BGH Urteil v. - VIII ZR 6/19

Räumungsprozess nach Eigenbedarfskündigung: Erforderlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur krankheitsbedingten Unzumutbarkeit eines Umzugs für den Mieter; Beschwer für die Anschlussrevision des Mieters bei Klageabweisung nur aufgrund des Härteeinwands

Leitsatz

1. Auch wenn ein Mieter seine Behauptung, ihm sei ein Umzug wegen einer bestehenden Erkrankung nicht zuzumuten, unter Vorlage bestätigender ärztlicher Atteste geltend macht, ist im Falle des Bestreitens dieses Vortrags regelmäßig die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Art, dem Umfang und den konkreten Auswirkungen der beschriebenen Erkrankung auf die Lebensführung des betroffenen Mieters im Allgemeinen und im Falle des Verlusts der vertrauten Umgebung erforderlich (Bestätigung von Senatsurteil vom - VIII ZR 180/18, BGHZ 222, 133 Rn. 44).

2. An der für die Anschlussrevision erforderlichen Beschwer des Anschlussrevisionsklägers fehlt es, wenn das Berufungsgericht von der Wirksamkeit einer diesem gegenüber ausgesprochenen Kündigung (hier: wegen Eigenbedarfs) ausgegangen ist und dessen Klageabweisungsbegehren allein deshalb entsprochen hat, weil es eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit zu den bisherigen Vertragsbedingungen nach §§ 574, 574a BGB bestimmt hat.

Gesetze: § 573 Abs 2 Nr 2 BGB, § 573 Abs 3 BGB, § 574 Abs 1 S 1 BGB, § 574a Abs 1 S 1 BGB, § 554 ZPO

Instanzenzug: Az: 64 S 2/18vorgehend Az: 237 C 205/17

Tatbestand

1Der Beklagte mietete im Jahr 1986 vom Rechtsvorgänger des Klägers eine 84,88 qm große Dreizimmerwohnung in Berlin an. Im Jahr 2012 erwarb der Kläger das Eigentum an der Wohnung durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung und ist damit als Vermieter in den Mietvertrag eingetreten. Die zuletzt geschuldete Nettokaltmiete beträgt 480,82 € monatlich.

2Mit Anwaltsschreiben vom erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zum wegen Eigenbedarfs für seine Tochter, die dort nach dem Abitur einen eigenen Hausstand begründen wolle. Der im Jahr 1949 geborene Beklagte widersprach der Kündigung und berief sich auf das Vorliegen von Härtegründen.

3Das Amtsgericht hat die vom Kläger erhobene Räumungs- und Herausgabeklage mit der Begründung abgewiesen, die Eigenbedarfskündigung sei aus formellen und materiellen Gründen unwirksam. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dabei hat es zwar die Eigenbedarfskündigung des Klägers durchgreifen lassen, jedoch auf den Härteeinwand des Beklagten angeordnet, dass das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis zu den bisherigen Vertragsbedingungen auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werde. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Räumungs- und Herausgabebegehren weiter. Demgegenüber erstrebt der Beklagte im Wege der Anschlussrevision eine Abänderung des Berufungsurteils dahingehend, dass die Klage wegen formeller wie materieller Unwirksamkeit der Kündigung "uneingeschränkt" abgewiesen werde.

Gründe

4Die Revision hat Erfolg.

I.

5Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

6Dem Kläger stehe der geltend gemachte Räumungsausspruch aus § 546 Abs. 1 BGB nicht zu. Allerdings sei davon auszugehen, dass die Eigenbedarfskündigung vom wirksam gewesen sei. Formelle Bedenken gegen die Kündigung (§ 573 Abs. 3 BGB) bestünden nicht, da die Mitteilung der Kerntatsache ausreichend sei, dass die Tochter des Klägers die Wohnung zur Gründung eines eigenen Haushalts anlässlich des Beginns ihres Studiums im Wintersemester 2017/2018 in Berlin benötige. Weitere Ergänzungsangaben dazu, weshalb sie den ursprünglichen Nutzungswunsch im Hinblick auf eine andere Wohnung aufgegeben habe, weshalb eine 84,88 qm große Wohnung benötigt werde und ob diese mit weiteren Personen gemeinsam genutzt werden solle, bräuchten im Kündigungsschreiben nicht dargelegt werden. Auch der zwischen den Parteien - in einem anderen Rechtsstreit - geschlossene Vergleich über die Mieterhöhung stehe der Kündigung nicht entgegen.

7Der geltend gemachte Kündigungsgrund des Eigenbedarfs sei gegeben, da das Gericht nach Vernehmung der Tochter und der Ehefrau des Klägers als Zeugen davon überzeugt sei, dass die Tochter des Klägers ab Beginn ihres Studiums im Oktober 2017 in die von dem Beklagten innegehaltene Wohnung habe einziehen wollen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass diese die Wohnung zusammen mit einem Freund oder anderen Personen zum Zwecke einer Wohngemeinschaft habe nutzen wollen, sei der Wohnbedarf auch nicht unangemessen und überhöht. Es könne für die Annahme einer sogenannten Vorratskündigung auch nicht ausreichen, dass die Tochter zum Zeitpunkt der Kündigung noch keine konkrete Vorstellung davon gehabt habe, ob sie die Wohnung mit einem Freund oder weiteren Personen zum Zwecke einer Wohngemeinschaft habe nutzen wollen, wenn sich - wie vorliegend - nach der Beweisaufnahme zweifelsfrei ergebe, dass sich in jedem Falle ein Eigennutzungswunsch in Bezug auf die streitgegenständliche Wohnung verfestigt habe. Schließlich stelle sich die Kündigung auch nicht dadurch als rechtsmissbräuchlich dar, dass der Kläger eine andere ihm gehörende Wohnung in der      straße    ab Sommer 2015 unbefristet vermietet habe.

8Allerdings könne der Beklagte gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1, § 574a Abs. 1 Satz 1 BGB eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit verlangen, da die Beendigung desselben wegen seines fortgeschrittenen Alters und seiner schlechten gesundheitlichen Verfassung eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten würde und ungewiss sei, wann die dieser zugrundeliegenden Umstände wegfielen. Außerdem wohne er seit über dreißig Jahren in der Wohnung und sei daher fest in seinem Wohnumfeld verwurzelt. Es könne bereits die ernsthafte Gefahr einer erheblichen gesundheitlichen Verschlechterung die Annahme einer unzumutbaren Härte rechtfertigen; dabei könne zur Beurteilung des Gesundheitszustandes auf ärztliche Atteste zurückgegriffen werden.

9Die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens erscheine vorliegend nicht angezeigt. Die Atteste des Facharztes für Nervenheilkunde Dr. M.  vom , und sowie das Attest des "MVZ                " vom bescheinigten dem Beklagten eine Räumungsunfähigkeit, weil er zum einen aus medizinisch-orthopädischer Sicht außerstande sei, Gegenstände mit einem Gewicht über zehn Kilogramm zu heben, und weil zum anderen das gewohnte soziale Umfeld wichtig sei, um einer Verschlechterung der Depression entgegenzuwirken. Bei der Depression, die - in den 60er und 70er Jahren - bereits zu zwei Suizidversuchen des Beklagten geführt habe, handele es sich um eine mittel- bis schwergradige rezidivierende Erkrankung, die auch Magen-, Herz- und Kreislaufbeschwerden verursache. Auf der anderen Seite komme dem in einem anderen Rechtsstreit vor dem Amtsgericht            eingeholten Gerichtsgutachten vom - nach welchem keine Hinweise für eine klinisch relevante depressive Symptomatik und keine Gefahr der Verschlechterung im Falle eines Umzugs bestünden - für das hiesige Verfahren keine maßgebende Bedeutung zu, da es sich auf einen Zustand des Beklagten deutlich vor dem Zeitpunkt der beabsichtigten Beendigung des Mietverhältnisses beziehe und weil die Begutachtung - wenn auch von Seiten des Beklagten - vorzeitig abgebrochen worden sei.

10Gegenüber diesen somit gewichtigen Härtegründen genüge der vom Kläger geltend gemachte Grund für die Nutzung gerade dieser Wohnung - die geplante Haushaltsgründung seiner Tochter - nicht, um ein überwiegendes Interesse zu begründen. Die Tochter wohne derzeit noch im Haushalt des Klägers und sei damit nicht von Wohnungslosigkeit bedroht. Überdies könne die alleinstehende Tochter ihr Vorhaben, eine Wohngemeinschaft zu gründen, auch woanders verwirklichen.

II.

11Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Räumungs- und Herausgabeanspruch des Klägers aus § 546 Abs. 1, § 985 BGB gegen den Beklagten nicht verneint werden. Denn das Berufungsgericht hätte die Bewertung, der Beklagte könne aufgrund seines Alters und seiner gesundheitlichen Verfassung die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach §§ 574, 574a BGB verlangen, nicht allein auf Grundlage der vom Beklagten vorgelegten Atteste, sondern erst nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Art, dem Umfang und den konkreten Auswirkungen der vom Beklagten behaupteten Erkrankungen vornehmen dürfen.

121. Noch rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die am ausgesprochene Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs begründet war und gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB das Vertragsverhältnis beendet hat.

13a) Entgegen der - im Rahmen ihrer Anschlussrevision ausgeführten - Auffassung der Revisionserwiderung genügt das Kündigungsschreiben vom den (formellen) Anforderungen des § 573 Abs. 3 BGB.

14aa) Gemäß § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB setzt die Wirksamkeit einer Kündigungserklärung voraus, dass die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses in dem Kündigungsschreiben angegeben sind. Der Zweck dieses Begründungserfordernisses besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen (vgl. BT-Drucks. VI/1549, S. 6 f. [zu § 564a Abs. 1 Satz 2 BGB aF]; 14/4553, S. 66). Diesem Zweck wird im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann (, NJW-RR 2019, 972 Rn. 19; vom - VIII ZR 292/15, NZM 2017, 559 Rn. 20; vom - VIII ZR 270/15, NJW 2017, 1474 Rn. 15; jeweils mwN). Eine solche Konkretisierung ermöglicht es dem Mieter, der die Kündigung nicht hinnehmen will, seine Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten, dessen Auswechselung dem Vermieter durch das Begründungserfordernis gerade verwehrt werden soll (, aaO; vom - VIII ZR 270/15, aaO). Zu hohe formale Anforderungen sind dabei mit Blick auf diesen Zweck des Begründungserfordernisses aber unangebracht (so ausdrücklich BT-Drucks. 14/4553, S. 66). Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist daher grundsätzlich die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend (, aaO; vom - VIII ZR 284/13, NJW 2014, 2102 Rn. 7; vom - VIII ZR 70/09, NZM 2010, 400 Rn. 8).

15bb) Die beschriebenen Anforderungen erfüllt das Kündigungsschreiben des Klägers vom , in welchem mitgeteilt wird, dass der Kläger den Kündigungsgrund des Eigenbedarfs geltend macht, weil er diese für seine Tochter benötige, die zum Beginn ihres Studiums im Wintersemester 2017/2018 in Berlin aus dem elterlichen Haushalt ausziehen und dort einen eigenen Haushalt begründen wolle. Soweit die Revisionserwiderung ihre gegenteilige Auffassung auf die Annahme stützt, dass der Kläger beziehungsweise seine Tochter tatsächlich von vornherein die Absicht verfolgt hätten, die Wohnung "in anderer Art" als im Kündigungsschreiben angegeben - namentlich gemeinsam mit einem Freund oder einer Wohngemeinschaft - zu nutzen und deshalb der im Kündigungsschreiben genannte Kündigungsgrund tatsächlich gar nicht bestanden habe, verkennt sie bereits den beschriebenen Zweck des Begründungserfordernisses und vermengt diesen unzulässigerweise mit der Prüfung des Vorliegens des angegebenen Kündigungsgrunds.

16Mit der Angabe, dass die Tochter in der Wohnung einen eigenen Hausstand begründen wolle, hat der Kläger die Person und deren Interesse an der Erlangung der Wohnung ausreichend identifizierbar angegeben und es dem Beklagten ermöglicht, seine Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten. Weitere - und nach zutreffender Beurteilung des Berufungsgerichts auch erst im weiteren Verlauf konkretisierte - Überlegungen der Tochter, die Wohnung zusammen mit einem Freund oder anderen Personen in Form einer Wohngemeinschaft nutzen zu wollen, begründen demgegenüber keine unterschiedliche Eigenbedarfslage sowie erst recht keinen "anderen Kündigungsgrund". Vielmehr handelt es sich dabei um die Angabe zusätzlicher Tatsachen, die der näheren Erläuterung, Ergänzung und Ausfüllung des geltend gemachten Kündigungsgrundes dienen und nach der Rechtsprechung des Senats als solche grundsätzlich auch noch im Prozess nachgeschoben werden können (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 271/06, WuM 2007, 515 Rn. 25). Insoweit übersieht die Revisionserwiderung, dass das in § 573 Abs. 3 BGB geschützte Informationsbedürfnis des Mieters von den weitergehenden - vom Bestreiten des beklagten Mieters abhängigen - Anforderungen an die substantiierte Darlegung der tatbestandlichen Kündigungsvoraussetzungen im Prozess zu unterscheiden ist; erst recht ist die Feststellung des Gerichts, ob die Kündigung gerechtfertigt ist, nicht auf der Grundlage des Kündigungsschreibens, sondern einer umfassenden gerichtlichen Prüfung der Begründetheit der Räumungs- und Herausgabeklage zu treffen (vgl. BVerfG, NJW 1998, 2662 f.; NZM 2003, 592 f. [jeweils zu § 564a Abs. 1 Satz 2 BGB aF]).

17Dementsprechend ist vorliegend auch die Frage, inwieweit sich bestimmte Einzelheiten der beabsichtigten Nutzung - wie das gemeinsame Wohnen mit weiteren Personen - bereits im Kündigungszeitpunkt abschließend konkretisiert hatten, nicht für die Erfüllung der formellen Anforderungen des § 573 Abs. 3 BGB entscheidend, sondern kann gegebenenfalls (und ist vom Berufungsgericht insoweit auch berücksichtigt worden) für die Prüfung von Bedeutung sein, ob der Vermieter oder einer seiner Angehörigen die betreffende Wohnung im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB benötigen, also ob ein auf vernünftige und nachvollziehbare Gründe gestützter Eigenbedarfswunsch auch ernsthaft verfolgt wird.

18cc) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war es zur Gewährleistung des von § 573 Abs. 3 BGB gesicherten Informationsbedürfnisses des Mieters schließlich nicht erforderlich, dass das Kündigungsschreiben Angaben zu anderen Immobilien des Klägers enthielt, um beurteilen zu können, "woraus sich ein Kündigungsgrund ergeben kann" und "ob Rechtsmissbrauch vorliegt". Das Begründungserfordernis dient auch nicht dazu, eine aus Sicht des Vermieters bestehende Alternativlosigkeit der Kündigung aufzuzeigen oder sonst den Mieter schon im Vorfeld eines etwaigen späteren Kündigungsprozesses auf rechtliche Verteidigungsmöglichkeiten hinzuweisen (vgl. , aaO Rn. 16; vom - VIII ZR 278/13, NJW 2015, 2650 Rn. 19). Insoweit vermischt die Revisionserwiderung erneut das formale Begründungserfordernis nach § 573 Abs. 3 BGB mit Aspekten der Prüfung der Begründetheit der Kündigung. Überdies wusste der Beklagte, worauf die Revisionserwiderung selbst hinweist, ausweislich seiner Ausführungen in der Klageerwiderung offenbar bereits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung von mindestens zwei weiteren Wohnungen, die im Eigentum des Klägers standen, so dass jedenfalls insoweit ohnehin kein Anlass bestanden hätte, diese Umstände erneut im Kündigungsschreiben anzusprechen (vgl. , aaO; vom - VIII ZR 317/10, NZM 2011, 706 Rn. 10).

19b) Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Wunsch des Klägers, die Wohnung seiner Tochter zum Studienbeginn im Oktober 2017 für die Gründung eines eigenen Hausstands zur Verfügung zu stellen, von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen ist und insoweit die Anforderungen des Kündigungstatbestands des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB erfüllt (vgl. hierzu etwa Senatsurteil vom - VIII ZR 180/18, BGHZ 222, 133 Rn. 17 ff. mwN). Dabei hat es nach durchgeführter Beweisaufnahme ohne erkennbare Rechtsfehler die Überzeugung gewonnen, dass es sich nicht um eine sogenannte Vorratskündigung (vgl. hierzu etwa , NJW 2015, 3368 Rn. 22; vom - VIII ZR 44/16, WuM 2017, 342 Rn. 22; jeweils mwN) handelte, sondern der Eigennutzungswunsch bereits im Kündigungszeitpunkt ernsthaft verfolgt worden ist, auch wenn die Tochter zum Zeitpunkt der Kündigung noch keine konkrete Vorstellung davon gehabt hat, ob sie die Wohnung mit einem Freund oder weiteren Personen zum Zwecke einer Wohngemeinschaft werde nutzen wollen. Soweit die Revisionserwiderung diesbezüglich vermeintliche "Unstimmigkeiten" zwischen den Kündigungsschreiben und den im Laufe des Rechtsstreits getätigten Angaben erkennen möchte, erschließt sich bereits nicht und wird auch nicht näher erläutert, weshalb sich hieraus - selbst wenn die Nutzung gemeinsam mit anderen Personen von Anfang an geplant gewesen sein sollte - Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Nutzungswillens ergeben könnten.

20Richtigerweise hat das Berufungsgericht auch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers darin erblickt, dass er eine andere in seinem Eigentum stehende 1,5-Zimmerwohnung (     straße   ) im Sommer 2015 nicht nach § 575 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB befristet vermietet hat, um diese seiner Tochter - statt der vom Beklagten bewohnten Wohnung - ab Herbst 2017 zur Verfügung stellen zu können. Wie der Senat bereits entschieden hat, stellt eine Eigenbedarfskündigung mit Blick auf die in Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Rechtsstellung des Eigentümers und angesichts der von den Gerichten grundsätzlich zu achtenden Lebensplanung selbst im Fall vorhandener Alternativwohnungen keinen Rechtsmissbrauch dar, wenn der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe für das Festhalten an der Eigenbedarfskündigung anführen kann (vgl. , NJW 2020, 1215 Rn. 18; vom - VIII ZR 166/14, BGHZ 204, 216 Rn. 16). Vor diesem Hintergrund konnte vom Kläger erst recht nicht verlangt werden, dass er das Vorhandensein einer möglichen Alternativwohnung überhaupt erst dadurch ermöglichte, dass er bereits im Sommer 2015 - mithin über ein Jahr vor Ausspruch der Kündigung und über zwei Jahre vor dem beabsichtigten Einzug der Tochter in die vom Beklagten bewohnten Räumlichkeiten - eine andere Wohnung nur befristet vermietete, nur weil es vor längerer Zeit - im Jahr 2013 - Pläne gegeben hatte, dass seine Tochter nach dem Abitur dort einziehen könnte.

21c) Schließlich begegnet auch die Annahme des Berufungsgerichts, der in einem Mieterhöhungsprozess betreffend die streitgegenständliche Wohnung zwischen den Parteien am - also nach Zugang der Kündigungserklärung vom - geschlossene Prozessvergleich stehe der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen, keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Das Berufungsgericht hat diesen Vergleich, in welchem der Beklagte einer Erhöhung der Nettokaltmiete für die Wohnung von 423,55 € auf 480,42 € mit Wirkung seit dem zugestimmt hat, dahingehend ausgelegt, dass die kurz zuvor ausgesprochene Eigenbedarfskündigung von dieser Vereinbarung nicht berührt werden sollte.

22Bei Individualvereinbarungen und -erklärungen darf deren Auslegung durch den Tatrichter vom Revisionsgericht nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind, wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist oder die Auslegung auf mit der Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr.; vgl. etwa , juris Rn. 29; vom - VIII ZR 7/18, BGHZ 221, 145 Rn. 31; vom - VIII ZR 55/15, BGHZ 212, 248 Rn. 35). Derartige Fehler sind dem Berufungsgericht vorliegend nicht unterlaufen. Soweit die Revisionserwiderung der Auffassung ist, die Weiterverfolgung der von ihm im Vorprozess geforderten Mieterhöhung durch den Kläger könne nur so verstanden werden, dass die Eigenbedarfskündigung vom ihrerseits nicht mehr weiterverfolgt werde, und dass es bei wirtschaftlicher Betrachtung außerdem keinen Sinn mache, sich über einen geringfügigen Mieterhöhungsbetrag zu einigen, wenn auf der anderen Seite der Bestand des gesamten Mietverhältnisses mit allen nachteiligen Folgen für den Beklagten weiterhin im Streit stehe, trifft dies nicht zu. Im Gegenteil liegt nahe, dass der Kläger trotz ausgesprochener Eigenbedarfskündigung - die er zudem im Schriftsatz vom wiederholte - das wirtschaftlich nachvollziehbare Interesse (weiter-)verfolgte, bis zur (nach wie vor ausstehenden) Entscheidung über die Wirksamkeit der von ihm ausgesprochenen Kündigung eine Zustimmung des Beklagten zur daneben erstrebten Mieterhöhung zu erlangen, und dass die Parteien diesem Interesse mit dem Vergleich vom Rechnung getragen haben.

232. Mit Erfolg beanstandet die Revision jedoch, dass die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, der Beklagte könne gemäß §§ 574, 574a BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit verlangen, auf mehreren revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehlern beruht. Das Berufungsgericht durfte sich nicht allein auf Grundlage der vom Beklagten vorgelegten Atteste die Überzeugung bilden, die Beendigung des Mietverhältnisses bedeute aufgrund seines gesundheitlichen Zustands eine Härte für diesen, welche auch unter Würdigung der Vermieterinteressen nicht zu rechtfertigen sei. Vielmehr hätte es der Einholung eines - von beiden Parteien wiederholt als Beweismittel angebotenen - Sachverständigengutachtens zu der Art, dem Umfang und den konkreten Auswirkungen der vom Beklagten behaupteten Erkrankung auf dessen Lebensführung im Allgemeinen und im Falle des Verlusts der vertrauten Umgebung bedurft.

24a) Nach § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Mieter einer an sich gerechtfertigten ordentlichen Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn oder seine Familie eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Bei der hierzu vom Tatrichter nach gründlicher und sorgfältiger Sachverhaltsfeststellung vorzunehmenden Gewichtung und Würdigung der beiderseitigen Interessen und ihrer Subsumtion unter die unbestimmten Rechtsbegriffe der genannten Bestimmung hat das Revisionsgericht zwar den tatrichterlichen Beurteilungsspielraum zu respektieren und kann regelmäßig nur überprüfen, ob das Berufungsgericht Rechtsbegriffe verkannt oder sonst unzutreffende rechtliche Maßstäbe angelegt hat, ob es Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze hinreichend beachtet hat oder ob ihm von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, indem es etwa wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat (, NJW 2020, 1215 Rn. 23; vom - VIII ZR 180/18, aaO Rn. 26, und VIII ZR 167/17, NJW-RR 2019, 972 Rn. 30; vom - VIII ZR 270/15, NJW 2017, 1474 Rn. 24; vom - VIII ZR 307/07, WuM 2008, 564 Rn. 21; vom - VIII ZR 246/03, NZM 2005, 143 unter II 2; jeweils mwN). Einer an diesem Maßstab ausgerichteten Prüfung hält die Beurteilung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand.

25b) Bereits die Annahme, die Beendigung des Mietverhältnisses bedeute für den Beklagten wegen seines fortgeschrittenen Alters und seiner gesundheitlichen Verfassung eine Härte im Sinne des § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB, beruht auf wesentlichen, von der Revision gerügten Verfahrensverstößen, so dass es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts fehlt (§ 286 Abs. 1 ZPO).

26aa) Noch nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht auch das Alter des Beklagten und dessen auf mehr als dreißigjähriger Mietdauer beruhende Verwurzelung in der Wohnungsumgebung in seine Beurteilung, ob ein Härtegrund vorliegt, miteinbezogen hat. Denn aus seinen Erwägungen wird hinreichend deutlich, dass es diese Umstände nicht bereits für sich genommen, sondern nur im Rahmen der Gesamtwürdigung mit den von ihm weiterhin bejahten gesundheitlichen Problemen als Härtegrund anerkannt hat. Damit hat es hinreichend berücksichtigt, dass sich die Faktoren Alter und lange Mietdauer mit einer damit einhergehenden langjährigen Verwurzelung im bisherigen Umfeld je nach Persönlichkeit und körperlicher sowie psychischer Verfassung des Mieters unterschiedlich stark auswirken können und deshalb ohne weitere Feststellungen zu den sich hieraus ergebenden Folgen im Falle eines erzwungenen Wohnungswechsels grundsätzlich noch keine Härte im Sinne des § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB rechtfertigen (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 180/18, aaO Rn. 30 mwN).

27bb) Zu Recht rügt die Revision allerdings, dass das Berufungsgericht allein aufgrund der vom Beklagten vorgelegten Atteste zu der Überzeugung gelangt ist, dieser leide unter den von ihm behaupteten Erkrankungen und sei aufgrund dessen "räumungsunfähig".

28(1) Zwar hat der Senat bereits entschieden, dass von einem Mieter, der geltend macht, ihm sei ein Umzug wegen einer schweren Erkrankung nicht zuzumuten, als medizinischem Laien über die Vorlage eines (ausführlichen) fachärztlichen Attests hinaus nicht verlangt werden könne, noch weitere - meist nur durch einen Gutachter zu liefernde - Angaben zu den gesundheitlichen Folgen, insbesondere zu deren Schwere und zu der Ernsthaftigkeit zu befürchtender gesundheitlicher Nachteile zu tätigen (Senatsurteil vom - VIII ZR 180/18, aaO Rn. 48, im Anschluss an BVerfG, NJW-RR 1993, 463, 464). Gemessen hieran hat der Beklagte seiner Substantiierungslast als derjenige, der die Fortsetzung des Mietverhältnisses wegen einer für ihn unzumutbaren Härte verlangt, vorliegend genügt. Verfehlt wäre es insoweit zwar, mit dem Berufungsgericht diesbezüglich (auch) auf das medizinisch-orthopädische Attest vom des "MVZ                " abzustellen, aus dem sich lediglich ergibt, dass der Beklagte bei einem Umzug Hilfe für die Durchführung (vor allem beim Heben schwerer Gegenstände) in Anspruch nehmen sollte. Aber der Beklagte hat im Verlauf des Rechtsstreits mehrere Atteste des Facharztes für Nervenheilkunde Dr. M.   (vom , vom und vom ) vorgelegt, nach denen sich der Beklagte bei ihm seit Mai 2005 wegen einer rezidivierenden depressiven Erkrankung mit psychosomatischer Begleitsymptomatik in Behandlung befinde und ein Umzug aus ärztlicher Sicht unweigerlich zu einer weiteren Krankheitsverschlimmerung führen würde.

29(2) Allerdings hat der Kläger die Behauptungen des Beklagten zu diesen attestierten gesundheitlichen Beeinträchtigungen wiederholt in prozessual ausreichender Weise bestritten und zum Beweis - unter Verweis auf die Beweislast des Beklagten - mehrfach die Einholung eines entsprechenden gerichtlichen Sachverständigengutachtens beantragt. Auch der Beklagte hat die Einholung entsprechender Gutachten angeboten, um seinerseits Beweis für die Erkrankungen zu bringen. Mithin hätte das Berufungsgericht mangels eigener Sachkunde nicht allein aufgrund der vom Beklagten vorgelegten Atteste vom Bestehen der behaupteten Erkrankungen ausgehen dürfen, sondern hätte vielmehr ein entsprechendes gerichtliches Sachverständigengutachten einholen müssen.

30(a) Soweit die Revisionserwiderung demgegenüber meint, einer weiteren Beweiserhebung zum Gesundheitszustand des Beklagten habe es schon mangels ausreichend substantiiertem Bestreiten des Klägers nicht bedurft, verkennt sie, dass sich eine Partei über Tatsachen, die - wie hier Art und Ausmaß der behaupteten Erkrankungen sowie die feststellbaren oder zumindest zu befürchtenden Auswirkungen eines erzwungenen Wohnungswechsels - nicht Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind, nach § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen erklären darf. Sie ist grundsätzlich nicht verpflichtet, diese Tatsachen zu überprüfen, um sich näher zu ihnen äußern zu können, und muss im Rahmen des Bestreitens auch nichts weiter substantiiert darlegen (vgl. etwa , NJW-RR 2020 Rn. 66; vom - VIII ZR 71/10, NJW 2016, 3589 Rn. 31; jeweils mwN). Dessen ungeachtet hat sich der Kläger vorliegend sogar, wie die Revision unter Verweis auf den klägerischen Vortrag in den Tatsacheninstanzen belegt, jeweils konkret und detailliert mit den vom Beklagten behaupteten Erkrankungen und der Frage auseinandergesetzt, inwieweit diese überhaupt einem Umzug entgegenstünden.

31(b) Hiervon ausgehend hätte sich das Berufungsgericht im Rahmen seiner Überzeugungsbildung nicht allein auf die vom Kläger vorgelegten Atteste stützen dürfen. Vielmehr hat der Senat betreffend die Härtefallprüfung nach § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB mehrfach ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch dann, wenn ein Mieter durch Vorlage eines fachärztlichen Attests geltend macht, ihm sei ein Umzug wegen einer von ihm näher bezeichneten schweren Erkrankung nicht zuzumuten, im Falle des Bestreitens dieses Vortrags regelmäßig die - beim Fehlen eines entsprechenden Beweisantritts sogar von Amts wegen vorzunehmende (§ 144 ZPO) - Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Art, dem Umfang und den konkreten Auswirkungen der beschriebenen Erkrankung auf die Lebensführung des betroffenen Mieters im Allgemeinen und im Falle des Verlusts der vertrauten Umgebung erforderlich ist (siehe , aaO Rn. 44; VIII ZR 167/17, NJW-RR 2019, 972 Rn. 38; vom - VIII ZR 270/15, aaO Rn. 29; Senatsbeschluss vom - VIII ZR 64/19, NJW-RR 2020, 1019 Rn. 19). Dabei sind nicht nur Feststellungen zu der Art und dem Ausmaß der Erkrankungen sowie den damit konkret einhergehenden gesundheitlichen Einschränkungen, sondern auch zu den konkret feststellbaren oder zumindest zu befürchtenden Auswirkungen eines erzwungenen Wohnungswechsels zu treffen, wobei im letzteren Fall auch die Schwere und der Grad der Wahrscheinlichkeit der zu befürchtenden gesundheitlichen Einschränkungen zu klären ist (, aaO; VIII ZR 167/17, aaO; Senatsbeschluss vom - VIII ZR 64/19, aaO). Erst dies versetzt den Tatrichter in einem solchen Fall in die Lage, sich einerseits von der bestehenden Erkrankung und andererseits von den Konsequenzen, die für den Mieter mit dem Umzug verbunden sind, ein ausreichendes Bild zu machen und diese anschließend im Rahmen der nach § 574 Abs. 1 BGB notwendigen Abwägung sachgerecht zu gewichten.

32Hiernach bestand auch vorliegend die Verpflichtung zur Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens. Die pauschale Begründung des Berufungsgerichts, über die vorgelegten (von ihm teilweise als "Gutachten" bezeichneten) Atteste hinaus erscheine die Einholung eines "weiteren Sachverständigengutachtens […] nicht angezeigt" ist zudem schon deshalb verfehlt, weil im vorliegenden Verfahren erstmalig ein - von beiden Parteien ausdrücklich und mehrfach beantragtes - Sachverständigengutachten zum gesundheitlichen Zustand des Beklagten und den aufgrund dessen für ihn mit einem erzwungenen Umzug zu erwartenden Konsequenzen eingeholt werden sollte. Überdies ist die nicht näher hinterfragte Übernahme der Schilderungen aus den Attesten durch das Berufungsgericht auch bereits deshalb nicht nachzuvollziehen und musste sich vielmehr die Notwendigkeit einer gerichtlichen Begutachtung aufdrängen, weil in einem vorherigen Kündigungsrechtsstreit zwischen den Parteien der Gerichtsgutachter Dr. L.   mit psychiatrischem Gutachten vom - auf welches das Berufungsgericht nach Beiziehung der Akten sogar ausdrücklich Bezug genommen hat - zu dem Ergebnis gekommen war, es fänden sich keine Hinweise für eine klinisch relevante depressive Symptomatik des Beklagten und auch keine Hinweise dafür, dass der Verlust der Wohnung zu einer erheblichen Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustandes führen würde.

33c) In der Folge ist auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Interessenabwägung rechtsfehlerhaft, weil das Berufungsgericht - wie ausgeführt - die Abwägung auf unzureichende Tatsachenfeststellungen zum Vorliegen von Härtegründen auf Seiten des Beklagten gestützt hat und ihm damit auch eine sachgerechte Gewichtung in der sich anschließenden Abwägung gegenüber den Vermieterinteressen nicht möglich war. Dabei wird die nunmehr mit dem Rechtsstreit befasste Kammer weiterhin zu beachten haben, auch dem Erlangungsinteresse des Klägers den mit Blick auf die grundrechtlich verbürgte Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) angezeigten Stellenwert einzuräumen. Denn das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Eigentum, welches den Gerichten verbietet, dem Vermieter entgegen seinen auf vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen basierenden Vorstellungen auf die Nutzung anderer Räume zu verweisen, ist nicht nur bei der Auslegung und Anwendung des Kündigungstatbestands des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, sondern auch bei der Interessenabwägung nach § 574 BGB zu beachten (, aaO Rn. 56; vom - VIII ZR 144/19, aaO Rn. 34; jeweils mwN). Die vom Berufungsgericht für maßgeblich erachteten Erwägungen, die alleinstehende Tochter sei als derzeit noch im Haushalt des Klägers wohnhaft "nicht von Wohnungslosigkeit bedroht" und sei zur beabsichtigten Gründung einer Wohngemeinschaft nicht auf die streitgegenständliche Wohnung angewiesen, lassen insoweit eine hinreichende Auseinandersetzung indes nicht erkennen.

34d) Schließlich hat das Berufungsgericht auch seine Prognoseentscheidung bezüglich eines möglichen Wegfalls der Härtegründe (§ 574a Abs. 2 Satz 2 BGB) bislang nicht mit Tatsachen untermauert. Außerdem lassen seine Ausführungen besorgen, dass es angenommen hat, die Gerichte hätten im Falle eines ungewissen Wegfalls einer bestehenden Härte zwingend eine unbefristete Fortsetzung des Mietverhältnisses anzuordnen. Dies trifft nicht zu, weil das Gesetz den Gerichten ein - rechtsfehlerfrei auszuübendes - Ermessen einräumt (, aaO Rn. 69; vom - VIII ZR 144/19, aaO Rn. 42). Nach den in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommenen Vorstellungen, die letztlich auch in die unveränderte Fassung der §§ 574 ff. BGB eingeflossen sind (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 68), soll im Regelfall die Fortsetzung des Mietverhältnisses nur auf bestimmte Zeit erfolgen (BT-Drucks. V/2317, S. 2).

III.

35Die auf eine "uneingeschränkte" Klageabweisung (wegen formeller und materieller Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung vom ) gerichtete Anschlussrevision (§ 554 ZPO) des Beklagten ist bereits unzulässig, da dieser durch das angefochtene Urteil nicht beschwert ist.

36Der Revisionsbeklagte kann sich dem Rechtsmittel des Gegners nur anschließen, wenn und soweit ihn das Berufungsurteil beschwert (vgl. , juris Rn. 53; vom - V ZR 147/10, WM 2011, 1950 Rn. 29; vom - I ZR 108/09, GRUR 2011, 1043 Rn. 22; vom - VIII ZR 267/94, NJW 1995, 2563 unter II). Dies setzt voraus, dass das Berufungsurteil zu seinen Gunsten abgeändert werden kann (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 267/94, aaO). Unzulässig ist daher die Anschließung mit einem Antrag, der dem bereits in der Vorinstanz zuerkannten Klageantrag entspricht (, aaO).

37So liegt es aber hier, denn das Berufungsgericht hat die vom Amtsgericht ausgesprochene Klageabweisung - wenn auch aus anderen rechtlichen Gründen - bestätigt. Das Amtsgericht hat die Klage auf Räumung und Herausgabe der von dem Beklagten angemieteten Wohnung mit der Begründung abgewiesen, die ausgesprochene Eigenbedarfskündigung sei aus formellen und materiellen Gründen unwirksam und das Mietverhältnis damit nicht beendet worden. Das Berufungsgericht hat demgegenüber zugunsten des Klägers die Kündigung für begründet erachtet. Es hat dann aber auf den von dem Beklagten im Wege des Widerspruchs gegen die Kündigung erhobenen Anspruch auf Vertragsfortsetzung nach §§ 574, 574a BGB - wie nach materiellem Recht (§ 574 Abs. 2 Satz 1 BGB: "durch Urteil bestimmt") und nach der Prozessvorschrift des § 308a ZPO von Amts wegen für den Fall des Bestehens eines Fortsetzungsanspruchs vorgesehen ("hat es in dem Urteil auch ohne Antrag auszusprechen") - die Fortsetzung des Mietverhältnisses angeordnet. Durch diese Entscheidung ist der Beklagte, der mit seiner Anschlussrevision eine "uneingeschränkte" Klageabweisung im Sinne des amtsgerichtlichen Urteils herbeiführen möchte, indes nicht beschwert. Denn das Berufungsgericht hat - zwar mit anderem rechtlichen Ansatz, aber im Ergebnis im Einklang mit dem Amtsgericht - das Mietverhältnis ebenfalls als fortbestehend angesehen und demzufolge lediglich die vom Amtsgericht ausgesprochene Klageabweisung bestätigt (vgl. insbesondere auch das Senatsurteil vom - VIII ZR 144/19, aaO Rn. 21 [zu § 528 ZPO]). Selbst wenn die rechtliche Beurteilung der Wirksamkeit der Eigenbedarfskündigung durch das Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerhaft wäre, könnte der Beklagte daher keine Abänderung des Berufungsurteils zu seinen Gunsten erreichen. Schließlich ergibt sich die Beschwer des Beklagten auch nicht daraus, dass das Berufungsurteil auf die Revision des Klägers aufzuheben ist; denn die Beschwer muss aus dem angefochtenen Urteil, nicht aus der Beseitigung dieses Urteils durch das Revisionsgericht folgen (, aaO Rn. 54; vom - VIII ZR 267/94, aaO). Die im Rahmen der Anschlussrevisionsbegründung vorgebrachten Rügen der Revisionserwiderung hat der Senat allerdings - wie ausgeführt - vollständig im Rahmen der Revision des Berufungsurteils berücksichtigt.

IV.

38Nach alledem war das angefochtene Urteil auf die Revision des Klägers und unter Verwerfung der Anschlussrevision des Beklagten aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da sie aus den ausgeführten Gründen nicht zur Endentscheidung reif ist, zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO); dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:280421UVIIIZR6.19.0

Fundstelle(n):
NJW 2021 S. 7 Nr. 26
NJW-RR 2021 S. 1312 Nr. 20
XAAAH-80826