. 1 ZPO ist nur erfüllt, wenn die Partei trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden und ihre vergeblichen Bemühungen dem Gericht - innerhalb der Rechtsmittelfrist - substantiiert dargelegt und gegebenenfalls nachgewiesen hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom - IV ZR 206/20, juris Rn. 7; vom - IV ZR 391/16, juris Rn. 6; vom - IV ZR 290/03, NJW-RR 2004, 864 unter 2 a [juris Rn. 5]; , juris Rn. 7; jeweils m.w.N.).

8Allerdings kommt, wenn eine Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt mandatiert hat, im Fall der späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Das hat die Partei ebenfalls innerhalb der maßgeblichen Frist darzulegen (vgl. Senatsbeschlüsse vom aaO Rn. 8; vom aaO; BGH, Beschlüsse vom - V ZR 112/20, juris Rn. 2; vom - VIII ZR 300/18, FamRZ 2020, 1390 Rn. 5; jeweils m.w.N.).

93. Aus dem vom Kläger zu den Akten gereichten Schreiben an seinen bisherigen Prozessbevollmächtigten - datiert auf den - ergibt sich, dass der Kläger seinem bisherigen Prozessbevollmächtigten unter Fristsetzung "zum " die "verbindliche" Erklärung abverlangt hat, dieser werde die "erforderliche Begründung vorlegen" und das Rechtsmittel des Klägers "abschließend" bearbeiten. Damit ging es dem Kläger - wie sich auch aus seinem an den Senat gerichteten Schreiben vom ergibt - darum, den bisherigen Prozessbevollmächtigten zu verpflichten, das Beschwerdeverfahren unabhängig vom Ergebnis der Prüfung der Erfolgsaussichten weiter durchzuführen und eine Begründung der Beschwerde bei Gericht einzureichen. Dieses Ansinnen hat der bisherige Prozessbevollmächtigte ausweislich seines an den Kläger gerichteten Schreibens vom zum Anlass genommen, das Mandat niederzulegen unter Hinweis darauf, er sei nicht weisungsgebunden und nicht verpflichtet, von vorneherein aussichtslose Rechtsmittel auch durchzuführen.

10Dieser Geschehensablauf führt hier dazu, den Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts abzulehnen. Denn die Bestellung eines Notanwalts kann nicht allein deshalb verlangt werden, weil ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof nicht willens war, eine Revisions- oder Beschwerdebegründung nach den Vorstellungen oder gar Vorgaben der Partei zu fertigen, oder weil er das Rechtsmittel für unzulässig oder unbegründet hält. Denn es liefe dem Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof zuwider, wenn die Partei einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen die des - auf das Revisionsrecht spezialisierten - Rechtsanwalts durchzusetzen (Senatsbeschluss vom - IV ZR 206/20, juris Rn. 9; BGH, Beschlüsse vom - II ZB 7/20, juris Rn. 7; vom - XI ZR 173/17, juris Rn. 10; vom - XII ZR 11/17, FamRZ 2017, 1705 Rn. 8; jeweils m.w.N.).

114. Da der Vortrag des Klägers schon den formellen Anforderungen nicht genügt hat, kann offenbleiben, ob die Nichtzulassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg hat.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:081221BIVZR213.21.0

Fundstelle(n):
IAAAI-05345